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Drei Säulen für die erfolgreiche Umsetzung der Elektromobilität

Intelligentes Depot- und Lademanagement sowie Reichweitenprognose als Bausteine einer erfolgreichen E-Mobilitäts-Strategie

Der Betrieb von Elektrobusflotten stellt Verkehrsunternehmen bei der Einsatzplanung und beim Betriebshofmanagement vor ganz neue Herausforderungen, die sich aus den langen Ladezeiten der Fahrzeuge, aus der begrenzten Reichweite, der Ladeinfrastruktur und anderen Randbedingungen ergeben.Reicht die Batteriekapazität eines Fahrzeuges auch bei den vorhergesagten niedrigen Temperaturen für den nächsten geplanten Umlauf, und wenn nein, wie kann es effizient und kostengünstig geladen werden, um die Anforderungen erfüllen zu können? Während ein Dieselfahrzeug innerhalb weniger Minuten versorgt wird und dann problemlos auch auf langen Umläufen eingesetzt werden kann, lädt ein Elektrobus mitunter mehrere Stunden, und seine Reichweite hängt von vielen unterschiedlichen Faktoren ab.

Um diese Herausforderungen zu bewältigen und in der Planung berücksichtigen zu können, benötigt ein modernes Dispositionssystem drei Säulen: ein Lademanagement, das die für die nächsten Umläufe erforderlichen Ladezustände in Kommunikation mit den Fahrzeugen und der Ladeinfrastruktur möglichst effizient, batterieschonend und kostengünstig sicherstellt; eine Reichweitenprognose, die die zu erwartende Reichweite eines Fahrzeuges auf Basis des Ladezustandes, der Außentemperatur und vieler weiterer Faktoren berechnet; und nicht zuletzt ein intelligentes Depotmanagementsystem, das diese Informationen automatisiert zu einer optimierten Umlauf- und Stellplatzzuteilung verarbeitet. Weitere Schnittstellen zu informationsgebenden Systemen, wie Wetterdiensten für prognostizierte Temperaturen oder zum ITCS für den aktuellen Ladezustand eines Fahrzeuges bei Einfahrt auf den Betriebshof, können zusätzliche Parameter für die Optimierung der Planung zur Verfügung stellen.

Lademanagement

Ein Lademanagementsystem hat die Aufgabe, die Ladevorgänge der Fahrzeuge zu steuern und zu optimieren. Dies geschieht auf Basis einer gegebenen Ladeinfrastruktur, eines vorgegebenen Zeitfensters und einer Vorgabe von benötigten Fahrzeug-Ladezuständen sowie möglicher weiterer Randbedingungen wie tageszeitlich schwankender Strompreise oder Verfügbarkeiten. Bei unkontrolliertem Laden, d. h. ohne Lademanagementsystem, fahren die Fahrzeuge auf den Hof und werden sofort geladen. Dadurch kann es zu hohen Lastspitzen und in der Folge zu erhöhten Energiekosten kommen.

Das Lademanagementsystem ordnet jedem Elektrobus je nach Einsatzszenario eine individuelle Ladeleistung zu. Es sorgt dafür, dass Ladevorgänge im Zeitverlauf verschoben und im Betrag angepasst werden. Das heißt, der Gesamtenergie-bedarf wird über den Ladezeitraum optimal verteilt, um Lastspitzen zu kappen, variable Stromtarife auszunutzen und so Energiekosten zu sparen. Dabei kann das Lademanagement die Ladeleistungen individuell so variieren, dass die Fahrzeuge für den geplanten Einsatz optimal versorgt und vorkonditioniert sind. Bei Versorgungsengpässen stellt es überdies sicher, dass diejenigen Fahrzeuge bevorzugt geladen werden, die beim nächsten Einsatz einen höheren Energiebedarf haben.

Reichweitenprognose

Die Reichweite von Elektrofahrzeugen hängt vom aktuellen Ladezustand der Batterie ab. Darüber hinaus spielt noch eine Vielzahl weiterer Faktoren eine Rolle: Wie wird die Außentemperatur im Einsatzzeitraum? Wie ist die Topologie des geplanten Umlaufs? Fährt das Fahrzeug im Berufsverkehr voll beladen oder in einer verkehrsarmen Zeit mit nur wenigen Fahrgästen an Bord? Laufen weitere Verbraucher wie Klimatisierung oder Beleuchtung? Diese und weitere Faktoren können den Verbrauch und damit die Reichweite in so signifikantem Umfang beeinflussen, dass sie bei der Planung berücksichtigt werden müssen.

Wichtig ist es also bei der Reichweitenprognose, all diese Faktoren zu berücksichtigen. Dazu können ganz unterschiedliche Verfahren zum Einsatz kommen, je nach den Möglichkeiten, die andere Systeme vor Ort bieten. Können Verbräuche erfasst werden, berechnet das System für die jeweils gleichen Rahmenbedingungen (z. B. Fahrzeug X, Wintertag, volle Besetzung, flache Strecke) Prognosen, die mit wachsendem Datenbestand immer präziser werden. Werden keine Verbräuche erfasst, können analytische oder rechnerische Verfahren zum Einsatz kommen. Auch der Einsatz selbstlernender Algorithmen und künstlicher Intelligenz ist möglich.

Depotmanagement

Im Depotmanagementsystem laufen die Fäden zusammen. Es kennt alle Fahrzeuge, ihre Positionen auf dem Betriebshof, ihre Zustände und die geplanten Umläufe. Es kennt den Betriebshof, die Stellplätze und die Ladeinfrastruktur. Unter Berücksichtigung all dieser Informationen hilft es der Disponentin, den Einsatz der Fahrzeuge zu optimieren.
Ein für Elektrobusflotten geeignetes Dispositions- und Betriebshofmanagementsystem muss nicht nur die klassischen Umlauf-Zuteilungskriterien wie den Einsatz der richtigen Fahrzeugtypen und die Verfügbarkeiten berücksichtigen, sondern auch mit den oben genannten Besonderheiten von Elektrofahrzeugen und den sich daraus ergebenden Randbedingungen der Planung umgehen können. Das Depotmanagementsystem soll die benötigten Informationen bereitstellen und visualisieren und insbesondere die Reichweiten und Ladezeiten in die Umlaufzuteilung mit einbeziehen. Es muss darüber hinaus in der Lage sein, flexibel auf Änderungen des Angebots (also die Verfügbarkeit von Fahrzeugen) und des Bedarfes (also die zu bedienenden Umläufe) zu reagieren. Abbrüche oder Verzögerungen von Ladevorgängen und die dadurch bedingten Nicht-Verfügbarkeiten der betroffenen Fahrzeuge für die eigentlich geplanten Umläufe (Angebot) müssen ebenso schnell in eine Neuplanung einfließen, wie beispielsweise spontan notwendiger Schienenersatzverkehr (Bedarf).

Eine Fahrzeugdisposition ist schon bei einer überschaubaren Anzahl von Dieselbussen ein aufwändiges Verfahren. Bei einer größeren Anzahl von Fahrzeugen mit der zusätzlichen Komplexität durch die Anforderungen der Elektromobilität ist ein optimales Planungsergebnis bei manueller Zuteilung nahezu unmöglich. Ein automatischer, optimierender Zuteilungsmechanismus muss daher integraler Bestandteil eines Depotmanagementsystems für Elektrofahrzeuge sein. Die Optimierungskriterien können sehr vielfältig sein: Zunächst müssen die Fahrzeuge natürlich verfügbar und vom richtigen Fahrzeugtyp sein. Zusätzlich können Qualifikationen wie Kneeling gefordert sein, oder ein Werbeaufdruck soll auf einer bestimmten Linie eingesetzt werden und vieles mehr. Diese Kriterien können gewichtet werden. Dabei müssen sie durch die Benutzer flexibel definierbar sein, um verschiedene Optimierungsvarianten zu testen und die beste auswählen zu können. Manuelle Zuteilungen müssen weiterhin möglich sein und dürfen durch die Optimierung nicht überschrieben werden.

Neben der Umlaufzuteilung kann auch die Zuweisung der Stellplätze unter Berücksichtigung der vorhandenen Lademöglichkeiten an den einzelnen Plätzen optimiert werden. Wir konzentrieren uns in diesem Artikel auf die Zuteilungsoptimierung.

Zusammenspiel der Komponenten

Eine komfortable Lösung entsteht nur, wenn die Prozesse übergeordnet gesteuert werden können: in einer integrierten IT-Lösung, die die drei Komponenten Depotmanagement, Lademanagement und Reichweitenprognose beinhaltet. Wie arbeiten diese drei Komponenten nun in der integrierten Lösung eMOBILE von INIT zusammen, um den Betrieb bei einer optimalen Nutzung seiner Flotte zu unterstützen?

Rufen wir uns dazu Ausgangssituation und Ziel des Dispositionsprozesses in Erinnerung: Auf der einen Seite steht der Bedarf, d.h. die zu bedienenden Umläufe des Tages mit ihren Eigenschaften, also z.B. Länge und Streckenprofil, und ihren Anforderungen, also z.B. den einzusetzenden Fahrzeugtyp. Auf der anderen Seite das Angebot an Fahrzeugen mit ihren aktuellen Zuständen, insbesondere den Ladezuständen. Der Dispositionsprozess muss nun Angebot und Bedarf in Einklang bringen; mit anderen Worten, dafür sorgen, dass alle Umläufe von geeigneten Fahrzeugen bedient werden und dass diese Fahrzeuge zu Beginn des Umlaufes in der Lage sind, den Umlauf zu bedienen.

Dazu werden zunächst die Ladezustände der einfahrenden Fahrzeuge durch INITs Intermodal Transport Control System MOBILE-ITCS an das Depotmanagementsystem MOBILE-DMS übermittelt. Vor einer Zuteilung der Fahrzeuge auf die zu bedienenden Umläufe erfragt das Depotmanagementsystem MOBILE-DMS die zu erwartenden Verbräuche von MOBILErange, dem System für Reichweitenprognose auf Basis betrieblicher Daten. Aus der Kombination der Informationen zum aktuellen Ladezustand (State of Charge, SoC), den prognostizierten Verbräuchen und den Anforderungen der Umläufe an die einzusetzenden Fahrzeugtypen werden die Zuteilungen der Fahrzeuge auf die Umläufe vorgenommen. Diese Planung enthält die Informationen, welches Fahrzeug zu welchem Zeitpunkt mit welchem SoC zur Verfügung stehen soll und natürlich, an welchem Ladeplatz es sich befindet.

Aus diesen Informationen, die an das intelligente Lademanagement MOBILEcharge übermittelt werden, generiert MOBILEcharge den Ladeplan. MOBILEcharge steuert dann auf Basis dieses Ladeplans die Ladevorgänge der Fahrzeuge und liefert dem Depotmanagement permanent Prognosedaten, ob der Ladeplan eingehalten werden kann. MOBILE-DMS prüft daraufhin, ob in der Konsequenz alle Umläufe wie geplant bedient werden können. Ist dies nicht der Fall, nimmt MOBILE-DMS eine automatische Neuzuteilung der Fahrzeuge unter der Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt aktuellen Ladezustände vor, damit möglichst alle Umläufe zum geplanten Zeitpunkt bedient werden können. Auch wenn während des Betriebstages ungeplante Änderungen wie Fahrzeugausfälle eintreten, werden die Zuteilungen von MOBILE-DMS im Hintergrund neu berechnet. Die Disponentin muss nur noch manuell eingreifen, wenn das System feststellt, dass geplante Umläufe nicht bedient werden können.

Fazit

Die integrierte INIT Lösung rund um das Depotmanagementsystem MOBILE-DMS mit der Reichweitenprognose MOBILErange und dem Lademanagement MOBILEcharge ist Teil der INIT Gesamtlösung für Elektromobilität. INITs Produktportfolio eMOBILE deckt als derzeit einzige Lösung auf dem Markt aus einer Hand alle mit E-Mobilität in Verbindung stehenden Prozesse ab.
MOBILE-DMS, MOBILErange und MOBILEcharge ermöglichen Verkehrsunternehmen mit ihrer Fähigkeit zur automatisierten, optimierten Zuteilung der Fahrzeuge zu den Umläufen reibungslose, effiziente Prozesse. Das Lademanagement ermöglicht kosteneffiziente Ladevorgänge und hilft somit, Energiekosten zu sparen. Die Zuteilungsoptimierung entlastet in Kombination mit der Reichweitenprognose das Dispositionspersonal und hilft, die Komplexität der Elektrobusdisposition mit ihren vielen Abhängigkeiten zu beherrschen. So ist sichergestellt, dass kein Bus auf der Strecke bleibt.

Autor: Stefan Tintera, Produktmanager Elektromobilität bei initperdis.

Dieser Artikel erscheint auch in der Juni-Ausgabe der Nahverkehrs-praxis.

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