Waldemar Epple und Dr. Frank Mentrup überreichen Future Mobility Award

Preisträger des Future Mobility Awards 2020 im Interview

Das Start-up BeeSonix aus Berlin ist Preisträger des Future Mobility Awards 2020. Der Gewinner wurde im Rahmen einer virtuellen Ehrung am 19. Mai 2020 feierlich bekannt gegeben. Mit diesem Preis wurden zum ersten Mal Start-ups ausgezeichnet, die nachhaltige Mobilitätslösungen für den öffentlichen Verkehr entwickelt haben. Gemeinsam überreichten Dr. Frank Mentrup, Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe, Britta Wirtz, Geschäftsführerin der Messe Karlsruhe, Annika Egloff-Schoenen, Leiterin Digitale Medien & Veranstaltungen der „Nahverkehrs-praxis“ und Waldemar Epple, Vorstandsvorsitzender des „Automotive Engineering Network“, die Trophäe sowie einen Scheck über 5.000 Euro. Im Interview mit der Nahverkehrs-praxis spricht Bee-Sonix über die prämierte Mobilitätslösung für den ÖPNV.

Nahverkehrs-praxis: Bitte beschreiben Sie kurz Ihre Lösung, mit der Sie sich um den Future Mobility Award beworben haben.

Beesonix: Der Ausgangsgedanke war: Lautsprecher sind an jedem Bahnhof und in jedem Fahrzeug für Durchsagen vorhanden. Diese sind aber nicht immer klar verständlich. Also kam uns die Idee, Ultraschall-Signale im nicht-hörbaren Bereich zu senden, um mit den Smartphones der Fahrgäste zu kommunizieren. Die Informationen werden dabei vom Handy entschlüsselt und über eine App an die Fahrgäste ausgespielt.

Nahverkehrs-praxis: Das klingt ganz einfach – Wo liegt der Haken?

Beesonix: Die Integration ist technisch ganz einfach: Es müssen nur mp3-Dateien in den Bordcomputer des Fahrzeuges eingespielt werden. In der Praxis erleben wir als Studenten die Herausforderung, dass wir uns erstmal ein Netzwerk in der Branche schaffen müssen. Wir brauchen Partner, die neue Technologien mit uns gemeinsam testen wollen. Inzwischen arbeiten wir bereits mit der Deutschen Bahn und der BVG zusammen. Im ersten Schritt war es aber schwierig, Mitstreiter zu finden und wir sind noch in der Testphase.

Nahverkehrs-praxis: Und wie sind Sie auf die Idee gekommen, Ultraschallsignale für den ÖPNV zu nutzen?

Beesonix: Die Idee ist auf einem Hackathon des Landes Baden-Württemberg entstanden, auf dem die Deutsche Bahn Beacons vorgestellt hat, die auf dem Hauptbahnhof Berlin verbaut sind. Dort gibt es insgesamt 800 Beacons für die Ortung innerhalb des Bahnhofs. Wir verfolgen schon länger technische Entwicklungen und haben Ultraschall-Beacons z.B. in Restaurants gesehen. Beim Hackathon entstand dann die Idee, die ohnehin vorhandenen Lautsprecher statt Beacons zu nutzen.

Nahverkehrs-praxis: Welchen Nutzen hat Ihre Lösung für den ÖPNV?

Beesonix: Als ÖPNV-Betreiber hat man sehr viele Informationen, die für Kunden relevant sind. Die Frage ist aber: Wie bekomme ich diese am richtigen Ort und im richtigen Moment zum Kunden? Heute haben fast alle Menschen Smartphones, auf die sie ständig schauen und tragen dabei häufig auch Kopfhörer. Durchsagen bekommen viele Personen dann nicht mit. Wir ermöglichen die passgenaue, ortsspezifische Ansprache der Kunden und liefern damit einen ortsbasierten, digitalen Touchpoint. Wir helfen den Unternehmen dabei, ihre relevanten Daten im richtigen Moment über die Smartphones der Fahrgäste auszuspielen. Und beispielsweise mitzuteilen, dass ein Zug Verspätung hat oder es einen Gleiswechsel gibt. Je nach Standort des Kunden erfolgt die Mitteilung nur für die Personen, für die sie relevant ist, also genau auf Gleis 3 oder im Fahrzeug zwischen dem Hauptbahnhof und dem Alexanderplatz. Für die Fahrgäste bedeutet das eine nahtlose Begleitung, auch in verschiedenen Sprachen. Das ist angenehmer als Durchsagen. Daher wollte die DB im Mindbox-Programm die Potenziale für Infotainment und Fahrgastinformation herausfinden, welche unser Ansatz bieten kann.

Nahverkehrs-praxis: Wie verändert sich Mobilität in Deutschland? Sehen Sie die Verkehrswende gefährdet durch die aktuelle Situation?

Beesonix: Es ist die Aufgabe der Politik, Kapazitäten für den Fern- und Nahverkehr zu schaffen, damit doppelt so viele Menschen den ÖPNV nutzen können. Wir und andere Start-ups bringen die Ansätze, um den ÖPNV attraktiver zu machen. Die Voraussetzung ist aber mehr Kapazität – denn eine attraktive App bringt nichts, wenn der Bus voll ist. Auch wenn durch die aktuelle Corona-Krise jetzt vielerorts der ÖPNV leer ist: gerade deshalb ist es wichtig, dass wir als Gesellschaft das langfristige Ziel einer Verkehrswende nicht aus den Augen verlieren und uns für eine ausreichende Finanzierung des ÖPNV starkmachen.

Nahverkehrs-praxis: Wie nehmen Sie die Corona-Krise aus Perspektive eines Start-ups wahr?

Beesonix: Wir sind zum Glück nicht so stark betroffen, unsere Projekte laufen weiter. Wir arbeiten als Team schon immer auf Distanz zusammen – alles per Skype und Cloud. Es ist aber eine Herausforderung für Start-ups etwas für den ÖPNV anzubieten, der aktuell nur eingeschränkt genutzt werden kann. Wir sehen die Krise aber auch als Chance für Start-ups, weil diese gewöhnt sind, flexibel zu arbeiten. Wir wünschen daher allen Start-ups alles Gute und dass sie die Krise gut überstehen!

Das Interview führten Annika Egloff-Schoenen (Leitung Digitale Medien und Veranstaltungen Nahverkehrs-praxis) und Markus Fedra (Freier Redakteur Nahverkehrs-praxis).

Dieser Artikel erscheint auch in der Juni-Ausgabe der Nahverkehrs-praxis.

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