Positive E-Busbilanz in Freiburg

Die Freiburger Verkehrs AG (VAG) ist als integriertes ÖPNVUnternehmen mit ihren rund 900 Beschäftigten zuständig für die Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs für 230.000 Bürgerinnen und Bürger der Stadt Freiburg und deren Einzugsgebiet. Die 5 Stadtbahnlinien mit einer Streckenlänge von 44 km bilden dabei das Rückgrat der städtischen Mobilität, ergänzt um 20 Buslinien mit ca. 160 km Streckenlänge. In den vergangenen Jahren ist das Stadtbahnnetz deutlich ausgebaut worden und wird derzeit weiterentwickelt. Seit vielen Jahrzehnten wurden in Freiburg die Verkehrsmittel des Umweltverbundes – also ÖPNV, Fahrradfahren und Zu-Fuß-Gehen – gefördert.

Im Freiburger Binnenverkehr hat der Umweltverbund dadurch heute einen Anteil vom 79 %. Die 71 Stadtbahnfahrzeuge und die 65 Busse haben im vergangenen Jahr (2019) etwa 8 Mio Linienkilometer zurückgelegt und dabei 82 Mio Fahrgäste befördert. Der Umwelt- und Klimaschutz ist ein fester Bestandteil bei Planung und Umsetzung des ÖPNVs. Im Unternehmen selbst wird Klimaschutz seit Jahren konsequent aktiv betrieben. Maßnahmen wie Rasengleise, Regenwasserwaschanlagen, Nutzung von Blockheizkraftwerken und Photovoltaikanlagen, Schwungradsysteme zur Zwischenspeicherung der Bremsenergien der Straßenbahnen und natürlich die sukzessive Umstellung des Fuhrparks auf alternative Antriebe belegen dies beispielhaft. Auf diese Weise werden heute jährlich bis zu 4 Mio kWh weniger Strom und Wärme benötigt als noch vor 10 Jahren.

Digitalisierung – auf dem Weg zu einem multimodalen Verkehrsdienstleister

Der einfache und günstige Zugang zum ÖPNV hat in den letzten 35 Jahren zum Wachstum des ÖPNV-Anteils beigetragen. Bereits seit 1984 entschieden sich Freiburg und die Region für ein sehr einfaches und transparentes Einheitstarifmodell, mit einem sehr hohen Zeitkartenanteil. Die Nutzung digitaler Medien trägt auch in Freiburg in zunehmendem Maße dazu bei, den Zugang zu Fahrplaninformationen und zum Ticketing zu vereinfachen. Dies wird Hand in Hand mit dem Regio-Verkehrsverbund Freiburg (RVF) entwickelt. So wurde beispielsweise im Jahre 2009 mit der Einführung von HandyTicket für den gesamten Verbundraum begonnen, 2013 wurde die Fahrplanauskunfts-App von VAG und RVF digitalisiert und 2015 wurden schließlich E-Ticketing und elektronische Fahrplanauskunft in einer App zusammengefasst.

Beide Systeme – Fahrscheinverkauf und Fahrplaninformation – werden ständig weiterentwickelt und um zusätzliche Funktionen erweitert. Den Kundenbedürfnissen folgend, erweitert sich die VAG zum multimodalen Mobilitätsdienstleister. Den Nutzerinnen und Nutzern in Freiburg werden über digitale Medien (App und Web) ein umfassendes Routing über verschiedene Verkehrsmittel angeboten. In Kombination mit Echtzeitdaten und unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage werden neben dem ÖPNV auch verfügbare Carsharing-Fahrzeuge oder Mieträder angezeigt. Aus derselben App wird dann die gefundene und gebuchte Reisekette bezahlt. Auch dies wird sukzessive weiter ausgebaut und um andere Mobilitätsdienstleistungen und -anbieter erweitert.

Start ins E-Bus-Zeitalter

95 Jahre nach dem Start der ersten Dieselbuslinien wurde Anfang Februar 2020 die erste Elektrobuslinie in Freiburg in Betrieb genommen. Vorausgegangen war eine 5 Jahre andauernde Entwicklungsbeobachtung und Sondierungsphase. Dabei erfolgte nach einer ersten internen Bewertung der Technologien und einem Abgleich mit den betriebsinternen Anforderungen auch eine unterstützende externe Beurteilung durch das Fraunhofer Institut. Nachdem weitere technologische Vereinheitlichungen und abgestimmte Schnittstellen marktseitig eingeführt und erste Serienprodukte angekündigt bzw. angeboten wurden, erfolgte die Entscheidung für eine erste Pilotlinie.Unterstützt durch eine Förderung des Ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur im Rahmen des „Sofortprogramms saubere Luft 2017-2020“ erfolgte die Ausschreibung der Fahrzeuge sowie der Ladetechnologie. Die Entscheidung für die Technologie fiel auf Gelegenheitsladung mit Pantograph. Die Freiburger Buslinien fungieren zumeist als Zulieferer bzw. Querverbindung für die Stadtbahnlinien und enden bzw. beginnen somit am Stadtbahnnetz. An diesen Standorten sind Anbindemöglichkeiten an das Stromnetz der Stadtbahnen bzw. ein Aufbau eines separaten Stromanschlusses für die Busladungen möglich. Auch die an diesen Standorten vorgesehenen Wendezeiten der Busse können für die Zwischenladungen verwendet werden. Mit 16 Ladepunkten verteilt auf 7 Standorte ist es möglich, alle Buslinien mit Ladestationen für die Gelegenheitsladung zur versorgen. Auf dem Betriebshof erfolgt die nächtliche Konditionierung sowie „sanfte“ Ladung der Fahrzeuge mit 80kW. Für die Pilotlinie wurde die innenstadtnahe Linie 27 ausgewählt.

Für Zwischenladungen der Busse in den Wendezeiten steht eine Schnellladeeinrichtung an der Haltestelle „Europaplatz“ bereit. Diese wurde im Zuge des Stadtbahnausbaus, mit der im März 2019 eröffneten Rotteckringlinie, neu gestaltet. Die Versorgung der Schnellladestation mit einer Ladeleistung von 150 Kilowatt erfolgt dort direkt aus dem vorhandenen Oberleitungsnetz der Stadtbahn. Die Solobusse sind mit einer Batteriekapazität von 160 kWh ausgestattet. Das Heiz- und Kühlsystem ist ebenfalls elektrisch ausgeführt. Seitens des Herstellers sind die Reichweiten unter „Worst Case-Bedingungen“ für mindestens 60 km Reichweite angegeben. Bei Linienlängen von 4,5 bis 14 km können somit bei Fahrplanabweichungen auch Zwischenladungen ausgelassen werden. Auch sind Einsätze für Schienenersatzverkehre möglich.

Mit der Umstellung auf Elektrobusse, die wie unsere Straßenbahnen und die Schauinslandbahn mit zertifiziertem Ökostrom betrieben werden, wird der umwelt- und klimafreundliche öffentliche Nahverkehr weiter gestärkt. Jeder E-Bus spart in Freiburg im Vergleich zu seinem Pendant mit Dieselantrieb durchschnittlich pro Jahr 55 Tonnen CO2 ein. Sowohl für die Einführung als auch für den bisher problemlos laufenden Betrieb kann eine erste positive Bilanz gegeben werden. Ebenso äußerst positiv sind die Rückmeldungen der Fahrgäste als auch der Anwohner entlang der Buslinie.

Ausblick

Derzeit hat die VAG weitere 15 E-Busse – 5 Solobusse und 10 Gelenkbusse – ausgeschrieben. Ebenso die notwendige Infrastruktur für den weiteren Ausbau. Unterstützt wird dies durch das Förderprogramm des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMU) mit einem Betrag von 6,3 Mio €. Voraussichtlich im Frühjahr 2022 werden 4 weitere Buslinien auf Elektroantrieb umgestellt. Darüber hinaus erfolgt ein entsprechender Auf-und Umbau der Ladeinfrastruktur auf dem Betriebshof. Mit überdachten Ladeports sollen hier zukünftig alle Busse werden können. Nach Ablauf der Nutzungsdauer der Batterien für den mobilen Einsatz in Bussen ist vorgesehen, diese für weitere Jahre als Speicher für eigenproduzierten Solarstrom zu nutzen. Bis 2030 soll das komplette Busliniennetz auf Elektroantrieb umgestellt werden. Dabei sollen die weiteren Entwicklungen im Bereich der Batterie-, Antriebs-, Lade- oder Fahrzeugentwicklung mitberücksichtigt werden. So können beispielsweise ergänzende reichweitenverlängernde Brennstoffzellen die betrieblichen Freiheitsgrade erhöhen bzw. die Batteriegrößen und Ladeleistungen minimieren.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um einen Auszug aus der Juni-Ausgabe der Nahverkehrs-praxis. Digital kostenfrei verfügbar!

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