Städtische Mobilität braucht mehr Innovation und Mut

Die Elektromobilität fordert Stadtplaner, Fahrzeughersteller und deren Zulieferer gleichermaßen. Im Interview sprachen wir mit Stefan Faust, ÖPNV-Experte für den Geschäftsbereich Bus & Coach bei der Konvekta AG.

Herr Faust, wer ist der Fahrgast von morgen und welche Ansprüche hat er?

Stefan Faust: Die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen steigen stetig. Geschwindigkeit und Spontanität sind bei der jungen und zukünftigen Generation noch essenzieller. Wege werden oft als notwendiges Übel empfunden und sind nur gut, wenn man sie produktiv nutzen kann – z.B. mobile Tische/Arbeitsstationen für Laptops. Hinzu kommt die Erwartung an geringe Wartezeiten und Zuverlässigkeit der Transportmittel. Es ist aber auch ein klarer Fokus auf einen Wandel hin zu mehr Lebensqualität erkennbar. Umwelt und Naturschutz spielen eine große Rolle – mehr Grün und weniger Lärm.

Diese Anforderungen stellen Städte und Stadtplaner vor große Herausforderungen. Lassen sich diese Wünsche überhaupt in Einklang bringen?

Stefan Faust: Ein Trend vieler Stadtplaner: die 15-Minuten-Stadt. Menschen sollen von ihrem Stadtquartier aus alle wichtigen Einrichtungen in 15 Minuten erreichen können und das bestenfalls ohne eigenen PKW. Der Individualverkehr bringt nicht nur schädliche Emissionen aus Verbrennungsmotoren und Lärm, sondern er benötigt auch viel Platz. Mit der Reduzierung des Individualverkehrs können Straßen und Parkplätze umgewidmet werden – hier könnte neuer Lebensraum entstehen, wie z.B. Grünflächen und zusätzliche Arbeits-, Freizeit- und Kulturstätten in direkter Nähe von Wohngebieten. Denn die 15-Minuten-Stadt ist nicht nur eine Mobilitätsfrage, sondern der Lifestyle zukünftiger Generationen. Mehr Nähe, mehr Community, mehr Natur – damit würde die Lebensqualität signifikant positiv beeinflusst werden.

Wie kann man aus Ihrer Sicht solche Pläne umsetzen? Auf was muss man achten?

Faust: Alle Pläne setzen eine quantitative Erhöhung und eine qualitative Verbesserung des Angebots im Nah- und Regionalverkehr voraus. Der öffentliche Personennahverkehr muss ausgebaut und in der Reichweite der Kilometerleistung gesteigert werden, um eine dauerhafte Alternative zum Individualverkehr bieten zu können. Eine weitere Herausforderung wird sein, die optimale Lösung für das individuelle Gebiet zu finden. So stehen die ÖPNV-Betreiber in Ballungsgebieten vor der Aufgabe, den mit der Urbanisierung einhergehenden Anstieg der Fahrgastzahlen zu bewältigen – wohingegen die Betriebe in ländlichen Regionen um die Aufrechterhaltung der Linien zur Grundversorgung kämpfen.
Des Weiteren bleibt der ÖPNV gerade im innerstädtischen Bereich ein wichtiger Faktor, um die gesetzlichen Klimaziele zu erreichen. Nur durch eine verstärkte Nutzung der Schieneninfrastruktur sowie durch den weiteren Ausbau des gebündelten Bedarfs- und Linienbedarfsverkehrs – sprich des Busnetzes –  wird es möglich sein, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 65 % gegenüber 1990 zu senken.

Das komplette Interview lesen Sie in der aktuellen Nahverkehrs-praxis 9/10-2022.

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