Bürgerbegehren gegen neue Infrastrukturmaßnahmen

Öffentliche Infrastrukturprojekte in den Bereichen Verkehr, Energie und Stadtentwicklung stehen im Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit und werden von den Bürgern kritisch begleitet. Die Bereitschaft zur Positionierung und Durchsetzung eigener Positionen hat sich verstärkt. Nicht selten resultiert hieraus ein Bürgerbegehren – ein bedeutendes Instrument der direkten Demokratie auf kommunaler Ebene – mit dem Ziel, einen Bürgerentscheid zu erzwingen und das jeweilige Vorhaben zu verhindern. Eine rechtzeitige und kontinuierliche Kommunikation kann die Akzeptanz für das Projekt steigern und die Wahrscheinlichkeit von ablehnenden Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden reduzieren.

Funktion eines Bürgerbegehrens – Korrektiv zum Gemeinderat

Ein Bürgerbegehren ist ein verbindlicher Antrag an den Gemeinderat, einen Bürgerentscheid über eine bestimmte Sachfrage durchzuführen, ggf. auch um einen bereits gefassten Ratsbeschluss wieder aufzuheben. Erfüllt der Antrag die Vorgaben der Gemeindeordnung des betroffenen Bundeslandes, ist der Rat verpflichtet, das Anliegen freiwillig zu übernehmen oder einen Bürgerentscheid durchzuführen. Ein erfolgreicher Bürgerentscheid steht einem Ratsbeschluss gleich. Der Rat darf während eines bestimmten Zeitraums nichts mehr beschließen, was im Widerspruch zum Ergebnis des Bürgerentscheids steht.

Zulässigkeitsvoraussetzungen eines Bürgerbegehrens


Ein Bürgerbegehren muss bestimmte Voraussetzungen erfüllen.
Insbesondere ist eine Mindestanzahl von Unterschriften aller stimmberechtigten Einwohner der Gemeinde erforderlich. In einigen Bundesländern, wie zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen, besteht ein abgestuftes Unterschriftenquorum: Je größer die Kommune ist, umso weniger Unterschriften sind für einen Antrag erforderlich. Hintergrund ist, dass die Sammlung in sozial heterogenen größeren Städten schwieriger ist als in kleineren Kommunen. In vielen Bundesländern ist ein Anteil von bis zu 10 % notwendig. Im Saarland bedarf es sogar eines Unterschriftenanteils von bis zu 15 %. 
Zumindest Bürgerbegehren, die sich gegen einen Ratsbeschluss richten, sind in der Regel fristgebunden.  Bei komplexen Großprojekten besteht die Besonderheit, dass von der Idee bis zur Realisierung des Projekts grundsätzlich mehrere Beschlüsse des Rates notwendig sind. Ist die grundsätzliche Zustimmung zum Vorhaben gefasst, kann sich ein Bürgerbegehren – nachdem das Einreichungsfenster verpasst wurde – nicht mehr auf einer späteren Planungsstufe „grundsätzlich“ gegen das Projekt wenden. Allein die konkrete Ausgestaltung des Projektes kann dann noch zum Inhalt eines Bürgerbegehrens gemacht werden.
Unzulässig ist das Bürgerbegehren zudem, wenn es ein rechtswidriges Ziel verfolgt. Denn auch Bürgerentscheide können sich nur innerhalb des allgemeinen Rechtsrahmens bewegen. Vor allem darf sich das Bürgerbegehren nicht gegen einen rechtsgültigen Vertrag der Gemeinde – z.B. mit einem Investor – richten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn sich die Gemeinde durch ein einseitiges Rücktritts- oder Kündigungsrecht von den vertraglichen Bindungen lösen kann.

Den kompletten Artikel lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 5-2022.

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