Lieferengpässe – Was ist zu ändern in Vergabeverfahren und Verträgen?

Unvorhersehbare äußere Ereignisse haben oft unmittelbaren Einfluss auf die Ausführung öffentlicher Aufträge. Sowohl das Vertrags- als auch das Vergaberecht sehen Sonderregelungen vor, um kurzfristig und flexibel auf plötzlich auftretende Veränderungen zu reagieren.

Vor Beginn des Vergabeverfahrens

Sofern unvorhersehbare Veränderungen noch vor Beginn des Vergabeverfahrens auftreten, können Auftraggeber die Entwicklungen meist antizipieren und die Vergabeunterlagen in der Regel unproblematisch an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Sie können etwa Preisgleitklauseln für bestimmte Vorprodukte oder Materialien aufnehmen, um die Verträge an die Marktentwicklung anzupassen. Durch Preisgleitklauseln werden im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nicht überschaubare Marktrisiken auf beide Vertragspartner verteilt. Ohne Aufnahme einer solchen Klausel, besteht die Gefahr, dass ausgehandelte Verträge nach Abschluss des Vergabeverfahrens nicht mehr umsetzbar sind. Insbesondere bei komplexen Vorhaben mit langer Vertragslaufzeit kann es im berechtigten Interesse der Beteiligten liegen, etwaige Änderungen durch Preisgleitklauseln abzufedern.
Darüber hinaus sollten Auftraggeber in dem Vertrag vorgesehene Ausführungs- bzw. Lieferfristen der aktuellen Situation anpassen. Sinnvoll kann es auch sein, konkrete Loyalitätspflichten des Auftragnehmers, z.B. Anzeigepflichten bei voraussehbaren oder eintretenden Leistungsverzögerungen, vorzusehen. Ferner haben Auftraggeber die Möglichkeit, sog. Öffnungsklauseln, die von dem Vertrag abweichende Regelungen zulassen, in den Vertrag aufzunehmen.

Im laufenden Vergabeverfahren

Auch während eines laufenden Vergabeverfahrens kann der Auftraggeber auf unvorhersehbare Entwicklungen reagieren, ist aber verpflichtet, die Vorgaben des Vergaberechts zu beachten. Daher muss er – je nach Verfahrensart und -stadium – Änderungen angemessen bekanntmachen sowie ggf. Fristen verlängern oder das Verfahren zurückversetzen.
Bis zur Angebotsabgabe ist eine Anpassung der Vergabe-unterlagen – insbesondere im Verhandlungsverfahren – anhand der veränderten Rahmenbedingungen möglich. Der Auftraggeber muss aber eine Änderungsbekanntmachung im EU-Amtsblatt veröffentlichen und die Angebotsfrist ggf. angemessen verlängern.
Nach der Angebotsabgabe oder im Rahmen eines offenen bzw. nicht offenen Verfahrens muss der Auftraggeber das Verfahren zuvor in den vorherigen Stand zurückversetzen, um die Vergabeunterlagen anpassen zu dürfen.
Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) sowie das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauen (BMWSB) haben mit Bundeserlass vom 25.03.2022 sowie der Neuregelung vom 22.06.2022 entsprechende Praxis-hinweise herausgegeben, um den Auswirkungen von Lieferengpässen und Preissteigerungen wichtiger Baumaterialien als Folge des Ukraine-Kriegs entgegenzuwirken.

Den kompletten Artikel lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 7/8-2022.

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