VMK-Beschluss für ein 49-Euro-Ticket bringt nur etwas, wenn die Regionalisierungsmittel spürbar angehoben werden Die Wettbewerbsbahnen begrüßen den Beschluss der Verkehrsministerkonferenz, ein bundesweit im Nahverkehr gültiges 49-Euro-Ticket im Abonnement anzubieten und dafür mindestens 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zur Verfügung zu stellen. Hinzukommen muss aber eine deutliche Anhebung der Regionalisierungsmittel durch den Bund. Andernfalls drohen sehr bald Leistungskürzungen, weil die Produktionskosten der Verkehrsunternehmen bei Energie, Material und Personal so stark gestiegen sind. Mofair-Präsident Tobias Heinemann dazu: „Die VMK hat mit dem 49-Euro-Ticket den zweiten Schritt gemacht. Die Ministerpräsidentenkonferenz und der Bund müssen nun in der kommenden Woche den ersten Schritt nachholen. Das bedeutet: Die Regionalisierungsmittel so weit anheben, dass mindestens das bisherige Verkehrsangebot dauerhaft gesichert werden kann. Sonst wird das Ticket zu einem klimapolitischen Fehlschlag.“ Wie viel mehr Mittel notwendig sind, hängt unter anderem davon ab, wie genau vor allem die geplante Strompreisbremse ausgestaltet wird. Wenn durch sie auch die Bahnen in Stadt und Land entlastet würden, fiele der notwendige Aufwuchs kleiner aus. Zudem würden so auch der Fern- und der Güterverkehr auf der Schiene entlastet. Der Erfolg des 9-Euro-Tickets von Juni bis August hatte gezeigt, dass Menschen bereit sind, auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen, wenn dies mit einem günstigen und pauschal gültigen Ticket möglich ist. Daher soll es ein Nachfolgeprodukt geben. Der Bund erklärte sich vor einem Monat bereit, dauerhaft 1,5 Milliarden Euro zur Finanzierung beizutragen, vorausgesetzt, dass sich die Länder in mindestens gleicher Höhe beteiligen. Die Länder ihrerseits wiederholten ihre bereits im Frühjahr erhobene – und auch im Koalitionsvertrag der Ampel angelegte – Forderung nach einer Anhebung der Regionalisierungsmittel, um das bestehende Angebot stabilisieren zu können. Die Energie-, Material und Personalkosten sind seitdem weiter gestiegen. Überall in Deutschland kursieren Szenarien, welche Linien ausgedünnt werden müssten, wenn nicht mehr Geld zu ihrer Finanzierung zur Verfügung gestellt wird. Ohne Mehrmittel wären die Aufgabenträger gezwungen, Leistungen, d.h. heute fahrende Verkehre, in der Größenordnung von bis zu 30 Prozent abzubestellen. Wo heute also der Zug in einem dichten Takt verkehrt, könnten künftig nur noch vereinzelte Verbindungen möglich sein. Anderen Linien würden womöglich in Gänze eingestellt. Dass damit nicht nur der Verkehrswende ein Bärendienst erwiesen würde, sondern auch der Nutzen des kommenden 49-Euro-Tickets ganz erheblich geschmälert würde, ist offensichtlich, so die Stellungnahme von mofair zum gestrigen Beschluss. Quelle: mofair |
Verkehrsministerkonferenz: Länder befürworten 49-Euro-Ticket
Die Verkehrsministerkonferenz (VMK) befürwortet einstimmig die Einführung eines Neun-Euro-Nachfolgetickets. Dies soll künftig 49 Euro im Monat kosten. Die Länder sind bereit, sich an den Kosten in Höhe von insgesamt 3,0 Milliarden Euro pro Jahr zu beteiligen. Nach zwei Jahren soll das Gesamtpaket hinsichtlich seiner klimaseitigen, verkehrlichen und finanziellen Wirkungen evaluiert werden. Die auszugleichenden Kosten sind spitz durch Bund und Länder nach Rettungsschirmsystematik abzurechnen. Im Optimalfall könnte das Ticket zu Beginn 2023 eingeführt werden. Die Ministerpräsidentenkonferenz muss dem jetzt noch wegen der finanziellen Auswirkungen zustimmen.
Bedingung für die Einführung des Tickets ist die Sicherstellung einer Grundfinanzierung durch auskömmliche Ausstattung der Länder mit Regionalisierungsmitteln. Diese Mittel müssen schon ab 2022 und dauerhaft um 1,5 Milliarden Euro gesteigert werden, um das Gesamtsystem ÖPNV zu sichern. Weitere krisenbedingte Kostensteigerungen, insbesondere
Energiekosten, sind aus Mitteln des reaktivierten Wirtschaftsstabilisierungsfonds bereitzustellen, so die Forderung der Länder. Dazu Maike Schaefer, Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau in Bremen und Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz: „Ich freue mich sehr, dass ein gutes Ergebnis zwischen Bund und Ländern auf der Verkehrsministerkonferenz in Bremerhaven erzielt wurde. Die Bundesländer und der Bundesverkehrsminister haben sich intensiv mit einem Neun-Euro-Folgeticket beschäftigt. Es gibt eine einheitliche Zustimmung für die Einführung eines 49-Euro-Tickets mitsamt der finanziellen Beteiligung der Bundesländer. Dies ist eine echte Entlastung im Portemonnaie vieler Pendler. Voraussetzung ist und bleibt aber die dringend notwendige Erhöhung der Regionalisierungsmittel und eine Mitfinanzierung des Bundes für die Kostenexplosion bei den Energiepreisen. Ein kostengünstiges deutschlandweit gültiges Ticket hat keinen finanziellen Entlastungseffekt für Menschen oder für die Verkehrswende und damit für das Klima, wenn die Länder künftig mangels Finanzmitteln Strecken schließen und Leistungen abbestellen müssten. Die Länder sind bereit und haben ihre Hausaufgaben gemacht, nun ist die Ministerpräsidentenkonferenz am Zug und muss die Weichen für das neue Ticket stellen und die Signale auf grün setzen.“
Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Volker Wissing: „Ich freue mich, dass der Weg frei ist für ein einfaches, deutschlandweit gültiges papierloses Ticket. Ziel ist es, das Ticket nun so schnell wie möglich einzuführen – möglichst noch zum Jahreswechsel. Wir haben heute alle wesentlichen Fragen klären können. Ein Nachfolgeticket wird zu einem enormen Modernisierungsschub führen und uns helfen, viele Menschen für den ÖPNV zu begeistern und Fahrgäste zurückzugewinnen. Wir überwinden die komplexen Tarifstrukturen. Der spontane Umstieg wird so leicht wie noch nie. Für mich ist klar: Einfach ist besser. Deshalb habe ich die Initiative für ein Nachfolgeticket ergriffen. Ich freue mich, dass wir heute im Sinne der Bürgerinnen und Bürger zu einer Einigung kommen konnten. Ich bin zuversichtlich, dass auch die Ministerpräsidentenkonferenz zu einer guten Gesamtlösung kommen wird. Die heutige Verständigung ist wahrscheinlich die größte Reform für den ÖPNV überhaupt.”
Wie gut ist NRW angebunden?
Aktuell tagen die Verkehrsminister und beraten über die Nachfolge und Finanzierung des Neun-Euro-Tickets. Da der Preis nicht alles ist, sondern auch die Anbindung zählt, sahen sich Journalisten des WDR das ÖPNV-Angebot in Nordrhein-Westfalen genauer an. Herausgekommen ist der WDR-Reichweiten-Checker: eine interaktive Anwendung, die zeigt, wie viele Abfahrten mit Bus, Bahn und Co an den Haltestellen möglich sind, oder kurz: wie die einzelne Haltestelle angebunden ist und wie diese im NRW-Vergleich abschneidet.
Auf einer Karte wird neben der Auswertung der 47.000 Haltestellen zudem angezeigt, wie weit man innerhalb von einer Stunde kommt – mit und ohne umsteigen. So kann jeder für seine Heimat-Haltestelle selbst auf die Suche gehen. Das Tool ist unter diesem Link erreichbar.
Quelle: WDR
Theurer: Der Deutschlandtakt nimmt Fahrt auf
Das Leitmotiv für die Schiene der Zukunft heißt Deutschlandtakt. Das Ziel ist eine leistungsfähige und zuverlässige Schiene mit besseren Angeboten im Nah-, Fern- und Güterverkehr. Dazu will das Bundesministerium für Digitales und Verkehr den fahrplanbasierten Neu- und Ausbau der Schienenwege weiter vorantreiben und verzahnt diesen stärker mit der Sanierung und Modernisierung des Bestandsnetzes sowie der Digitalisierung unter dem Dach des Deutschlandtakts.
Die konkreten Verbesserungen, die der Deutschlandtakt in Bayern und Thüringen auf die Schiene bringen soll, hat der Beauftragte der Bundesregierung für den Schienenverkehr, der Parlamentarische Staatssekretär Michael Theurer, am Freitag in der zweiten von deutschlandweit vier Regionalkonferenzen in Nürnberg vorgestellt. Gemeinsam mit der im Bundesministerium für Digitales und Verkehr zuständigen Staatssekretärin Susanne Henckel, Vertretern der beiden Länder und des Sektors wurden verschiedene Blickwinkel auf den Deutschlandtakt beleuchtet.
Jetzt geht es in die Umsetzung
Parlamentarischer Staatssekretär Michael Theurer: “Die Konzeptionsphase des Deutschlandtakts ist abgeschlossen. Jetzt geht es in die Umsetzung. Mit dem Start weiterer Vorhabenplanungen, etwa der Ausbaustrecke Augsburg – Donauwörth und weiteren Maßnahmen im Knoten Erfurt, nimmt der Deutschlandtakt weiter Fahrt auf. Damit schaffen wir die Voraussetzungen, um mehr und bessere Angebote auf die Schiene zu bringen – mit hoher Kapazität, Qualität und Kundenorientierung.
Auf dem Weg zum Deutschlandtakt bringt der Bund nun weitere wichtige Vorhaben im Wert von rd. 3,9 Mrd. Euro auf den Weg. Eine Liste der für den Deutschlandtakt notwendigen Vorhaben in der Region Südost und weitere Informationen finden Sie hier.
Stefanie Petersen steigt als CFO in die Geschäftsführung bei Go-Ahead ein
„Mit Fau Petersen konnten wir eine ausgewiesene Spezialistin und führungserfahrene Kollegin aus dem Verkehrsbereich für Go-Ahead gewinnen“, freut sich Fabian Amini, CEO der Go-Ahead Gesellschaften in Deutschland. „Wir komplettieren mit Frau Petersen unsere Geschäftsführung und sind damit langfristig stabil und zukunftsfähig aufgestellt.“ Sie wird künftig unter anderem für die Bereiche „Finanzen“, „IT“ sowie „Tarif, Vertrieb & Erlöse“ verantwortlich sein. Mit dem Führungsteam bestehend aus Fabian Amini als CEO, Arno Beugel als COO und Stefanie Petersen als CFO ist die Geschäftsführung der Go-Ahead Gesellschaften in Deutschland ab 1. Januar 2023 komplett. „Ich freue mich sehr auf Go-Ahead und darauf, mit zum wachsenden Erfolg von Go-Ahead beizutragen“, so Stefanie Petersen.
Seit 2019 bietet Go-Ahead auf Teilen des „Stuttgarter Netz“ Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg an. Mit dem „Elektronetz Allgäu“ seit Ende 2021 und ab Ende 2022 auch auf den Strecken, die als „Augsburger Netze Los 1“ bezeichnet werden, ist Go-Ahead auch in Bayern aktiv.
Mobilität: ressourcenschonend produzieren – emissionsfrei fahren
Mobil bleiben und produzieren, ohne die Umwelt zu überfordern, das ist der Anspruch des InnovationsCampus Mobilität der Zukunft (ICM) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart. Fast 300 Forschende arbeiten in mehr als 60 Projekten und 40 Instituten an Elektromotoren ohne Seltene Erden, neuen Fertigungstechnologien und selbstlernenden Software-Systemen für Fahrzeuge. Der ICM ist eine der größten Initiativen zur zukünftigen Mobilität und Produktion in Deutschland. Erste am ICM erarbeitete Lösungen zeigen, dass sich wirtschaftlicher Erfolg und ökologische Verantwortung nicht ausschließen, sondern sogar ergänzen können. Einige davon wurden am 12. Oktober 2022 bei den „Future Mobility Open Labs“ am KIT vorgestellt.
„Baden-Württemberg gestaltet die Transformation zu einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Mobilität mit: Durch die Verbindung der beiden forschungsstarken Universitäten KIT und Universität Stuttgart im InnovationsCampus Mobilität der Zukunft schaffen wir ein attraktives Forschungsumfeld. Kluge Köpfe aus der Wissenschaft kommen hier zusammen, um durch exzellente interdisziplinäre Forschung die Grundlagen für die Mobilitäts- und Produktionstechnologien von morgen zu liefern“, sagt die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Petra Olschowski. „Der InnovationsCampus Mobilität der Zukunft ist ein Forschungsleuchtturm – hier werden Bausteine für eine klimaneutrale Zukunft entwickelt.“
Den bisherigen Weg, gemeinsame Erfolge und die Zukunft des ICM stellten Professor Thomas Hirth, Vizepräsident für Transfer und Internationales des KIT, und Professor Peter Middendorf, Prorektor für Wissens- und Technologietransfer an der Universität Stuttgart, bei der Veranstaltung vor.
Materialsparende und verschleißarme E-Motoren
„Wir können eine nachhaltige und lebenswerte Welt nicht ohne Technologie gestalten. Dafür das Fundament zu legen, ist Aufgabe der Forschung. Dies ist auch der Kern der Mission des ICM“, so Professor Albert Albers, Sprecher der Institutsleitung am IPEK – Institut für Produktentwicklung des KIT. Prototypen von neuartigen Elektromotoren gibt es bereits: „Reluktanzmotoren kommen ohne Permanentmagneten und Seltene Erden aus, sodass sie sehr nachhaltig und ressourcenschonend sind“, sagt Professorin Nejila Parspour, Direktorin des Instituts für Elektrische Energiewandlung der Universität Stuttgart. „Heute wird diese Maschine wegen ihrer geringeren Leistungsstärke aber noch nicht in Fahrzeugen eingesetzt. Der ICM entwickelt deshalb Möglichkeiten, die Drehzahl der Motoren zu steigern.“ Ein weiteres Forschungsfeld: elektrisch erregte Motoren. Im Gegensatz zu permanenterregten Motoren mit Seltenen Erden, die in nahezu jedem Fahrzeug eingesetzt werden, versprechen diese Motoren höhere Wirkungsgrade bei mittleren bis hohen Drehzahlen, was mehr Reichweite für batteriebetriebene Fahrzeuge bedeutet. Derzeit sind diese Maschinen noch verschleißanfällig, die Energieübertragung auf die Rotorwelle erfolgt über Schleifringe, die sich stark abnutzen. Am ICM arbeiten Forschende an einer verschleißfreien induktiven Energieübertragung, die diesen Motortyp serientauglich für die breite Masse der Fahrzeuge auf dem Markt machen kann.
_72%20dpi.jpg)
Neuartige E-Motoren ohne Seltene Erden für die lokale Fertigung in
Baden-Württemberg entwickelt ICM. (Foto: Uli Regenscheit, Universität Stuttgart, ICM)
Selbstlernende Fahrzeugflotten
Die elektrischen und elektronischen Systeme in Fahrzeugen werden immer komplexer, konstatiert Professor Eric Sax vom Institut für Technik der Informationsverarbeitung des KIT. „Für eine effiziente und sichere Mobilität müssen alle Informationen und Komponenten optimal zusammenspielen. Dafür ist die entsprechende Informationstechnik der Schlüssel: nämlich Software, die sich im Fahrbetrieb selbst optimiert und erworbenes Wissen dann über eine Luftschnittstelle anderen Fahrzeugflotten zur Verfügung stellt.“ Prototypen laufen derzeit mit lernenden Busflotten, erste Serien könnte es 2025 geben.
Produktion muss sich ändernden Ansprüchen laufend anpassen können
Wenn sich die Ansprüche an Produkte wandeln, muss sich die Produktion verändern: „Kaum eine Branche steht vor so weitreichenden Veränderungen wie das Mobilitätssegment“, sagt Junior-Professor Andreas Wortmann vom Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität Stuttgart. Deshalb müssen Anlagen, Maschinen und Prozesse der Fahrzeug- und Zulieferindustrie wandelbar sein, Software sollte sich automatisch anpassen. Obendrein bietet der Produktionsprozess an sich großes Potenzial zur Reduktion von Emissionen.
Klima, Kosten und Corona treiben Mobilitätswende
Steigende Energiepreise, die Corona-Pandemie, das 9-Euro-Ticket und die Klimakrise verändern das Mobilitätsverhalten so stark wie nie zuvor. Dabei wird neuen Mobilitätsangeboten wie Ride Pooling, Ride Hailing und den verschiedenen Sharing-Angeboten vom Fahrrad über E-Scooter und E-Moped bis zum Carsharing zugesprochen, Ressourcen zu schonen und zugleich kostengünstiger zu sein als klassische Mobilitätsformen. Auch die Bereitschaft zur Nutzung autonomer Verkehrsmittel steigt – wobei die große Mehrheit für die nahe Zukunft nicht mit einem entsprechenden Angebot rechnet. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Digitalverbands Bitkom unter 1.005 Personen ab 16 Jahren in Deutschland. „In der Mobilität erleben wir eine Zeitenwende, die diesen Begriff verdient“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Die Menschen steigen aufs Rad oder ersetzen den eigenen Wagen durch Carsharing. Mit Hilfe digitaler Technologien in der Verkehrsinfrastruktur und bei neuen Mobilitätsangeboten haben wir die Chance, jetzt die Weichen für eine nachhaltigere Mobilität zu stellen, die für die Breite der Bevölkerung verfügbar und bezahlbar ist.“

96 Prozent geben an, in den letzten Jahren ihr Mobilitätsverhalten grundlegend verändert zu haben – aus sehr unterschiedlichen Gründen. Rund die Hälfte (55 Prozent) nennt die Klimakrise als Grund, jeweils 4 von 10 (41 Prozent) das 9-Euro-Ticket sowie den gestiegenen Benzinpreis und 30 Prozent die Angst vor einer Ansteckung mit dem Corona-Virus. 17 Prozent haben ihr Mobilitätsverhalten aufgrund des Chaos an den Flughäfen verändert, 16 Prozent wegen der häufigeren Arbeit im Homeoffice, 13 Prozent aufgrund der Unzuverlässigkeit im Bahnverkehr und 7 Prozent wegen des Wegfalls von Dienstreisen. „Klima, Corona und Kosten – aus diesen drei Gründen verändern die Menschen ihr Mobilitätsverhalten“, so Rohleder.
Fahrrad ist Gewinner der Mobilitätswende
Der große Gewinner der Mobilitätswende ist das Fahrrad. 39 Prozent nutzen das Fahrrad häufiger, 16 Prozent seltener. Ein Viertel (25 Prozent) setzt häufiger auf sogenannte On-Demand-Angebote wie Ride Pooling oder Ride Hailing, 14 Prozent aber auch weniger oft. Der eigene Pkw wird von 22 Prozent häufiger genutzt, 36 Prozent lassen ihn aber öfter stehen. Ebenfalls 22 Prozent fahren häufiger Bus und Bahn im Nahverkehr, 37 Prozent aber seltener. Carsharing wird von 20 Prozent häufiger genutzt, von 14 Prozent seltener. Und Bike-, E-Scooter- und Moped-Sharing ist bei 14 Prozent beliebter, bei 15 Prozent weniger beliebt als früher. Die großen Verlierer sind der Schienenfernverkehr, das Taxi und das Flugzeug. 10 Prozent fahren häufiger im Fernverkehr mit der Bahn, 35 Prozent tun dies seltener. Lediglich 2 Prozent steigen häufiger ins Taxi, 46 Prozent aber seltener. Im Flugverkehr ist das Bild noch klarer: 2 Prozent nutzen häufiger das Flugzeug 75 Prozent tun dies seltener.*
Mehrheit ist mit ÖPNV unzufrieden – und zwei Drittel könnten auf den Pkw verzichten
Mit den bestehenden Nahverkehrsangeboten ist eine Mehrheit unzufrieden. 55 Prozent sagen, sie seien sehr oder eher unzufrieden, 43 Prozent sind eher oder sehr zufrieden. Damit nimmt die Kritik am ÖPNV verglichen mit dem Vorjahr weiter zu. 2021 standen 48 Prozent Zufriedene 49 Prozent Unzufriedenen gegenüberstanden. Dabei gilt: In Großstädten ist die Unzufriedenheit aktuell mit 44 Prozent am geringsten, in Städten mit 20.000 bis 100.000 Einwohner liegt sie bei 56 Prozent und in kleineren Orten sogar bei 62 Prozent. „Der klassische ÖPNV kommt in dünn besiedelten Regionen an seine Grenzen“, so Rohleder. „Neue Mobilitätsdienste können hier den ÖPNV ergänzen und zugleich attraktiver machen.“
Neue Mobilitätsangebote würden vielen Menschen auch den Abschied vom eigenen Pkw erleichtern. Unter denjenigen, die ein Auto im Haushalt haben, würden 40 Prozent darauf verzichten, wenn andere Mobilitätsangebote zur Verfügung stünden, 32 Prozent, wenn die bestehenden Mobilitätsangebote günstiger wären. Rund ein Viertel (24 Prozent) könnte das eigene Auto aufgeben, falls attraktive Sharing-Angebote in der direkten Umgebung vorhanden wären, bei 14 Prozent gilt dies bei der Verfügbarkeit von On-Demand-Angeboten. 22 Prozent nennen als Voraussetzung für den Abschied vom Privat-Pkw, dass Bahnhöfe durch Sharing- oder On-Demand-Angebote erreichbar wären, für 7 Prozent käme es in Frage, wenn ihnen der Arbeitgeber ein Mobilitätsbudget anbieten würde. Verbote schrecken dagegen weniger ab. Nur 12 Prozent würden auf das eigene Auto verzichten, falls Parken vor der Haustür teurer oder verboten würde, 9 Prozent, falls es ein Autoverbot in der Innenstadt gäbe. Mehr als ein Drittel (36 Prozent) würde unter keinen Umständen auf den Privat-Pkw verzichten wollen. Rohleder: „Ganz offenkundig lässt sich ein klimafreundlicheres Mobilitätsverhalten nicht erzwingen. Die Mobilitätswende funktioniert nur mit attraktiven Alternativen zum Privat-Pkw.“
Neue Mobilitätsangebote gelten als Antwort auf aktuelle Krisen
Die große Mehrheit sieht in neuen Mobilitätsangeboten eine Chance, die aktuellen Herausforderungen zu meistern. 89 Prozent sind überzeugt, dass mit ihnen die Lebensqualität auf dem Land erhöht werden kann. 82 Prozent glauben, dass ihre Nutzung ein Beitrag zum Klimaschutz ist und 79 Prozent meinen, dass digitale Technologien allgemein einen Beitrag zum Klimaschutz leisten können. Ebenso viele (79 Prozent) betonen, dass Fahrgäste mit neuen Mobilitätsangeboten für weniger Geld von A nach B kommen. 63 Prozent gehen davon aus, dass neue Mobilitätsangebote den ÖPNV attraktiver machen, weil der Weg zu den Stationen flexibler bewältigt werden kann. Und 58 Prozent sagen, neue Mobilitätsangebote reduzieren den Verkehr in der Stadt. „Wir sollten alle Möglichkeiten nutzen, innovative Mobilitätsangebote auf die Straße und Schiene zu bekommen. Es gibt eine große Bereitschaft in der Bevölkerung, umzusteigen. Umso wichtiger ist es, dieser Nachfrage auch ein entsprechendes Angebot gegenüberzustellen“, so Rohleder.
Angebote wie Ride Pooling und Ride Hailing genießen in der Bevölkerung einen guten Ruf. So stehen dem Ride Pooling, bei dem per Algorithmus automatisch Fahrgemeinschaften von Fahrgästen gebildet werden, die ein ähnliches Ziel haben, 83 positiv gegenüber (35 Prozent sehr positiv, 48 Prozent eher positiv). Beim Ride Hailing, bei den Fahrgästen über eine App ein Auto mit professionellem Fahrer ähnlich wie bei einer Taxifahrt buchen und die Fahrt exklusiv für sich haben, sind 71 Prozent positiv eingestellt (23 Prozent sehr positiv, 48 Prozent eher positiv). „In der Vergangenheit gab es viele Versuche etablierter Anbieter wie der Taxi-Innungen, neuen Angeboten Steine in den Weg zu legen. Am Interesse der Kundinnen und Kunden geht dies allerdings ganz offensichtlich vorbei“, sagt Rohleder.
Sharing spart Geld und schützt die Umwelt im Alltag
Überwiegend positiv werden auch die unterschiedlichen Sharing-Angebote eingeschätzt. 86 Prozent sehen in ihnen eine umweltfreundliche Alternative zu bestehenden Angeboten (2021: 79 Prozent). Nur 8 Prozent (2021: 11 Prozent) befürchten, dass sie für mehr Verkehr sorgen und die Umwelt belasten. 80 Prozent gehen davon aus, dass sich so Geld sparen lässt (2021: 73 Prozent), 10 Prozent befürchten, dass die Angebote dazu verleiten, mehr Geld auszugeben (2021: 22 Prozent). Und die überwiegende Mehrheit (81 Prozent,2021: 80 Prozent) hält Sharing vor allem für den Alltag geeignet, 11 Prozent eher für Urlaubs- und Dienstreisen (2021: 15 Prozent).
In den vergangenen zwölf Monaten hat die Verbreitung von Sharing-Angeboten zugenommen. 22 Prozent nutzen zumindest hin und wieder Bike-Sharing (2021: 16 Prozent), 16 Prozent E-Scooter-Sharing (2021: 13 Prozent), 13 Prozent Carsharing (2021: 8 Prozent) und 4 Prozent Moped-Sharing. Zugleich gibt es generell großes Interesse an den unterschiedlichen Sharing-Diensten in Orten, wo diese bislang nicht verfügbar sind. 47 Prozent würden gerne Fahrräder nutzen, 45 Prozent E-Scooter, 34 Prozent Autos und 29 Prozent Mopeds. „Sharing hat großes Potenzial, vor allem wenn es gelingt, die Angebote aus der engsten Innenstadt in die Randregionen oder sogar auf das Land auszuweiten, wo sie in Ergänzung des oft unzureichenden ÖPNV-Angebots das größte Potenzial entfalten könnten“, so Rohleder.
Bei den Nutzerinnen und Nutzern der unterschiedlichen Sharing-Angebote gibt es eine hohe Zufriedenheit. 81 Prozent sind mit ihnen ganz allgemein zufrieden, nur 17 Prozent unzufrieden. Am besten wird der Buchungsvorgang per App bewertet (82 Prozent zufrieden, 17 Prozent unzufrieden), dahinter folgen die Vielfalt des Angebots (69 Prozent zufrieden, 29 Prozent unzufrieden), die Verfügbarkeit in der Nähe (59 Prozent zufrieden, 36 Prozent unzufrieden) sowie der Zustand der Fahrzeuge (57 Prozent zufrieden, 39 Prozent unzufrieden). Kritischer bewertet werden die Kostentransparenz (46 Prozent zufrieden, 51 Prozent unzufrieden), der Preis (46 Prozent zufrieden, 52 Prozent unzufrieden) und die Informationen zum Fahrzeug wie Ladezustand oder Vorschäden (46 Prozent zufrieden, 51 Prozent unzufrieden). „Sharing-Dienste haben verglichen mit anderen Mobilitätsangeboten eine außergewöhnlich hohe Zufriedenheit der Nutzerinnen und Nutzer. Die konsequente Nutzung digitaler Technologien, etwa der Buchungsprozess per Smartphone und der einfache Bezahlvorgang spielen dabei eine wichtige Rolle“, so Rohleder.
Bereitschaft zur Nutzung autonomer Verkehrsmittel steigt – aber Zweifel an zeitnahen Angeboten auf der Straße
Mobilitätsangebote könnten sich durch Technologien zum autonomen Fahren künftig stark verändern. In der Bevölkerung gibt es eine große und stetig steigende Bereitschaft, autonom fahrende Verkehrsmittel zu nutzen. So würden 71 Prozent in ein autonomes Taxi steigen (2019: 48 Prozent), 68 Prozent in eine fahrerlose U- oder S-Bahn (2019: 63 Prozent) sowie 67 Prozent in einen autonomen Bus (2019: 38 Prozent) und 66 Prozent in einen autonomen Mini- oder Shuttle-Bus. In einen autonom fahrenden privaten Pkw würden sich 63 Prozent setzen (2019: 47 Prozent), 54 Prozent in einen fahrerlosen Regional- oder Fernzug (2019: 54 Prozent), 42 Prozent in ein autonomes Schiff (erstmals abgefragt) und 35 Prozent in ein autonomes Flugzeug (2019: 12 Prozent). „In vielen Bereichen ist die Technologie längst so weit, dass die Fahrzeuge autonom fahren bzw. fliegen könnten – viele Fahrgäste wären auch bereit, solche Angebote zu nutzen“, so Rohleder.
Allerdings gibt es erhebliche Zweifel, dass entsprechende Angebote in Deutschland zeitnah genutzt werden können. So gibt es seit 1. Juli zwar einen rechtlichen Rahmen, der autonom fahrende Mini-Busse und Taxis auf regulären Straßen zulässt. Allerdings glaubt niemand, ein solches Angebot in den kommenden Monaten nutzen zu können, nur 3 Prozent rechnen damit in ein bis zwei Jahren und 9 Prozent in fünf Jahren. Dagegen glauben 26 Prozent, dass bis dahin noch zehn Jahre vergehen – und rund die Hälfte (46 Prozent) erwartet nicht einmal in mehr als 10 Jahren ein solches Angebot. „Deutschland ist, was den Rechtsrahmen für das autonome Fahren angeht, ein europäischer und weltweiter Vorreiter. Jetzt muss es darum gehen, entsprechende Angebote auch wirklich auf die Straße zu bekommen. Das kann durch bestehende ÖPNV-Anbieter passieren, aber auch durch neue Anbieter, die sich auf autonomes Fahren spezialisieren“, so Rohleder. „Wichtig ist, länderübergreifende und einheitliche Verfahren für die Genehmigung beim vernetzten und autonomen Fahren zu schaffen und Städte und Kommunen bei der Umsetzung der Mobilitätswende nicht allein zu lassen.“
Menschen wünschen sich mehr digitale Technologien im Verkehr
An die Politik richten die Bürgerinnen und Bürgern den Appell, mehr digitale Technologien zur Verbesserung der Mobilitätsangebote einzusetzen. 9 von 10 (87 Prozent) wünschen sich, dass Kommunen, Länder und Bund deutlich mehr Geld in digitale Verkehrsinfrastruktur wie intelligente Ampeln oder Verkehrszeichen investieren. Und jeweils drei Viertel erwarten eine finanzielle Unterstützung neuer Mobilitätsangebote durch Kommunen und Länder (75 Prozent) sowie mehr zentrale Anlaufstellen für Sharing-Angebote an ÖPNV-Haltepunkten (73 Prozent). 6 von 10 (56 Prozent) wünschen sich den Einsatz digitaler Technologien für einen attraktiveren Fahrradverkehr, etwa indem Ampeln für Fahrradfahrer bevorzugt auf grün geschaltet werden, wenn es ein hohes Radverkehrsaufkommen gibt oder es regnet. „Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag ausdrücklich zur Förderung digitaler und innovativer Mobilitätsangebote verpflichtet und damit offenbar den Nerv der Menschen getroffen. Nun gilt es, diese Ankündigung auch umzusetzen und neue Mobilitätslösungen sowie die Digitalisierung der Verkehrsinfrastruktur mit konkreten Vorhaben zu fördern. Hier ist nach fast einem Jahr Ampel noch Luft nach oben“, sagt Rohleder.
* Prozentangaben bezogen auf Befragte, die das jeweilige Mobilitätsangebot nutzen.
Verzögerung bei Schienenprojekten
Die Bundesregierung tut deutlich zu wenig, um die versprochenen Baumaßnahmen für einen besseren Schienenverkehr bis 2030 umzusetzen. Das zeigen Berechnungen der Allianz pro Schiene. Grundlage sind aktuelle Daten aus dem Haushaltsausschuss des Bundestages. Bliebe es bei der derzeitigen Höhe an jährlichen Investitionen, würde es noch fast 50 Jahre dauern, um die vordringlichen Projekte aus dem Bundesverkehrswegeplan zu realisieren.
„Das Ergebnis unserer Berechnungen ist erschütternd. Bleibt es bei der Unterfinanzierung, wären die letzten vom Bund priorisierten Schienenstrecken erst 2071 fertig und nicht wie vorgesehen 2030“, sagt Allianz pro Schiene-Geschäftsführer Dirk Flege.
Die Berechnungen der Allianz pro Schiene zeigen, dass die Bundesregierung ihre jährlichen Investitionen in die Schiene theoretisch versechsfachen müsste, um bis 2030 die als „vordringlicher Bedarf“ eingestuften Schienen-Maßnahmen aus dem Bundesverkehrswegeplan zu erreichen. Demnach müssten jedes Jahr 12,2 Milliarden Euro in die Schieneninfrastruktur investiert werden, wollte man das Zieljahr 2030 noch erreichen. Die massiven Baukostensteigerungen des vergangenen Jahres sind darin noch nicht einmal berücksichtigt.
Um für die Bahnkundinnen und Bahnkunden rasch spürbare Erfolge beim Ausbau des Schienennetzes zu erreichen, fordert die Allianz pro Schiene schon lange, die Mittel für Aus- und Neubaumaßnahmen von bisher zwei Milliarden Euro auf vier Milliarden Euro pro Jahr zu verdoppeln.
Vor dem Hintergrund zahlreicher ebenfalls nicht finanzierter Fernstraßenprojekte fordert Geschäftsführer Dirk Flege klare Priorität für den Schienenausbau:
„Es ist Zeit für einen Neustart. Der Etat für den Neu- und Ausbau der Schieneninfrastruktur muss jetzt massiv aufgestockt werden. Ob der Bund dann noch Geld für neue Autobahnen ausgeben sollte, ist nicht nur klima- und energiepolitisch, sondern zunehmend auch haushaltspolitisch höchst fragwürdig. Eine kluge Maßnahme wäre es, die Ankündigung des Koalitionsvertrages rasch umzusetzen, Einnahmen aus der Lkw-Maut künftig auch wieder für den Ausbau von Alternativen zum Straßenverkehr einzusetzen. Damit stünden zusätzliche Mittel für umweltfreundliche Mobilität zur Verfügung. Im Koalitionsvertrag heißt es schließlich, dass der Bund erheblich mehr Geld in die Schiene als in die Straße investieren will.“
Der Bundesverkehrswegeplan stellt laut Bundesverkehrsministerium das wichtigste Instrument der Verkehrsinfrastrukturplanung des Bundes dar. Er beinhaltet gleichermaßen die Investitionen in Bestandsnetze von Straße, Schiene und Wasserstraße wie auch den Aus- und Neubau der Infrastruktur. Für die Schiene ist es das erklärte Ziel, mit den geplanten Investitionen bis 2030 deutlich mehr Kapazitäten im Personen- und Güterverkehr zu schaffen.
Quelle: Allianz pro Schiene
Lublin erhält ersten Solaris-Wasserstoffbus
Solaris Bus & Coach und die Verkehrsbehörde Zarząd Transportu Miejskiego (ZTM) in Lublin haben einen Vertrag über den Kauf und die Lieferung eines Wasserstoffbusses Urbino 12 hydrogen unterschrieben. Nach der Auslieferung des Busses wird Lublin die zweite Stadt in Polen nach Konin sein, die Wasserstofflösungen in ihrer Flotte anwendet. Der Urbino 12 hydrogen ist ein Fahrzeug, das mit modernen wasserstoffbasierten Lösungen ausgestattet ist. Gemäß dem Vertrag soll die Bestellung im September nächsten Jahres abgewickelt werden. Miejskie Przedsiębiorstwo Komunikacyjne (MPK) Lublin ist das Verkehrsunternehmen, das öffentliche Verkehrsdienste unter Einsatz des Wasserstoffbusses anbieten wird.
Wasserstoffbusse zeichnen sich laut Solaris durch eine kurze Tankdauer und eine sehr hohe Reichweite, auch bei ungünstigen Wetterverhältnissen. Wasserstoff ist auch ein sauberer Energieträger. Die einzigen Nebenprodukte der chemischen Reaktion in der Wasserstoff-Brennstoffzelle sind Wärme und Wasserdampf. Der Brennstoff wird gasförmig in den auf dem Dach platzierten Tanks gespeichert. Der georderte Bus wird auch über einen Energiespeicher verfügen, d. h. eine Batterie, die neben der Möglichkeit der Ladung aus der Brennstoffzelle auch über ein externes mobiles Ladegerät geladen werden kann, das Bestandteil des Vertrags und der Busausstattung ist.
Der Wasserstoffbus für Lublin bietet Platz für 85 Fahrgäste, darunter für 29 auf Sitzplätzen. Er wird mit zahlreichen Lösungen zur Verbesserung des Komforts der Fahrgäste und des Fahrpersonals ausgestattet. Darunter sind u. a. folgende zu erwähnen: ein Fahrgastzählsystem, eine Videoüberwachungsanlage, ein Fahrkartenautomat, das bargeldlose Zahlungen annimmt, ein Luftentkeimungssystem für den Businnenraum und USB-Ladebuchsen für Passagiere.
Quelle: Solaris Bus & Coach
VRS-Gutachten beschreibt alternative Finanzierungsmodelle
Der Betrieb des ÖPNV in der Region kostet viel Geld. Dazu zählen nicht nur Finanzmittel für Personal, Fahrzeuge und Energie, sondern etwa auch Investitionen in zukunftsfähige Technologien. Hinzu kommen die Kosten für den dringend benötigten Ausbau des ÖPNV-Angebots. „Bis 2030 wollen wir das Angebot im ÖPNV um mindestens 60 Prozent erhöhen.“ So lautet das Ziel von CDU und Grünen NRW, definiert in ihrem Koalitionsvertrag 2022.
Der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) hat die mobilité Unternehmensberatung mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt, um zu klären, wie groß der Finanzbedarf für den Betrieb eines erweiterten ÖPNV-Angebotes im VRS-Gebiet ist. Für ihr Gutachten sind die mobilité-Experten von verschiedenen Szenarien ausgegangen und haben für jedes separat den entsprechenden Finanzierungsbedarf ermittelt. Das zentrale Szenario bildet einen Ausbau um etwa 60 Prozent analog der Ziele der Politik ab.
Dabei sollte ein realisierbarerer Ausbau unterstellt werden, hierfür wurde ein Benchmark der Angebotsqualität (Taktdichte) in Relation zu den zehn Prozent der besten Städten und Kreisen Deutschlands aufgesetzt. Ebenso wurden Kennzahlen aus Nachfrage, Angebots- und Finanzdaten im VRS verwendet.
Zudem waren die Expertinnen und Experten beauftragt, Möglichkeiten für alternative Finanzierungsmodelle aufzuzeigen, inkl. einer ersten Prognose zu möglichen Einnahmen. Am 30.9. wurden die Ergebnisse des Gutachtens den Mitgliedern der VRS-Verbandsversammlung vorgestellt.
Aus einer Vielzahl von Ansätzen zur Nutznießerfinanzierung (3. Säule) wurde dann im Rahmen einer umfassenden juristischen und ökonomischen Bewertung eine „Shortlist“ von sechs Instrumenten, die die beiden aktuell bestehenden Finanzierungssäulen für den ÖPNV – Ticketerlöse und Mittel der öffentlichen Hand – ergänzen könnten, identifiziert:
• Maut: Denkbar wären hier verschiedene Varianten, etwa eine City-Maut oder eine Vignette. Durch eine Maut ließen sich nach erster Schätzung ca. 40 Millionen Euro pro Jahr einnehmen.
• Parkraumbewirtschaftung: Die Erhöhung von Parkgebühren und Einnahmen durch Anwohnendenparken würden schätzungsweise mindestens 20 Millionen Euro im Jahr einbringen.
• ÖPNV-Grundbeitrag: Eine pauschale Abgabe in Höhe von durchschnittlich 10 Euro pro Monat, erhoben von zahlungspflichtigen Einwohnern des VRS-Gebiets (volljährige Personen inkl. Ausnahmen für bestimme soziale Gruppen), hätte ein jährliches Finanzierungspotenzial (Erlös minus entstehende Kosten, um die Maßnahme umsetzen zu können) von 200 Millionen Euro.
• Bürgerticket: Würden alle zahlungspflichtigen Einwohner des VRS-Gebiets 30 Euro monatlich für ein Bürgerticket zahlen, kämen jährlich 80 Millionen zusammen.
• Kfz-Abgabe: Falls alle Kfz-Halter im VRS-Gebiet jährlich 60 Euro bezahlten, läge das Finanzierungspotenzial einer Kfz-Angabe bei 115 Millionen Euro jährlich.
• Grundsteuer: Durch eine Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B um 10 Prozent kämen 45 Millionen Euro jährlich zusammen.
Das Gesamtfinanzierungspotenzial der aufgezeigten Ideen läge bei 500 Millionen Euro im Jahr. Um für alle Städte und Gemeinden im VRS-Gebiet das Koalitionsziel von 60% mehr ÖPNV-Angebot zu realisieren, müssten für das VRS-Gebiet jährlich mindestens 870 Millionen Euro aufgewendet werden. Dies unter der Prämisse, dass bei der nötigen Angebotssteigerung auch die Nachfrage signifikant steigt. Das macht einen Mehrbedarf an Finanzmitteln von mindestens 300 Millionen Euro jährlich gegenüber dem Status quo. Durch die aktuell hohen Kostensteigerungen (Personal, Energie etc.) sowie die vorgeschriebenen Investitionen in alternative Antriebe steigt dieser Mehrbedarf in den nächsten Jahren voraussichtlich auf bis zu 500 Millionen jährlich.
Jetzt ist die Politik gefragt
„Das Gutachten beziffert passgenau zu den Zielen des Koalitionsvertrages für die Verkehrswende in NRW die notwendigen Aufwände zum ÖPNV-Ausbau für den VRS“, fasst Michael Vogel, Geschäftsführer des VRS, zusammen. „Es belegt schwarz auf weiß die großen Potenziale weiterer Finanzierungsansätze. Neben Nutzern und öffentlicher Hand sollten die Nutznießer stärker in die Verantwortung genommen werden. Wir freuen uns, der Politik mit diesem Gutachten hierzu eine fundierte Grundlage an die Hand geben zu können.“
mobilité-Direktor Dr. Hendrik Koch ergänzt: „Das Finanzierungsgutachten für den VRS ist ein sehr spannendes und zukunftsweisendes Projekt für nachhaltige Mobilität im Rheinland. Wir sind glücklich, Impulse und Potenziale für eine mögliche Finanzierung des notwendigen ÖPNV-Ausbaus in der Region aufzuzeigen. Nun sind wir gespannt auf den entstehenden Diskurs und nächste Schritte auf Ebene der politischen Entscheider.“
Bernd Kolvenbach, Vorsitzender der VRS-Verbandsversammlung, stellt klar: „Das bisherige Finanzierungssystem hat seine Grenzen längst erreicht. Weder können die Kommunen einen noch größeren Beitrag leisten, noch wollen wir den Fahrgästen eine immer größere Belastung aufbürden. Doch der ÖPNV braucht dringend zusätzliche finanzielle Mittel, um leistungsfähig ausgebaut zu werden und so seiner großen Bedeutung für die Mobilitätswende und den Klimaschutz gerecht werden zu können. Ich bedanke mich daher sehr für die Denkanstöße und werde diese – ebenso wie meine Kolleginnen und Kollegen – in den Austausch mit der Landes- und Bundespolitik mitnehmen.“
Quelle: Verkehrsverbund Rhein-Sieg