ÖPNV-Betriebsräte wenden sich an Bundestagsabgeordnete

Betriebs- und Personalratsvorsitzende aus 193 privaten und öffentlichen ÖPNV-Unternehmen haben sich in einem offenen Brief an ihre Bundestagsabgeordneten im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur des deutschen Bundestages gewandt. Sie fordern eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG).
Hintergrund ist, dass eine Kommune durch europäisches Recht zwar die Wahl hat, den Nahverkehr entweder auszuschreiben oder direkt an ein eigenes Unternehmen zu vergeben. Sie kann dazu Vorgaben zur Qualität und zu sozialen Bedingungen für die Beschäftigten machen, dazu gehört auch die Übernahme der Beschäftigten. Die meisten Bundesländer haben zudem repräsentative Tarifverträge für den ÖPNV in Tariftreuegesetzen bestimmt. Doch mit dem im deutschen Personenbeförderungsgesetz (PBefG) festgelegten „Vorrang eigenwirtschaftlicher Anträge“ wird das Vergabeverfahren abgebrochen und alle Vorgaben zum Arbeitnehmerschutz werden unwirksam.
„Tarifgebundene private und kommunale Unternehmen haben keine Chance, mit eigenwirtschaftlichen Anträgen zu konkurrieren. Dieser ungleiche Wettbewerb findet ausschließlich über Sozialdumping statt. Wir befürchten eine Welle der Tarifflucht und eine massive Unterhöhlung des bisherigen Tarifgefüges. Dieses Ungleichgewicht widerspricht den Grundsätzen einer sozialen Marktwirtschaft“, so die Arbeitnehmervertreter in ihrem Schreiben.
Die Arbeitnehmervertreter weisen darauf hin, dass in den kommenden drei Jahren die überwiegende Mehrzahl aller Neuvergaben im öffentlichen Nahverkehr ansteht, daher müsse sofort gehandelt werden. „Wir bitten Sie im Namen der 130.000 Beschäftigten im öffentlichen Nahverkehr und ihrer Familien dringend um Unterstützung. Bitte wirken Sie in Ihren Gremien auf eine schnelle Änderung des Personenbeförderungsgesetzes hin“, adressieren sie an die Abgeordneten.
Die Betriebs- und Personalräte und ihre Gewerkschaft ver.di fordern die Streichung des Vorrangs eigenwirtschaftlicher Verkehre, zumindest jedoch eine Klarstellung im Personenbeförderungsgesetz, dass auch eigenwirtschaftliche Antragsteller die kommunalen Vorgaben zu sozialen Standards und Beschäftigtenübernahmen sowie der Tariftreuegesetze einhalten müssen. Außerdem müsse in Ausschreibungsverfahren die Übernahme der Beschäftigten bei einem Betreiberwechsel auch im ÖPNV verbindlich vorgeschrieben werden.

Go-Ahead und die Agentur für Arbeit intensivieren ihre Zusammenarbeit

Mit der neu getroffenen Kooperationsvereinbarung intensivieren und festigen die Go-Ahead Verkehrsgesellschaft Deutschland GmbH und die Regionaldirektion Baden-Württemberg der Bundesagentur für Arbeit ihre Zusammenarbeit.
Go-Ahead wird ab 2019 das Stuttgarter Netz auf den Linien Karlsruhe-Stuttgart-Aalen, Würzburg-Stuttgart und Crailsheim-Stuttgart-Ulm befahren und sucht hierzu nicht nur ausgebildete Triebfahrzeugführerinnen und -führer, sondern bietet auch Weiterbildungsbildungsplätze an. Der Personalbedarf erstreckt sich über ganz Baden-Württemberg, so dass im gesamten Bundesland geeignete Kandidaten gesucht werden. Die Kooperationsvereinbarung bietet daher eine zentrale Anlaufstelle für alle Arbeitsagenturen in Baden-Württemberg und dient als Basis für alle zukünftigen Interaktionen wie beispielsweise die Durchführung eines Bewerbertages. Der Pilottermin wurde Anfang Oktober sehr erfolgreich in Stuttgart durchgeführt und soll nun in den kommenden Monaten auf weitere Städte ausgeweitet werden. Um geeignete Kandidaten zu finden, stellt das Unternehmen bei der mehrstündigen Veranstaltung den Beruf des Triebfahrzeugführers vor. Nach einem Test der Teilnehmer folgen Gespräche mit geeigneten Kandidaten, um Plätze in den ab November startenden  Ausbildungskursen zu besetzen.

Rückforderung von EU-Fördermitteln

Auch ein Verstoß gegen nationales Vergaberecht kann dazu führen, dass EU-Fördermittel zurückzuzahlen sind (EuGH, 26.05.2016, C-260/14 und C-261/14).

Vergabe von Unterschwellenaufträgen

Das zuständige Ministerium gewährte den Fördermittelempfängern EU-Zuschüsse zur Modernisierung eines Schulzentrums. Nach dem Finanzierungsvertrag bestand keine ausdrückliche Pflicht für die Empfänger, das Vergaberecht anzuwenden. Sie vergaben nach Erhalt der EU-Mittel öffentliche Aufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte.

Verstöße gegen nationales Vergaberecht

Bei der Auftragsvergabe verstießen sie nach Ansicht des Ministeriums gegen nationales Vergaberecht. Das Ministerium verpflichtete die Empfänger, die EU-Zuschüsse teilweise zurückzuzahlen. Das mit dem Streit befasste nationale Gericht legte dem EuGH die Frage vor, wann eine Unregelmäßigkeit anzunehmen sei, die zur Rückforderung von EU-Fördermitteln berechtige.

Beeinträchtigung der finanziellen Interessen der EU entscheidend

Der EuGH entschied, dass der Verstoß gegen nationale Vergabevorschriften zur Rückforderung durch die zuständigen Behörden berechtige. Entscheidend sei, dass die nationalen Rechtsvorschriften dazu beitragen, die finanziellen Interessen der Europäischen Union zu schützen.
Den Volltext zum Urteil finden Sie hier.
Autoren: Dr. Ute Jasper, Leiterin der Praxisgruppe „Öffentlicher Sektor und Vergabe“ und Reinhard Böhle von der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek

Vergaberecht bewusst umgangen: Vertrag nichtig

Schließt ein öffentlicher Auftraggeber mit einem Unternehmen einen Vertrag und missachten die Parteien dabei bewusst die Vergabevorschriften, nach denen der Auftrag zwingend im Wettbewerb auszuschreiben wäre, ist der Vertrag nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig (OLG Saarbrücken, 17.08.2016, 1 U 159/14).

Kenntnis des Vertreters wird zugerechnet

Sowohl der öffentliche Auftraggeber als auch der Auftragnehmer müssen sich grundsätzlich zurechnen lassen, wenn ihre Vertreter den Verstoß gegen Vergabevorschriften kennen.

Sittenwidriger Vertrag unabhängig von Vergabevorschriften von Anfang an unwirksam

Der Nichtigkeit des Vertrages steht nicht entgegen, dass nach den Vergabevorschriften (§ 101 b Abs. 2 GWB a. F.; § 135 GWB n. F.) ein Vertrag nur dann von Anfang an unwirksam ist, wenn dies innerhalb einer bestimmten Frist, längstens sechs Monate nach Vertragsschluss, in einem Nachprüfungsverfahren geltend gemacht wird. Denn die Sittenwidrigkeit eines auf einer unzulässigen De-Facto-Vergabe beruhenden Vertrages setzt weitere besondere Umstände (hier: bewusstes und gewolltes Zusammenwirken der Parteien) voraus, die von den Vergabevorschriften nicht erfasst sind.

Neues Vergaberecht: gleiche Rechtsfolge

Da sich die Stittenwidrigkeit und Nichtigkeit aus dem Zivilrecht ergibt, gilt sie auch für Verträge nach neuem Vergaberecht.
Den Volltext zum Urteil finden Sie hier.
Autoren: Dr. Ute Jasper, Leiterin der Praxisgruppe „Öffentlicher Sektor und Vergabe“ und Susanne C. Monsig, Sozietät Heuking Kühn Lüer” Wojtek

BVG erhält CSR-Label

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) sind in Paris erneut mit dem CSR-Label des europäischen Spitzenverbandes CEEP (European Centre of Employers and Enterprises providing Public Services) ausgezeichnet worden. Der Branchenzusammenschluss der öffentlichen Unternehmen bescheinigt damit bereits zum zweiten Mal nach 2014, dass die BVG in Sachen Nachhaltigkeit vorbildlich denkt, plant und handelt. CSR steht für Corporate Social Responsibility („unternehmerische Gesellschaftsverantwortung“) und bezeichnet ein Engagement der Wirtschaft im Bereich Nachhaltigkeit, das über die gesetzlichen Vorgaben hinausgeht.
Die BVG überzeugte insbesondere mit ihrem wachsenden Angebot im Bereich Elektromobilität. Zwei Drittel der jährlich rund eine Milliarde Fahrgäste der BVG sind bereits elektromobil und klimaneutral mit U-Bahnen, Straßenbahnen, E-Bussen und Solarfähren in Berlin unterwegs. Mit dem Modellprojekt E-Bus Berlin, aber auch mit der Umstellung der unternehmenseigenen Pkw-Flotte auf E-Autos, wird die BVG weiter ihrer Vorbildfunktion für klimaneutrale Mobilität in der Metropole Berlin gerecht.

bdo erteilt allen Forderungen nach Öffnung des PBefG eine Absage

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) hat allen Forderungen nach Änderungen oder Öffnung des Personenbeförderungsgesetzes eine Absage erteilt. „Das PBefG ist gut wie es ist. Richtig angewandt sorgt es für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen kommunalen und privaten Unternehmen“, sagte Christiane Leonard, Hauptgeschäftsführerin des bdo, auf dem bdo-EXPERTEN-FORUM ÖPNV am Montag in Berlin.
Die Anwendung des Gesetzes sorgt für Kontroversen zwischen den kommunalen und privaten Unternehmen. So hat die Welle der Direktvergaben an kommunale Unternehmen aus Sicht des bdo zu einer erheblichen Störung des Gleichgewichts geführt. Deshalb appelliert der bdo gemeinsam mit den vier großen bundesweit tätigen Busbetreibern an die Politik, Kommunalisierungs-Tendenzen im ÖPNV zu stoppen und die Soziale Marktwirtschaft zu erhalten.

Modernisierung der Wiener Busflotte

Die Erneuerung der Busflotte der Wiener Linien geht in die 2. Runde: Bis zu 53 Normalbusse, 84 Gelenkbusse und 62 XL-Gelenkbusse (20m) mit rund 20 Prozent mehr Platz ersetzen ab 2017 sukzessive die älteren Busmodelle. Nach einer europaweiten Ausschreibung erhielt Mercedes nun den Zuschlag zur zweiten Phase der Buserneuerung, die bis 2019 abgeschlossen sein wird.
In einem ersten Schritt wurde bis 2016 bereits die Hälfte der rund 450 Busse starken Fuhrparks modernisiert. Der jährliche Energiebedarf konnte durch die rund 240 neuen Busse der ersten Phase bereits um ein Fünftel reduziert werden. Im Vergleich zu 2012 bedeutet das eine Einsparung von rund 40 Gigawattstunden. Umweltfreundlichkeit, niedrigste Emissionswerte, die deutliche Unterschreitung der Euro-6-Norm, Wirtschaftlichkeit und ein hoher Fahrgastkomfort waren die wesentlichen Punkte bei der Zuschlagserteilung. Als erste Linie wird der 11A auf die extralangen 20-Meter-Busse umgestellt. In weiterer Folge sorgen die XL-Gelenkbusse unter anderem auf den Linien 26A und 48A für zusätzliche Kapazität.
Alle Busse erfüllen die geltende EURO-6-Abgasnorm, die die Emissionen der Fahrzeuge auf ein Minimum reduziert. Die neuen Busse verfügen wie ihre Vorgänger über ein Fahrgastinformationssystem, Videoüberwachung und Klimaanlage. Durch Außenschwenk-Schiebetüren vergrößert sich der Ein- und Ausstiegsbereich im Bus und erhöht damit den Fahrgastkomfort. Mit moderner LED-Beleuchtung ist der Bus-Innenraum hell und freundlich gestaltet. Geringe Stufen bzw. Niveauunterschiede und breite Durchgänge sorgen für Barrierefreiheit.

DB: Startschuss für stärkere Startup-Förderung

Nach der Eintragung in das Handelsregister Berlin nimmt heute die Deutsche Bahn Digital Ventures GmbH ihre Geschäftstätigkeit auf. Die Gesellschaft ist zu 100 Prozent im Besitz der DB AG.
Neue datenbasierte Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen, ist ein Kernanliegen des DB-Konzerns, um die Chancen der Digitalisierung zu nutzen – auch abseits des Kerngeschäfts, der Eisenbahn. Dafür schafft die Deutsche Bahn Digital Ventures GmbH die Voraussetzungen. Mit ihr sollen Startup-Kooperationen intensiviert und Unternehmensbeteiligungen vereinfacht werden. Dafür ist in den nächsten zwei Jahren (2017/2018) Wagniskapital in Höhe von rund 50 Millionen Euro veranschlagt.
Beabsichtigt ist zudem, den Gründergeist innerhalb der DB gezielter zu fördern und das sogenannte Intrapreneurship zu unterstützen. Das heißt: Mitarbeiter der Deutschen Bahn könnten künftig über die Digital Ventures-Gesellschaft die Möglichkeit erhalten, ihre eigenen Geschäftsideen unter idealen Rahmenbedingungen als eigene Startup-Gründer zu verwirklichen.

Bedarfsverkehre in deutschlandweiter DB-App buchbar

Die Unternehmen DB Regio AG und ESM GmbH haben in Zusammenarbeit mit der Kommunalen Verkehrsgesellschaft Lippe (KVG) mbH ein Pilotprojekt zum Buchen der bedarfsgesteuerten Verkehre aus der Wohin·Du·Willst App realisiert. Seit 2016 bietet die DB Regio AG Sparte Bus mit der kostenlosen App Wohin·Du·Willst für iOS und Android Endgeräte eine Beauskunftung sämtlicher Verkehrsverbindungen für ganz Deutschland – vom klassischen Linienverkehr über Züge bis hin zu Anrufsammeltaxen und Rufbussen.
Im Kreis Lippe arbeitet die KVG bereits seit vielen Jahren mit dem Bedarfsverkehrssystem AnSaT® der Firma ESM. Auf dieser Grundlage wurde eine Schnittstelle zwischen der Wohin·Du·Willst App und dem AnSaT®-System entwickelt, die es den Nutzern jetzt ermöglicht, die Bestellung der bedarfsgesteuerten Verkehre direkt über einen Buchen-Button in der App durchzuführen. Hierzu wählt der Fahrgast entsprechend seiner Verbindungsanfrage eine der gefundenen Fahrten aus. Sobald diese eine nachfrageorientierte Angebotsform enthält, wird neben einer Information zur telefonischen Anmeldung die Option "Jetzt Buchen" angezeigt. Der gesamte Buchungsvorgang erfordert keine separate Registrierung. Der Fahrgast muss lediglich Vor- und Nachname sowie Telefonnummer angeben. Nach abschließender Bestätigung der gewünschten Fahrt durch den Fahrgast wird diese automatisch in AnSaT® als Hintergrundsystem eingebucht. Der gewohnte Bearbeitungsprozess der bedarfsgesteuerten Verkehre bleibt dabei unverändert. Dem Nutzer der App steht damit der spezielle Service einer 24-stündigen Buchbarkeit zur Verfügung. Eine Stornierung der gebuchten Fahrt kann ebenfalls direkt durch den Fahrgast vorgenommen werden.