Finanzierung des ÖPNV in Wien

Zwischen der Stadt Wien und den Wiener Linien wurde 2017 ein ÖPNV-Vertrag abgeschlossen, der den rechtlichen Rahmen für die Finanzierung und Sicherstellung eines qualitativ hochwertigen öffentlichen Personenverkehrs in Wien bietet. Die Erfüllung der Anforderungen an die Qualität des Öffi-Angebots ist untrennbar verbunden mit der Lebensqualität der Großstadt Wien und den Vorgaben der Stadt zur Erreichung der festgeschriebenen Klimaziele. Umso wichtiger ist dieses bestehende Kommitment beider Vertragsparteien – trotz stark veränderten Umfeldbedingungen – bestmögliche Rege-lungen und Modalitäten zur Anpassung der erforderlichen Finanzbudgets periodisch zu diskutieren, weiterzuentwickeln und Lösungen für die gemeinsame Zielerreichung zu finden.

Die Ausgangslage in Wien

Studien von Mercer und The Economist attestieren Wien regelmäßig Spitzenpositionen im Ranking der lebenswertesten Städte, auch 2023 wird die österreichische Bundeshauptstadt in beiden Ranglisten als lebenswerteste Stadt der Welt geführt (The Economist, 2023; Mercer, 2023). Ein wesentliches Bewertungskriterium für die hohe Lebensqualität einer Stadt ist das vorhandene Infrastrukturangebot, insbesondere jenes des öffentlichen Personennahverkehrs. In Wien werden rund ein Drittel der Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt, es ist die Landeshauptstadt mit der geringsten PKW-Dichte Österreichs (Landesstatistik Wien (MA23), 2023). Einer der Erfolgsfaktoren für diese hohe Akzeptanz in Wien ist der Vorteil, dass die Wiener Linien als integrierter Gesamtanbieter des ÖPNV-Angebots auftreten und alles aus einer Hand liefern können.  Das Netz der Wiener Linien – das größte regionale Verkehrsnetz Österreichs – umfasst rd. 83 Kilometer U-Bahn- und 880 Kilometer Buslinien, sowie mit rd. 171 Kilometern das sechstgrößte Straßenbahnnetz der Welt (Wiener Linien, 2023).
Ein zuverlässiger Betrieb sowie die kontinuierliche Erhaltung und Erweiterung der Infrastruktur erfordern nachhaltiges Wirtschaften und ein klar definiertes Finanzierungskonzept.

Das Finanzierungsmodell

Die Grundlage dafür bildet der mit 01.01.2017 in seiner aktuellen Fassung in Kraft getretene und für 15 Jahre gültige Finanzierungsvertrag (ÖPNV-Vertrag). Er definiert die Aufgaben und Leistungen der Wiener Linien, sowie die dafür notwendigen Zahlungen durch die Stadt Wien. Darüber hinaus garantiert er eine laufende, wechselseitige und enge Abstimmung der beiden Vertragspartner und -partnerinnen. Der Vertrag unterscheidet drei „Basis-Finanz-Töpfe“ ergänzt um ein Anreizsystem und zusätzliche Finanzierungsquellen:

Betriebskostenzuschuss

Der Kostendeckungsgrad der Wiener Linien liegt derzeit bei über 60 %, unterliegt jedoch Schwankungen in Abhängigkeit von der Höhe der Tarifeinnahmen und Kostenentwicklungen. Für den Fehlbetrag zur Deckung der laufenden Kosten (Material-, Personal- und Sachaufwendungen) ist ein vertraglicher Richtwert definiert, der tatsächliche jährliche Ausgleichsbetrag wird im Detail verhandelt. Zur Wahrung der Konformität mit EU-Recht wird im Rahmen einer Ex-ante-/Ex-post-Rechnung eine etwaige Überfinanzierung festgestellt und nicht verwendete Zuschüsse entsprechend rückgeführt.

Investitionskostenzuschuss

Für Investitionen in Erweiterung sowie Erhalt der Infrastruktur inkl. Fahrbetriebsmittel ist ein jährlicher Investitionskostenzuschuss vertraglich vereinbart. Dessen Höhe wurde für das Jahr 2017 betraglich festgelegt und unterliegt einem jährlichen Indexierungsautomatismus.

Zuschuss für U-Bahn-Schienenverbundprojekte

Große Neubauprojekte im Bereich der U-Bahn erfordern zusätzliche Finanzmittel. Für diese Investitionen existieren zusätzliche Vereinbarungen mit dem Bund gemäß Art. 15a B-VG, welche eine Kostenteilung jeweils zur Hälfte zwischen Land Wien und Republik Österreich vorsehen und eines National-ratsbeschlusses bedürfen. Erst im Dezember 2022 konnte die Finanzierung einer Erweiterung – das Jahrhundertprojekt Linienkreuz U2/U5 – mit einem Volumen von rund 5,7 Milli-arden Euro (inkl. 2,5% Vorausvalorisierung) fixiert werden.
Die beschriebenen Zuschüsse werden jährlich zwischen der Magistratsabteilung 5 der Stadt Wien (Finanzwesen) und den Wiener Linien verhandelt. Dabei wird ein Planungshorizont von sechs Jahren betrachtet, um größtmögliche Kontinuität und Stabilität für Budget- sowie Infrastrukturplanungen zu ermöglichen.

Anreizsystem und weitere Finanzierungsquellen

Zur Messung der vertraglichen Leistungserfüllung wurde, neben zu erbringenden Angebots-Plätzen und -Kilometern, ein zusätzliches Anreizsystem geschaffen. Basierend auf neun Qualitätskriterien wird die Erbringung der Verkehrsdienstleistungen jährlich evaluiert und eine Über-/Untererfüllung im Sinne eines Zu- bzw. Abschlags-Systems zur Zuschusszahlung honoriert.
Zur Erweiterung der budgetären Basis versuchen die Wiener Linien alle Fördermöglichkeiten auf nationaler sowie europäischer Ebene zu nutzen. Zusätzlich finden inno-vative Finanzierungsformen, wie etwa öffentlich-private Partnerschaften im Bereich der Shared Mobility bzw. bei ergänzenden Mobliltätsangeboten, Anwendung. Hier leisten Bauträger und Bauträgerinnen einen Kostenbeitrag für Errichtung und Betrieb von integrierten Mobilitätsstationen, die von den Wiener Linien betrieben werden.

Den kompletten Artikel lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 2-2024.

Print Friendly, PDF & Email

Comments are closed.