Mobilität als gesellschaftliche Aufgabe der Daseinsvorsorge

Interview mit Prof. Angela Francke, Uni Kassel, Fachgebiet Radverkehr und Nahmobilität

Nahverkehrs-praxis: Frau Prof. Francke, seit 2021 sind Sie Leiterin des Fachgebiets Radverkehr und Nahmobilität der Uni Kassel. Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich dort im Einzelnen?

Francke: Mit meinem Lehrstuhl für Radverkehr und Nahmobilität möchte ich neue Schwerpunkte in Lehre und Forschung zum Radverkehr setzen. Mir ist dabei die Förderung der nachhaltigen Mobilität insgesamt wichtig, geleitet von der Frage, wie das Fahrrad im Zusammenspiel mit allen anderen Verkehrsteilnehmenden das Verkehrsmittel der ersten Wahl werden kann. Dabei betrachte ich wesentliche Aspekte von verkehrspsychologischen Hintergründen über empirische Datenanalyse von Mobilitätsverhalten bis hin zu internationalen Radverkehrslösungen. Das letzte Jahr war vor allem auch geprägt vom Aufbau des interdisziplinären Teams und unseres Lehrstuhls, zu dem auch ein Fahrradlabor gehört. Mittels Fahrradsimulators möchten wir zahlreiche Fragestellungen untersuchen, für die zum Beispiel Feldforschung zu gefährlich oder die Bedingungen nicht vergleichbar wären. Damit das Fahrradfahren noch stärker in den Fokus rückt, benötigen wir mehr Wissen und gut ausgebildetes Personal. Ganz wichtig ist mir auch die Ausbildung dieser zukünftigen Fachkräfte, die in unserem Masterstudiengang „Mobilität, Verkehr und Infrastruktur“ einen Schwerpunkt in Radverkehr und Nahmobilität belegen können.

Nahverkehrs-praxis: Welche Studiengänge bieten Sie an?

Francke: Mein Lehrstuhl ist, zusammen mit 17 anderen Fachgebieten, am Fachbereich Bauingenieur- und Umweltingenieurwesen angesiedelt. Am Fachbereich werden vor allem die Bachelor- und Masterstudiengänge Bauingenieurwesen und Umweltingenieurwesen angeboten, die wiederholt Spitzenplätze im bundesweiten CHE-Ranking erreichen konnten. Zudem gibt es seit 2021 die Möglichkeit den Master „Mobilität, Verkehr und Infrastruktur“ zu studieren, in dem „Radverkehr und Nahmobilität“ als eines von insgesamt sechs wählbaren Modulen belegbar ist. In diesem interdisziplinären und praxis-bezogenen Master studieren pro Jahr rund 30 Studierende, die ganz unterschiedliche fachliche Hintergründe mitbringen.

Nahverkehrs-praxis: Mit welchem Abschluss oder welchen Abschlüssen verlässt man am Ende die Uni, und für welche Berufsfelder hat man sich qualifiziert?

Francke: Den dreisemestrigen Masterstudiengang verlässt man mit dem Titel Master of Science. Absolventinnen und Absolventen verfügen mit diesem Abschluss über ausgezeichnete berufliche Perspektiven – ob bei Verkehrsunternehmen, Ingenieurbüros, in Kommunen oder der Wissenschaft. Sie können sich einbringen in die strategische Planung, aber auch beim operativen Verkehrsmanagement oder bei der Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur und im Endeffekt auch der Verkehrswende.

Nahverkehrs-praxis: Laut Civey-Umfrage im Auftrag des NABU wünschen sich 62 Prozent der Deutschen mehr politische Anstrengungen beim Ausbau alternativer Mobilitätsangebote. Sie beschäftigen sich ja schon länger mit diesem Thema, hat tatsächlich ein Umdenken stattgefunden? Wie sehen da Ihre Erfahrungen aus?

Francke: Da hat definitiv schon ein Umdenken stattgefunden und mit dem Nationalen Radverkehrsplan 3.0 sowie im Endeffekt auch den neuen Radverkehrsprofessuren wird einiges getan, damit Deutschland ein Fahrradland wird. Zudem hat nicht zuletzt das 9-Euro-Ticket gezeigt, wie stark der Wunsch nach Alternativen zum privaten Pkw sein kann – und was dafür getan werden muss, dass diese Alternativen auch langfristig genutzt werden und attraktiv sind für alle Teile der Gesellschaft. Ich habe den Eindruck, dass im Bereich Mobilität momentan sehr viel Dynamik ist, und auch sein muss, denn der Verkehrssektor ist bisher immer noch der Sektor, der die Klimaziele deutlich verfehlt.

Das komplette Interview lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 2/3-2023.

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