Gestern ist der erste von zwei UITP-Summits (2027 folgt der zweite Gipfel in der Hansestadt) parallel zur VDV-Jahrestagung in Hamburg (am Dienstag) gestartet. Erstmals gab es am Wochenende ein öffentliches „Mobility Festival“ am zentralen Jungfernstieg an der Innenalster, an dem sich Verkehrsunternehmen und Hersteller schon vorab der Öffentlichkeit präsentieren konnten. Die mit 100 Prozent der Stimmen wiedergewählte kanadische UITP-Präsidentin Renée Amilcar eröffnete Sonntagabend den Gipfel mit einem ereignisreichen Programm.
„Wir sind alle gemeinsam Passagiere im ÖPNV – jeden Tag!“ rief Amilcar den rund 500 Delegierten im Hamburger CCH zu und erzählte eine bewegende Geschichte von einem Gesundheitsnotfall in einem Zug, bei dem sie erste Hilfe leistete und später einen anerkennenden Brief von einer Mitpassagierin bekam. Eine klare Botschaft sendete sie auch in Sachen „Frauen in der Mobilität“, die immer noch nicht sichtbar genug seien, um als Vorbilder zu dienen. Dazu müsse vor allem ein „neues Narrativ“ erarbeitet werden, auch um das drängende Personalproblem weltweit zu lösen.
Gemeinsam für Vielfalt und Fortschritt im ÖPNV
„Wir müssen von einem menschenzentrierten Business zu einem technikzentrierten Geschäftsmodell kommen,“ mahnte dagegen der Hamburger Verkehrssenator Anjes Tjarks (Bündnis90/Die Grünen) und handelte sich mit dieser pointierten These sofort den Widerspruch von UITP-Generalsekretär Mohamed Mezghani auf dem Podium ein (Ein Interview mit ihm ist gerade in der neuen Ausgabe der NahverkehrsPraxis erschienen).
Mezghani zeigte sich sehr erfreut, dass die meisten Verkehrsunternehmen heute wieder auf dem Vor-Corona Niveau angekommen seien, was auch der neue Hochbahn-Chef Robert Henrich (auch mit ihm gibt es ein frisches Interview im neuen Heft) bestätigte. Man laufe „von Rekord zu Rekord“, zusammen mit dem HVV könne man auf eine Billion Fahrten im angelaufenen Jahr blicken, so Henrich. Der Hochbahn-Chef zeigte sich besonders stolz auf das autonome U5-Projekt und weitere 16 Leuchtturmprojekte wie Ahoi und Alike, deren Projektpartner Moia in Gestalt des Leiters Sascha Meyer auf dem Podium und dem VW ID Buzz auf dem Stand in den unweit gelegenen Messehallen vertreten waren. Auch in den zahlreichen technischen Terminen, die am Sonntag starteten, kann man beide Projekte selbst in Augenschein nehmen oder mit Hilfe der HVV „Switch App“ teilweise selbst ausprobieren. Unbedingt vormerken: Am Dienstag wird auf der VDV-Jahrestagung ein erstes Whitepaper der Hochbahn zum heißen Thema Autonomes Fahren vorgestellt!
Neue Player, neue Technik: Die Zukunft rollt an
HVV-Chefin Anna-Theresa Korbutt wies auf dem Opening-Podium darauf hin, welch große Rolle das Deutschlandticket in ihrem „weltweit ältesten Verkehrsverbund“ habe. Das Bundesverkehrsministerium war lediglich durch Staatssekretär Ulrich Lange vertreten, auch wenn ein großer Tross an Bundeswehrbussen mit Verteidigungsminister Pistorius am Mittag zum ersten Veteranentag an die Elbe gekommen war. Lange rekurrierte vor allem auf die noch kurze Amtszeit der neuen Regierung, die eine „nicht unerhebliche Summe in Hamburg investiert habe“ – dies an den Verkehrssenator Tjarks adressiert. Mit einer klaren Botschaft der „Positivität in sieben Schritten“, die dazu diene, die eigenen Erfolge zu zeigen, wandte sich die britische „Changemakerin“ Benita Matofska (Autorin von: „Generation Share“) in einer mitreißenden Keynote ans Publikum. Den krönenden Abschluss bildete ein gelungenes Mini-Musical auf der Bühne, in dem sich Elemente aller bekannten Stücke, für die Hamburg sehr bekannt ist, wiederfanden.
Die Messehallen befanden sich am Sonntagmittag noch im Aufbau, aber deutlich wurde bei den Busherstellern eines: die Zeit der europäischen Dominanz ist erkennbar vorbei! Entweder man fehlt ganz (Scania, Volvo, Ebusco) oder hat die Präsenz ist verkleinert. Mit breiten Reifenflanken treten dafür Inder (JBM mit neuem Fahrzeug), Ägypter (MCV mit zwei Bussen) und vor allem Chinesen auf. Yutong hat sogar einen Überland-Elektrowagen im Gepäck, Foton zeigt ein E-Chassis und einen autonomen Minibus. Karsan aus dem türkischen Bursa zeigt seinen vollautonomen eATAK („Albus“-Projekt in Hannover) und hat mittlerweile scheinbar auch einen Plan für den deutschen Markt. Man darf darauf gespannt sein. Ebenso spannend ist die Frage, wann Holon und Moia ihre autonomen Fahrzeuge endlich dynamisch und nicht nur statisch zeigen werden.
Dynamisch könnte es auch auf der Schiene werden, wenn es nach dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geht. Neben dem schon mehrfach gezeigten „U-Shift“ Skate-Konzept dürfte viele das neue NGT-Taxi als moderner Schienenbus interessieren, der mit Strom oder Wasserstoff betrieben werden kann und für Nebenstrecken oder neubelebte Bahntrassen von Bedeutung sein könnte. Alles in allem eine spannende Mischung an Elbe und Innenalster, die man gerne mit einem fröhlichen „Moin Moin!“ quittieren darf. Wir halten Sie auf dem Laufenden.