Klimafreundliche Mobilität bei der Vestischen

Sie sind modern, sicher und verringern lokale wie globale Emissionen: Die Vestische bringt 38 neue Busse auf Linie, durch die ihre Flotte klimaverträglicher wird und auf 242 Fahrzeuge wächst. Für eine Investition von rund 11 Millionen Euro schafft das Nahverkehrsunternehmen aus Herten 18 Standard-Kraftomnibusse und 20 Gelenkzüge des Herstellers Evobus (Modell Citaro II) an. Die neuen Wagen bedeuten für die Flotte der Vestischen „einen Quantensprung“, wie Geschäftsführer Martin Schmidt betont. Sie entsprechen der Abgasnorm Euro VI und stoßen – bei realer Messung im Straßenverkehr am Auspuff – nicht mehr Stickoxide aus als ein moderner Diesel-Pkw. Im Gegenzug mustert die Vestische Fahrzeuge aus, deren Baujahr vor 2006 liegt. Was die lokalen Emissionen anbelangt, stoßen die neuen Wagen zehn bis 15 Mal weniger Stickoxide aus. Angesichts eines um zehn Prozent niedrigeren Kraftstoffverbrauchs verursachen sie entsprechend weniger CO2 und sind damit klimaverträglicher.
Zwei Standardbusse verfügen zudem über die Mildhybrid-Technologie. Diese Technik wandelt Bremsenergie in Strom um und speichert ihn in sogenannten Supercaps auf dem Dach. Diese speisen einerseits Beleuchtung und Klimaanlage, andererseits den Elektromotor, der den Verbrenner unterstützt. Letzterer muss also beim Anfahren und Beschleunigen weniger Leistung aufbringen. Das spart Kraftstoff und reduziert nochmals den Ausstoß von CO2.
Die Vestische kann so die Betriebstauglichkeit und Effizienz der Mildhybrid-Technologie im Vergleich zum konventionellen Dieselbus testen. Branchenintern rechnen Experten mit Kraftstoff-Einsparungen zwischen fünf und acht Prozent. „Eine Klimawende schaffen wir im Kreis Recklinghausen nur dann, wenn uns auch eine Verkehrswende gelingt. Mit der Beschaffung von modernen und sauberen Fahrzeugen ist uns im Bereich der umweltfreundlichen Mobilität und bei der Umsetzung des Vestischen Klimapaktes ein besonderer Meilenstein gelungen“, betont Cay Süberkrüb, Landrat des Kreises Recklinghausen und Aufsichtsratsvorsitzender der Vestischen. „Die Vestische nimmt damit beim Klimaschutz eine bedeutende Vorreiterrolle ein und trägt einen großen Beitrag zum Umweltschutz in unserer Region bei.“

Quelle: Vestische Straßenbahnen GmbH

Corona-Pandemie forciert Digitalisierung in Werkstätten

Trotz oder gerade wegen der Coronakrise muss der ÖPNV seinen Fahrgästen weiterhin ein attraktives Angebot anbieten und dafür u.a. verstärkt auf die Themen „Hygiene“ und „Digitalisierung“ setzen – auch in den Werkstätten. Nahverkehrs-praxis sprach darüber mit mit Ralf Habbes, Betriebsleiter und Leiter Technik bei DSW21 in Dortmund.

Nahverkehrs-praxis: Wie sahen die Änderungen im Betriebsablauf der Werkstätten durch coronabedingten Lockdown und recht schnellen Hochlauf aus?

Ralf Habbes: Bei DSW21 gab es keinen Lockdown und damit auch kein Herunterfahren unserer Leistungen. Wir sind durchgängig mit mindestens 97 % des gewohnten Angebots gefahren und haben es sogar an manchen Stellen noch ausgeweitet. Demzufolge waren und sind auch die Anforderungen an unsere Stadtbahn- und Bus-Werkstätten durchgängig hoch. Gleichzeitig haben der Arbeits- und Gesundheitsschutz sowie die Betriebssicherheit absolute Priorität.

Eine Zeitlang haben wir die Teams so organisiert, dass sie zeitlich und räumlich getrennt arbeiten und sich nicht begegnen. Dies war vor allem für die Mitarbeitenden, die sonst nicht im Schichtdienst arbeiten, eine Umstellung. Im Juni sind wir aber wieder zu den normalen Arbeitszeit- und Schichtdienstmodellen zurückgekehrt. Ein Farbsystem sorgt außerdem dafür, dass Teams untereinander Abstand halten.

Nahverkehrs-praxis: Welche Maßnahmen wurden in Fahrzeugen und in Werkstätten (z. B. Abstand halten, Mund-Nasenschutz tragen, sonstige Hygienemaßnahmen, Fahrzeugreinigung/-desinfizierung) zum Schutz der Fahrgäste und Mitarbeiter getroffen?

Ralf Habbes: Wir haben umfangreiche Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen getroffen: Die Reinigung und im Fahrerbereich auch Desinfektion von Fahrzeugen, die Absperrung der vorderen Tür und die Einstellung des Ticketverkaufs in den Bussen, die Verteilung von Desinfektionsmitteln und Masken an die Fahrer*innen, um nur einige Beispiele zu nennen.
Viele weitere Maßnahmen, von der Information über Hygienemaßnahmen über das Schließen von Duschen und Umkleiden bis hin zur Reduzierung von Besprechungen gehören zu den Maßnahmen dazu.

Nahverkehrs-praxis: Digitalisierung wird als wichtige Maßnahme zur Verbesserung des ÖPNV-Angebots betrachtet – Was verändert sich in der Werkstatt, und wie sehen die neuen Anforderungen an die Mitarbeiter aus?

Ralf Habbes: Viele Prozesse in den Werkstätten wie z.B. die Materialbestellung oder die Fehlerdiagnose sind bereits jetzt digital. Durch die Corona-Pandemie sind der Austausch und die Information untereinander noch digitaler geworden, ein Trend, der sich sicherlich verstärken wird. Wenn sich Schichten persönlich nicht begegnen, müssen digitale Möglichkeiten der Kommunikation beim Austausch helfen. Die eigentliche Arbeit in der Werkstatt wird aber weiterhin „analog“ stattfinden.

Nahverkehrs-praxis: Wie wird die Instandhaltung neuer und modernisierter Fahrzeuge organisiert – Eigenleistung und/oder Fremdunternehmen?

Ralf Habbes: Bei DSW21 erbringen wir alle Werkstattleistungen im Bus- und Stadtbahnbereich zu 100 % in Eigenleistung. Hier sind wir trotz der aktuellen Belastungen gut aufgestellt.

Bundesumweltministerium fördert E-Bus-Ausbau in Münster

Mit 1,7 Millionen Euro fördert das Bundesumweltministerium die weitere Vergrößerung der Elektrobus-Flotte in Münster. Den entsprechenden Förderbescheid übergab Bundesumweltministerin Svenja Schulze am 21. August 2020 an Oberbürgermeister Markus Lewe und Stadtwerke Geschäftsführer Frank Gäfgen.
„Die Förderung ermöglicht es, die Klimabilanz des Busverkehrs in Münster weiter zu verbessern und unterstützt den E-Bus-Ausbau“, sagt Markus Lewe. Im Jahr 2021 können durch die Förderung sechs neue, elektrische Gelenkbusse angeschafft werden.
Die Stadtwerke Münster bereiten den Ausbau ihrer Flotte bereits seit Jahren vor: Sie haben die notwendige Infrastruktur ausgebaut und das Personal qualifiziert. „Wir sind bestens darauf vorbereitet, weitere E-Busse in unsere Flotte zu integrieren und kommen unserem Ziel, bis 2029 komplett mit elektrischen Antrieben zu fahren, immer näher“, erklärt Frank Gäfgen, Geschäftsführer Mobilität der Stadtwerke. „Die Förderung des Bundesumweltministeriums ist eine tolle Wertschätzung für unsere Vorleistungen.“
Die mit der Förderung möglichen E-Busse werde vorrangig auf den Linien 12 und 13 zwischen Hauptbahnhof, Innenstadt und dem Stadtteil Gievenbeck fahren.

Quelle: Stadtwerke Münster GmbH

Flottenerneuerung bei der Berliner U-Bahn

Ab 2022 erhalten die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) die ersten neuen U-Bahn-Wagen der Baureihen «J» und «JK» von Stadler für den Einsatz in der deutschen Hauptstadt. Mit der Flottenerneuerung wird das Rückgrat der Berliner Mobilität fit gemacht für die Zukunft. Ein historisch klug entwickeltes Liniennetz, architektonisch spannende Bahnhöfe aus verschiedenen Jahrzehnten, dichte Takte und Betriebszeiten beinahe rund um die Uhr machen die U-Bahn zu einem der Aushängeschilder und Leistungsträger Berlins. Im Jahr 2019 nutzten fast 600 Millionen Fahrgäste die verkehrsgelben Züge der BVG. Mit den modernen Fahrzeugen kommt ein weiterer Grund hinzu, auf die U-Bahn umzusteigen.
Die neue Fahrzeuggeneration wird von Stadler in Berlin-Pankow entwickelt und gefertigt. In den zwei Baureihen ¬«JK» für das Berliner Kleinprofilnetz (U1 bis U4) und «J» für das Großprofil (U5 bis U9) können die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) während der Laufzeit des Rahmenvertrages bis 2030 insgesamt voraussichtlich bis zu 1500 Wagen abrufen. Die feste Mindestbestellmenge umfasst 606 Wagen. Zum Vergleich: Der aktuelle Fuhrpark verfügt, über alle Baureihen und -jahre hinweg, über rund 1300 Wagen. Bis zu rund drei Milliarden Euro investiert die BVG in den kommenden Jahren in die Erneuerung der U-Bahn-Flotte.

Quelle: Berliner Verkehrsbetriebe AöR

Bestes Arbeitslicht auf drei Ebenen

In der Fahrzeuginstandhaltungs- und -behandlungsanlage (FIBA) in München Pasing sorgen NORKA Leuchten für gute Sicht und Sicherheit bei den ganz unterschiedlichen Arbeiten, die bei der Wartung von Zügen anfallen. Die Leuchten sind auf drei Niveaus installiert und flankieren jeweils auf beiden Seiten die fünf Wartungsgassen. Während ERFURT LED Leuchten sowohl präzises Licht auf den Arbeitsbühnen generieren als auch die Allgemeinbeleuchtung der Halle übernehmen, dienen FULDA LED Leuchten zur Ausleuchtung der Arbeitsgruben. Gute Sicht ist bei den hier anfallenden Arbeiten existenziell, denn von den Gruben aus werden beispielsweise Räder mit Ultraschallgeräten auf Materialfehler überprüft und Bremsbeläge inspiziert. Die sensorbasierte XARA Lichtsteuerung ermöglicht zudem den besonders effizienten Betrieb und die einfache Wartung der Beleuchtung.

Erfahren Sie mehr hier.

Weitere Informationen :

NORKA Norddeutsche Kunststoff- und Elektrogesellschaft Stäcker mbH & Co. KG

Marietta Kappler-Kossack

Weidestraße 122 a

D-22083 Hamburg

T. +49 40 513009-12

F. +49 40 513009-8012

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Andrea Rayhrer

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Rügeobliegenheit auch bei Direktvergaben

Die Rügeobliegenheit ist auch bei Nachprüfungsanträgen gegen beabsichtigte ÖPNV-Direktvergaben zu beachten. Dies folgt aus dem Verweis von § 8a PBefG in das GWB, der die Rügeobliegenheit einschließt (OLG Düsseldorf, 19.02.2020, Verg 27/17):

Konkrete Voraussetzungen

Die Rügeobliegenheit besteht auch ohne wettbewerbliches Vergabeverfahren, wenn der Bieter eine feststellbare und nachweisbare positive Kenntnis von dem Umständen hat, die den Vergaberechtsverstoß begründen. Darüber hinaus muss er aufgrund laienhafter Bewertung auch die postive Vorstellung von einem Verstoß gegen die Vergabevorschriften gewonnen haben.

Entfallen der Rügeobliegenheit

Ausnahmsweise entfällt die Rügeobliegenheit, wenn eine Rüge ihren Zweck nicht mehr erfüllen kann oder reine Förmelei wäre. Dies ist der Fall, wenn der Auftraggeber eindeutig zu erkennen gibt, dass er unumstößlich an seiner Entscheidung festhält.

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Autorin ist Frau Sarah Rose
HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK

Pilsen: 92 Lion’s City LE für ARRIVA Transport

Anfang Juni hat MAN Truck & Bus 92 MAN Lion’s City LE (A78) an ARRIVA Transport übergeben. Das Verkehrsunternehmen setzt die Busse mit einer Länge von knapp 12 Metern in der Region Pilsen ein. Angetrieben werden die Niederflurbusse von 290 PS (213 kW) starken Dieselmotoren, die über Euro 6 verfügen. Das Sechsgang-Automatikgetriebe sorgt für eine ruhige Fahrweise und einen möglichst niedrigen Kraftstoffverbrauch. Dank der stufenlosen Niederflur-Einstiege können die Fahrgäste schnell, sicher und komfortabel ein- und aussteigen.

Quelle: MAN Truck & Bus

Maskenpflichtkontrollen im NRW-SPNV

Am 24. August wird im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) NRW-weit die Einhaltung der Maskenpflicht kontrolliert. Masken-Muffeln droht ein Bußgeld von 150 Euro. Verkehrsminister Hendrik Wüst: „Unser Ziel muss es sein, die Fahrgäste maximal zu schützen.“
Bei der gemeinsamen Aktion von NRW-Verkehrsministerium, SPNV-Aufgabenträgern, Deutscher Bahn AG und Eisenbahnverkehrsunternehmen sowie kommunalen Ordnungsämtern und Bundespolizei finden an Bahnhöfen und in Zügen in Nordrhein-Westfalen am Montag Schwerpunktkontrollen statt.
Wer keine Maske trägt oder Mund und Nase nicht bedeckt hat, muss mit einem Bußgeld rechnen. Am nächsten Halt müssen Masken-Verweigerer den Zug verlassen und werden von der Bundespolizei in Empfang genommen.
Verkehrsminister Hendrik Wüst: „Die Menschen können sich in der Bahn wohl und sicher fühlen. Der ÖPNV ist auch mit Blick auf Corona ein sicheres Verkehrsmittel, wenn alle sich an die Regeln halten. Genau darum geht’s: Es wäre gut, wenn kein einziges Bußgeld erhoben würde.“

Quelle: National Express Rail GmbH

Sosnowiec erweitert seine Flotte von Solaris-Elektrobussen

Der polnische ÖPNV-Betreiber Przedsiębiorstwo Komunikacji Miejskiej (PKM) in Sosnowiec erwirbt weitere elektrisch angetriebene Busse von Solaris. Der Vertrag sieht eine Lieferung von 9 Solobussen Urbino 12 electric und 5 Gelenkbussen Urbino 18 electric vor. Die Fahrzeuge werden den Fuhrpark von PKM beträchtlich erweitern, da sie den drei E-Bussen des polnischen Herstellers nachfolgen, die bereits seit zwei Jahren bei PKM die Einwohner der Region befördern.
Darüber hinaus wird PKM in Ladeinfrastruktur investieren, denn bestellt wurden auch drei Pantograf- und acht Stecker-Ladegeräte für den Betriebshof. Der Auftragswert beträgt über 46 Mio. PLN brutto (ca. 11 Mio. EUR). Gemäß Vertrag soll der Auftrag in Juli-August 2021 abgewickelt werden.

Quelle: Solaris Bus & Coach S.A.

Exklusives Online-Interview: Carsharing-Nutzer steigen nicht auf eigene Autos um

Nicht nur die ÖPNV-Unternehmen, sondern auch andere Mobilitätsdienstleister wie z. B. Carsharing-Anbieter haben unter den Folgen der Coronakrise zu leiden und verzeichnen teilweise große Umsatzeinbrüche. Nahverkehrs-praxis sprach u.a. darüber mit Gunnar Nehrke, Geschäftsführer des Bundesverbandes CarSharing e.V. (bcs).

Nahverkehrs-praxis: Herr Nehrke, die Corona-Pandemie hat zu einem Einbruch der Fahrgastzahlen im ÖPNV von zeitweise durchschnittlich 80 % geführt. PKW und Fahrrad sind hingegen die Gewinner. Wie sind die Carsharing-Unternehmen bisher durch die Krise gekommen?

Gunnar Nehrke: Die Ausgangsbeschränkungen im Frühjahr haben die CarSharing-Branche massiv getroffen. Viele Anbieter mussten im März und April Umsatzverluste von 50 bis 80 % im Vergleich zum Vorjahr hinnehmen. Da die Menschen so viel wie möglich zuhause blieben, fielen viele Wege weg, die mit einem CarSharing-Auto üblicherweise gefahren werden: der Besuch bei Freunden und Verwandten, der Großeinkauf, die Dienstreise, die Fahrt in den Urlaub.
Seit einigen Wochen erholt sich die Branche. Es werden wieder mehr CarSharing-Autos genutzt, allerdings liegt die Auslastung weiterhin unter derjenigen des Vorjahres. Viele Anbieter sind aber wieder zuversichtlich, dass sie die Krise überstehen werden.
Schwierig ist die Lage in vielen kleineren Städten und im ländlichen Raum. Dort sind nach wie vor viele CarSharing-Standorte von der Schließung bedroht. In Baden-Württemberg hat die Landesregierung einen auf dieses Problem zugeschnittenen CarSharing-Rettungsschirm beschlossen. Er dient dazu, speziell diese weiterhin bedrohten Standorte zu erhalten. Einen solchen Schritt hätten wir uns auch in anderen Flächenländern gewünscht.

Nahverkehrs-praxis: Carsharing soll zu einer Verkehrsentlastung führen, indem möglichst viele private PKW durch im Vergleich dazu erheblich weniger Carsharing-Fahrzeuge ersetzt werden. Wie sah die sogenannte „Ersetzungsquote“ vor Corona aus, wie ist der momentane Stand und wie schätzen Sie die Marktentwicklung ein?

Gunnar Nehrke: Ein CarSharing-Auto ersetzt bis zu 20 Privatautos. Diese sehr hohe Quote wird in innenstadtnahen Wohngebieten erreicht. Betrachtet man Städte im Ganzen, liegen die Quoten oft bei 1:6 bis 1:10. Rechnet man die vermiedenen Neuanschaffungen in die Quote hinein, dann sind Werte von 1:15 und mehr keine Seltenheit.
Wir haben keine aktuell erhobenen Zahlen, die zeigen, ob diese Quoten sich durch die Corona-Krise verringert haben. Die Erfahrungsberichte der Anbieter, mit denen wir sprechen, gehen aber in eine andere Richtung. Die Zahl der Neuanmeldungen ist momentan bei vielen Anbietern fast unverändert zum Vorjahr. Und während der schlimmsten Zeit der Krise haben bei vielen CarSharing-Anbietern engagierte Kund*innen „Solidaritätsbuchungen“ vorgenommen, um Fahrzeuge und Standorte zu erhalten. Momentan haben wir keine Anzeichen dafür, dass CarSharing-Kund*innen, die bisher autofrei waren, sich nun verstärkt eigene Fahrzeuge anschaffen.

Nahverkehrs-praxis: Sie haben im Mai dieses Jahres eine „Umweltprämie 2.0“ und ein Investitionsprogramm des Bundes gefordert, um den Öffentlichen Nahverkehr, die Nutzung von Fahrrädern und Sharing-Angebote zu stärken. Wie sollte dieser Mobilitätspakt aussehen und welche Ziele könnten dadurch erreicht werden?

Gunnar Nehrke: Damals wurde über staatliche Wirtschaftshilfen in Folge der Corona-Pandemie diskutiert. Wir hatten eine Umweltprämie 2.0 anstelle einer Kaufprämie für Autos gefordert. Denn die Verkehrswende wird nicht vorangebracht, wenn immer wieder in privaten Pkw-Besitz investiert wird. Wir wissen aus einer Vielzahl verschiedenster Studien, dass nichts die privaten Haushalte so sehr an unser derzeitiges klimaschädliches und ineffizientes Verkehrssystem festkettet wie der private Autobesitz.
Die von uns geforderte Umweltprämie 2.0 beinhaltet ein Mobilitätspaket, das eine Jahreskarte für den ÖPNV, ein Fahrtguthaben für Sharing-Dienste sowie einen Zuschuss für den Kauf eines Fahrrads/Pedelecs umfasst. Sie zielt direkt darauf ab, geteilte Verkehrsmittel zu fördern und beinhaltet deshalb keine parallele Kaufprämie für (E-) Autos. Auf diese Weise wäre es möglich, gezielt ein effizientes, flächensparsames und klimaschonendes Mobilitätsverhalten zu fördern. Leider kam dann doch die Kaufprämie für E-Autos.

Nahverkehrs-praxis: Aktuell wird viel über die stärkere verkehrliche Anbindung des ländlichen Raums diskutiert. Ist Carsharing ein nur für Städte taugliches Konzept, oder könnten auch die stadtferneren Gebiete von einem Ausbau profitieren – und wenn ja, wie könnte das aussehen?

Gunnar Nehrke: Eines der ältesten CarSharing-Angebote von Deutschland ist in einer Vorort-Gemeinde von München entstanden. 1992 haben in Vaterstetten einige Einwohner einen CarSharing-Verein gegründet. Sie hatten damals schon das gleiche Ziel, wie es die Branche heute noch hat: Sie wollten den privaten Autobesitz verringern. Den Verein gibt es immer noch.
Heute haben wir in Deutschland 840 Orte mit einem CarSharing-Angebot. 445 dieser Orte sind Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern. Daran sehen wir: CarSharing funktioniert auch in ländlichen Gebieten. Voraussetzung dafür ist aber, dass es einen gut ausgebauten ÖPNV gibt. Sonst ist man auf dem Land ohne Auto tatsächlich aufgeschmissen. Aber in Verbindung mit einem guten Anschluss an Bus und Bahn kann CarSharing im ländlichen Raum mindestens den Zweitwagen ersetzen.
Beim Bundesverband haben wir vier wesentliche Betriebsmodelle und eine Reihe von Erfolgsfaktoren identifiziert, die es erlauben, CarSharing auch im ländlichen Raum langfristig erfolgreich zu machen. Wichtig ist aber, dass CarSharing dort in den seltensten Fällen ein aus sich selbst heraus wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell ist. Meist stecken in den Angeboten im ländlichen Raum Fördergelder, Zuschüsse von Kommunen oder viel ehrenamtliche Arbeit von CarSharing-Vereinen.

Nahverkehrs-praxis: Elektromobilität wird als das entscheidende Mittel zur Erreichung der Klimaschutzziele betrachtet. Carsharing-Unternehmen bieten auch Elektroautos an, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor oder Hybridautos sind aber noch die Regel. Wie sehen da die Planungen aus, wann sind E-Autos im Carsharing Normalität?

Gunnar Nehrke: Elektrofahrzeuge sind wichtig für einen klimaschonenden Verkehr. Daher passen sie hervorragend zu CarSharing. Im Vergleich zum Anteil von E-Fahrzeugen im gesamten deutschen Pkw-Bestand, ist der E-Anteil in der CarSharing-Flotte auch schon recht hoch. 18 Prozent aller CarSharing-Fahrzeuge sind batterieelektrische Fahrzeuge oder Plug-in Hybride. Der E-Anteil an der Gesamtzahl aller Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen beträgt nur 0,3 Prozent. Wir sind dem Gesamtmarkt also ein gutes Stück voraus.
Generell wollen wir natürlich, dass Verbrenner auf deutschen Straßen möglichst bald der Vergangenheit angehören. Das gilt für die 25.000 CarSharing-Fahrzeuge in Deutschland, es gilt aber auch für die übrigen 48 Millionen Pkw, die in Deutschland unterwegs sind.
Für die CarSharing-Branche ist es trotzdem aktuell noch problematisch, gänzlich auf Elektromobilität umzustellen. Das hat mehrere Gründe.
Der wichtigste ist: Auch CarSharing-Kund*innen sind oft „Elektro-Skeptiker“. Haben sie die Wahl zwischen einem Verbrenner und einem E-Auto, entscheidet sich eine Mehrheit für das herkömmliche Fahrzeug. Das macht es für Anbieter schwer, ihre E-Autos wirtschaftlich tragfähig bereitzustellen.
Der Bundesverband CarSharing fordert seit Langem, dass die Bundesregierung das CarSharing als Kommunikations- und Marketing-Plattform für E-Mobilität besonders fördert. Bisher müssen die Anbieter die Aufklärungsarbeit über E-Mobilität meist aus eigener Tasche bezahlen.
Ebenfalls ein wichtiger Grund, warum der E-Anteil im CarSharing nicht noch schneller steigt, ist die Reichweite der heutigen E-Fahrzeuge. Diese hat sich in den letzten Jahren zwar stark verbessert, aber damit CarSharing den privaten Pkw vollständig ersetzten kann, müssen lange Urlaubsfahrten mit CarSharing-Fahrzeugen ebenso leicht möglich sein wie mit privaten PKWs. Die dafür nötige Reichweite bringen E-Fahrzeuge bisher nicht mit.
Wir plädieren daher momentan für die Bereitstellung antriebsgemischter CarSharing-Flotten – mit einem ambitionierten E-Anteil, aber nicht vollelektrisch. Das ist übrigens auch die Strategie, mit der die Vergabekriterien für das Umweltzeichen Blauer Engel Carsharing festgelegt sind. Diese Thematik wäre anders zu bewerten, wenn Verbrenner in Deutschland generell vom Markt genommen würden.
Ein dritter Punkt ist das Problem des Ladens. Es gibt bisher keine Förderrichtlinie, die es erlaubt, Ladesäulen an CarSharing-Stationen im öffentlichen Raum zu fördern, weil die Ladepunkte dort nicht vollkommen öffentlich sind. Und an normalen Ladesäulen im öffentlichen Raum dürfen die Fahrzeuge nur während des Ladevorgangs stehen. Das ist für die CarSharing-Anbieter und ihre Kunden eine praktisch unlösbare logistische Aufgabe. Auch hier fordern wir vonseiten des Bundes dringend eine Überarbeitung der Förderrichtlinien.

Nahverkehrs-praxis: Herr Nehrke, vielen Dank für das interessante Gespräch.