Fahrgastinformationen in der strategischen Verkehrsplanung

Eine europäische Großstadt im Sommer 2019. Der Verkehrsverbund hat zahlreiche Studierende zur Passagierzählung engagiert. Sie fahren den ganzen Tag im Bus mit, zählen Ein- und Aussteigende, notieren die Zählungen per Hand. Die erhobenen Daten werden manuell in ein Analysetool übertragen, um die jährliche Auswertung zu erhalten. Nur ein Jahr später hat Covid-19 die Welt verändert. Es ist dieselbe Großstadt, doch die Busse sind leer, die Touristen fehlen, für die Zahlen vom letzten Jahr hat niemand mehr Verwendung. Das Fahrgastverhalten hat sich in zwei Jahren Pandemie spürbar und in großer Geschwindigkeit verändert. Die Erfolgsrezepte von gestern passen nicht länger zu den Herausforderungen von morgen. Um mit den sich ständig verändernden Kontexten urbaner Mobilität Schritt halten zu können, reichen jährlich oder halbjährlich durchgeführte Analysen, wie sie bis vor Kurzem im ÖPNV noch üblich waren, nicht mehr aus. Aktuelle Daten und vielmehr noch Echtzeitdaten sind gefordert.

Die Technologie, die genau das möglich macht, gibt es schon lange. Mit automatischer Fahrgastzählung (AFZ) können Passagiere zu jeder Zeit exakt gezählt und die Auslastung in Echtzeit ermittelt werden. Bereits 2017 hat die Europäische Kommission eine delegierte Verordnung zum Austausch und der Nutzung von Mobilitätsdaten erlassen. Das Ziel: bessere Mobilitätsdienstleistungen in städtischen Gebieten ermöglichen und die Planung erleichtern, um damit mehr Menschen für den öffentlichen Nahverkehr zu gewinnen und die Nachhaltigkeitsziele der Agenda 2030 zu erreichen. Trotzdem sind AFZ-Systeme noch nicht flächendeckend im Einsatz.

Fahrgastkomfort hat Priorität

Die Krise hat Fahrgastinformationen sowohl für Verkehrsbetreiber als auch Passagiere deutlich interessanter gemacht. Fahrgäste sind zu Stakeholdern geworden, ihr Bedürfnis nach Sicherheit und ihre Bereitschaft, je nach Reiseziel und -anlass unterschiedliche Mobilitätsformen zu wählen, sind gestiegen. Und damit auch ihr Wunsch nach Information. Für Mobilitätsanbieter bedeutet das, mit bedarfsorientierten Verkehrsangeboten und Fahrgastinformationen bessere Auslastung zu ermöglichen. Passagierkomfort steht an oberster Stelle. Doch wie wird der öffentliche Nahverkehr komfortabler?

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Datenbasierte Verbesserung des Angebots

Für den ÖPNV gibt es keine bessere Planungsgrundlage als Fahrgastdaten, sie sind eine zentrale Säule der Infrastruktur in der Personenbeförderung. Wie Betreiber Daten nutzen, um ihr Angebot zu verbessern, zeigen Beispiele aus Nordeuropa. Der schwedische Verkehrsverbund Jönköping Länstrafik (JLT) hat nahezu sein gesamtes Busnetz mit Zählsensoren ausgerüstet. Die Analysesoftware DILAX Citisense ordnet die AFZ-Daten den Fahrplan- und geografischen Daten zu (Central Matching), speichert die gematchten Daten zur Nachbearbeitung und Analyse und generiert Vorhersagen und statistische Reports.

Auf diese Weise ergibt sich ein ganzheitlicher Blick auf und in das gesamte Verkehrsnetz von JLT, werden kurzfristige Veränderungen schnell bemerkt und kann auf Basis der gesammelten aktuellen Daten ein besseres Angebot entwickelt werden. Darüber hinaus werden mithilfe von Echtzeitdaten den Kunden wichtige Informationen zur Reiseplanung zur Verfügung gestellt: Kommt der Bus pünktlich an? Wird er voll besetzt sein, oder ist noch Platz, auch für einen Kinderwagen oder Rollstuhl?

Der isländische Verkehrsverbund Strætó bs analysiert mithilfe seines bestehenden AFZ-Systems, wie neuere Bushaltestellen und Routen sich auf das Netzwerk auswirken und genutzt werden. Anhand dieser Informationen werden Fahrzeugplanung und Bustakt neu aufgestellt. Das AFZ-System gibt außerdem detailliert Aufschluss über Kennzahlen wie Passagiere pro Linie und Stoßzeiten, eine Fahrzeugkarte zeigt live die Bewegung der einzelnen Fahrzeuge im Netzwerk, Live-Belegungsdaten liefern tagesaktuelle Angaben zur Auslastung.

In einigen Jahren werden Daten so selbstverständlich ein Teil der Mobilitätsinfrastruktur sein, wie es heute Schienen und Straßen sind, die EU-Delegiertenverordnung hat Daten auf politischer Ebene bereits als systemrelevant eingestuft. Innovationen im Verkehrssektor werden zunehmend von Echtzeitdaten geprägt sein. Im Austausch solcher Daten zwischen Anbietern wie ÖPNV, SPNV, sowie Sharing und Pooling Dienstleistern, entstehen neue Möglichkeiten für innovative Lösungen und eine Verschlankung von Mobilitätsketten.

 

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