Karlsruher Modell gibt Impulse für die Metropolregion Prag

Die Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG), ein Verkehrsunternehmen im Karlsruher Verkehrsverbund (KVV), und der mittelböhmische Verkehrsverbund (Integrovaná doprava Středočeského kraje, IDSK) starten eine Kooperation: In Karlsruhe wurde am 11. August 2025 eine bilaterale Absichtserklärung unterzeichnet, die einen wertvollen Baustein für die Einführung des Tram-Train-Systems in der tschechischen Region rund um Prag beisteuert. 

Mit der Vereinbarung stellt die AVG ihre langjährige Erfahrung bei Planung, Betrieb und Weiterentwicklung des erfolgreichen Karlsruher Modells zur Verfügung – und unterstützt die IDSK bei der Einführung und Umsetzung des Karlsruher Modells in Mittelböhmen.

Tram-Train-System bietet die Chance, Städte und ländliche Regionen zu verbinden

Der Erfahrungsaustausch mit der AVG wird durch die TransportTechnologie-Consult Karlsruhe GmbH (TTK) ergänzt. Das Tochterunternehmen der AVG ist bereits an Planungs- und Beratungsprojekten in der ganzen Welt beteiligt, um die Mobilität von morgen mit anspruchsvollen und nachhaltigen Verkehrslösungen zur besseren Erschließung von urbanen sowie ländlichen Gebieten zu gestalten. Der Erfolg des Tram-Train-Systems war 1996 der Ausgangspunkt für die Gründung der TTK als Stadtbahn-Kompetenzzentrum, das sich inzwischen auf den gesamten Bereich der Verkehrs- und Infrastrukturplanung ausgeweitet hat. 

Landesrat Petr Borecký, in Mittelböhmen verantwortlich für den öffentlichen Verkehr, betont die Bedeutung des Vorhabens: „Wir wollen ein Verkehrssystem, das technisch überzeugt und auch im Alltag funktioniert. Das Tram-Train-System bietet die Chance, Städte und ländliche Regionen zuverlässig direkt miteinander zu verbinden. Der Austausch mit der AVG ist gelebtes Europa.“

Karlsruhes Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup, zugleich Vorsitzender des AVG-Aufsichtsrats, begrüßt die internationale Zusammenarbeit: „Die Karlsruher Verkehrskompetenz ist europaweit gefragt. Dass unser Know-how über nachhaltige Mobilität nach Mittelböhmen fließt, zeigt: Kommunale Expertise kann weit über die Region hinaus Wirkung entfalten.“

Auch JUDr. Zdeněk Šponar, Direktor der IDSK, lobt die Kooperation: „Das Karlsruher Modell ist in Europa ein bewährtes Beispiel dafür, wie sich unterschiedliche Infrastrukturen sinnvoll zusammenführen lassen. Unsere Zusammenarbeit mit der AVG ist ein wertvoller Beitrag, um diesen Ansatz auf die Bedingungen in Mittelböhmen zu übertragen und gezielt weiterzuentwickeln.“ 

Absichtserklärung hat acht zentrale Themenfelder

Die ersten persönlichen Kontakte zwischen AVG und IDSK wurden während der Fachmesse IT-Trans im Frühjahr 2024 geknüpft. Aus dem Austausch über europäische Modellprojekte entwickelte sich der Schulterschluss mit dem Ziel, das Karlsruher Nahverkehrswissen strukturiert in die Region Mittelböhmen zu übertragen. 

Die Absichtserklärung umfasst acht zentrale Themenfelder. Dazu zählen gesetzliche Rahmenbedingungen, Fahrzeugtechnik, Betriebsnormen, Infrastrukturmanagement und Fragen der Wirtschaftlichkeit. Gegenseitige Besuche in Karlsruhe und Prag sollen den Wissenstransfer vertiefen und den Systemvergleich praxisnah ermöglichen.

Prof. Dr. Alexander Pischon, Vorsitzender der AVG-Geschäftsführung, sieht darin ein wirksames Signal: „Die Kooperation mit der IDSK ist ein starkes Zeichen für das Vertrauen in unsere Kompetenz. Sie stärkt den europäischen Wissensaustausch und zeigt, dass wir bei nachhaltigen Verkehrssystemen zu den Vordenkern der Branche zählen.“ 

Auch Christian Höglmeier, technischer Geschäftsführer der AVG, betont den praktischen Mehrwert: „Die Einführung eines Tram-Train-Systems ist kein Plug-and-Play-Projekt. Sie erfordert technisches Know-how, Systemverständnis und Weitblick. Gerade bei Fahrzeugbeschaffung, Infrastrukturfragen und dem Zusammenspiel von nationalem und europäischem Recht bringen wir langjährige Erfahrungen mit. Dieses Wissen geben wir gezielt weiter. So entsteht konkreter Mehrwert.“ 

Dr. Rainer Schwarzmann, Geschäftsführer der TransportTechnologie-Consult Karlsruhe, sagt: „Der Erfolg des Karlsruher Modells basiert nicht nur auf der technischen Umsetzung, sondern auch auf klugen Konzepten und einer strategischen Herangehensweise. Als TTK bringen wir unser internationales Know-how ein, um gemeinsam mit der AVG maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln.“ 

Enztalbahn ist ein gutes Beispiel für das Potenzial des Karlsruher Modells

Während ihrem Aufenthalt in Karlsruhe besuchte die tschechische Delegation den Betriebsstandort in der Tullastraße. Dabei bot sich die Gelegenheit mit Experten zu Fahrzeugtechnik, Infrastruktur und Betriebssteuerung auszutauschen. Der direkte Dialog bildet die Grundlage für einen tragfähigen Wissenstransfer. Das Karlsruher Modell wurde bei einer Fahrt nach Bad Wildbad für die Vertreter aus Mittelböhmen eindrucksvoll erfahrbar. 

Die Enztalbahn ist ein besonders gutes Beispiel für das Potenzial des Tram-Train-Systems: Vor der Übernahme durch die AVG war sie von der Stilllegung bedroht. Die Tram-Train-Ergänzung dieser Strecke vom Pforzheimer Bahnhof durch die Bad Wildbader Innenstadt direkt bis zum Kurpark führte zu einem großen Fahrgastzuwachs. 

Die Vereinbarung läuft zunächst bis Ende 2026. Eine Verlängerung ist möglich.

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