VDV formuliert Erwartungen an die neue Bundesregierung

Auf der VDV-Jahrestagung in Mainz waren namhafte Vertreter aus Politik, Bundes- und Landesministerien sowie aus der Industrie zu Gast. In einer kämpferischen Rede sprach VDV-Präsident Jürgen Fenske vor allem die schon seit längerem bekannten Defizite im öffentlichen Personenverkehr an.

Drei Monate vor der Bundestagswahl formuliert der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) seine Erwartungen an die neue Bundesregierung: „Auf den ÖPNV und den Schienenverkehr in Deutschland kommen in den nächsten Jahren, zum Teil durch politische Beschlüsse, milliardenschwere Vorhaben zu. Die neue Bundesregierung muss daher vor allem bei den offenen Finanzierungsfragen noch in diesem Jahr verlässliche Lösungen finden. Die Unternehmen haben in den letzten Jahren durch eine stetige Steigerung ihres Kostendeckungsgrades die öffentlichen Haushalte entlastet. Wir brauchen aber auch weiterhin eine auskömmliche Mitfinanzierung durch den Bund, vor allem bei der Sanierung und Instandsetzung unserer Infrastruktur“, so VDV-Präsident Jürgen Fenske.
Bei der künftigen Infrastrukturfinanzierung sieht der Verband die Bundesregierung in der Verantwortung. Die heutigen Mittel reichen bei weitem nicht, um den angefallenen Sanierungsbedarf deutschlandweit zu decken. Die Daehre-Kommission hatte in ihrem Bericht zusätzliche Mittel von jährlich 7,2 Milliarden Euro über die nächste 15 Jahre veranschlagt, nur für Instandsetzung und Sanierung der Verkehrswege. Zwei Milliarden davon benötigen das deutsche Schienennetz und der kommunale ÖPNV zusätzlich. „Die Relevanz dieser Thematik ist partei- und ressortübergreifend in der Politik angekommen, das ist auch ein Verdienst der Daehre-Kommission. Nun wird die neue Kommission unter Leitung von Herrn Bodewig zeitnah konkrete Vorschläge für die Finanzierung dieses zusätzlichen Bedarfs erarbeiten. Wichtig ist, dass diese Ergebnisse dann in einem breiten Konsens zwischen Bund und Ländern sehr zeitnah umgesetzt werden, denn auch bei der Infrastruktursanierung ist Eile geboten und auch dies ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, um die Position Deutschlands als einen der wichtigsten Wirtschaftsstandorte weltweit zu sichern“, so Fenske.
Akuten Handlungsbedarf noch in diesem Jahr sieht der VDV bei den 1,33 Milliarden Euro Entflechtungsmitteln, die der Bund jährlich an die Länder zahlt, um kommunale Verkehrsinfrastrukturprojekte zu fördern. „Das Entflechtungsgesetz läuft Ende diesen Jahres aus, die Bundesregierung plant bisher lediglich eine Verlängerung um ein Jahr, alles nach 2015 ist völlig unklar. Diese Situation hängt wie ein Damoklesschwert über unserer Branche, denn die Entflechtungsmittel sind ein seit Jahrzehnten bewährtes und etabliertes Finanzierungsinstrument des kommunalen Nahverkehrs“, so Fenske. Fast ebenso wichtig und auch noch unklar ist die Zukunft des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG), das Ende 2019 ausläuft. „Auch hier ist eine Anschlussregelung aus unserer Sicht noch in diesem Jahr erforderlich. Und auch möglich, denn es gibt einen konkreten und einstimmigen Vorschlag des Bundesrates, das GVFG-Bundesprogramm mit jährlich 330 Millionen Euro bis 2025 zu verlängern. Dem müssen Bundestag und Bundesregierung zeitnah zustimmen, dann haben wir zumindest beim diesem wichtigen Finanzierungsinstrument endlich Gewissheit“, sagt Fenske.
Den Plänen der aktuellen Bundesregierung, wonach die Schienenbahnen in Deutschland bei der EEG-Umlage um 230 Millionen Euro jährlich zusätzlich belastet werden sollen, erteilt der VDV eine deutliche Absage. Jürgen Fenske dazu: „Wir unterstützen die Energiewende und sind auch der Meinung, dass Strom in Deutschland bezahlbar bleiben muss. Aber nicht auf Kosten unserer Fahrgäste und Unternehmen. Wenn die Schienenbahnen jährlich 230 Millionen Euro zusätzlich zahlen sollen, dann steigen die Ticketpreise deutlich. Die ÖPNV-Kunden zahlen dann jährlich 30 bis 40 Euro mehr für ihr Ticket , während sie gleichzeitig beim Strompreis nur drei bis fünf Euro im Jahr sparen. Diese Rechnung geht nicht auf, das muss auch der neuen Bundesregierung klar sein. An dieser Stelle darf es keine politischen Alleingänge zugunsten oder Ungunsten einzelner Branchen geben. Die Energiewende und deren Finanzierung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.“
Neben den genannten Aufgaben gibt es zahlreiche weitere Punkte, die die Bundesregierung in der kommenden Legislaturperiode angehen muss: Die Revision der Regionalisierungsmittel im Jahr 2014, eine neue Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mit der Deutschen Bahn, die Weiterführung der Finanzierung nichtbundeseigener Eisenbahninfrastruktur, die Anhebung des Erhöhten Beförderungsentgeltes von 40 auf 60 Euro, das Eisenbahnregulierungsgesetz, usw. „Unsere Branche steht gut da: Seit Jahren steigen die Fahrgastzahlen und die Güterverkehre, die Unternehmen arbeiten immer wirtschaftlicher und effizienter und das Mobilitätsbedürfnis der Bevölkerung wächst. Wir erwarten, dass die neue Bundesregierung durch entsprechende Entscheidungen die gesetzlich und finanziell notwendigen Rahmenbedingungen für einen zukunftsfähigen und leistungsstarken ÖPNV und Schienengüterverkehr schafft“, so Fenske abschließend.

ÖPNV im ländlichen Raum braucht 1,3 Milliarden Euro jährlich

Rund 54 Millionen Deutsche leben außerhalb der Metropolen und Großstädte in ländlichen Räumen. In einem aktuellen Positionspapier hat sich der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) mit der Situation und den Rahmenbedingungen des Nahverkehrs in diesen Regionen befasst. Durch den demografischen Wandel und die rückläufigen Schülerzahlen steht der ÖPNV in der Fläche vor großen, teilweise existenziellen Herausforderungen. „ÖPNV ist Daseinsvorsorge und sichert die Mobilität der Menschen, auch in ländlichen Regionen. Unsere aktuellen Berechnungen haben ergeben, dass zur Aufrechterhaltung des heutigen Nahverkehrsangebots in der Fläche rund 1,3 Milliarden Euro pro Jahr aus öffentlichen Mitteln benötigt werden. Das liegt vor allem daran, dass die Fahrgeldeinnahmen zurückgehen, die Fixkosten für Personal und Fahrzeuge aber bleiben bzw. steigen“, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.

VDV-Gutachten: Schülertickets in Rheinland-Pfalz bald 33 % teurer?

Die Landesgruppe Südwest des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat ein Gutachten zur Neuberechnung der Ausgleichszahlungen im Schülerverkehr in Rheinland-Pfalz beauftragt. Ergebnis des Gutachtens: Die Gelder, die das Land den Nahverkehrsunternehmen als Ausgleich für rabattierte Schülertickets zahlt (§ 45a-Mittel), sind seit Jahren deutlich zu niedrig. Momentan bekommen die Unternehmen jährlich rund 40 Mio. Euro aus der Landeskasse. Die Gesamtsumme der Rabattierung, die die Verkehrsunternehmen bei den Schülertickets gewähren, beläuft sich aber auf 45 Millionen Euro pro Jahr. „Die Zahlungen des Landes sinken seit Jahren und gleichen schon lange nicht mehr die tatsächliche Höhe der Rabatte aus. Die Verkehrsunternehmen und Verbünde in Rheinland-Pfalz überlegen deshalb ernsthaft, ob sie die Vergünstigungen für Schülertickets abschaffen sollen. Diese Tickets würden dann auf einen Schlag über ein Drittel teurer“, erklärt Gunter Rebahl, Vorsitzender des VDV Südwest und Geschäftsführer der Mainzer Verkehrsgesellschaft.

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