Arthur Bus meldet Insolvenz in Polen an

Das Münchner Wasserstoffbus-Start-up „ARTHUR BusTM“ hat für seinen polnischen Firmenteil, der im ehemaligen „Ursus“-Werk in Lublin produzierte, Ende November Insolvenz angemeldet und offenbar die Produktion dort eingestellt, wie polnische Medien berichten. Ob und wann die ersten beiden Kunden – die Verkehrsbetriebe Lublin mit 20 Bussen sowie der norddeutsche Mittelständler „Buspunkt“ (Beverstedt) mit drei Fahrzeugen – ihre bestellten Wasserstoffbusse erhalten, steht in den Sternen. Vom Unternehmen gibt es bisher keine offizielle Stellungnahme.

„Wie ein Münchner Start-up Mercedes und MAN abhängt“, titelte die „Wirtschaftswoche“ noch im Januar 2023 und übernahm damals ungeprüft die Behauptung, dass „der erste deutsche Wasserstoffbus so effizient sein kann, wie kein anderer am Markt“. Stolz hat das junge Unternehmen, das zur industriellen Mey-Gruppe mit Sitz in München gehört, den Artikel auf seiner Website verlinkt. Von Beginn an sparte man nicht mit Marketing und vollmundigen Ankündigungen. So dementierte der immer forsch auftretende Co-Gründer und CEO Philipp Glonner seit dem Launch auf der Bus2Bus 2022 hartnäckig jede direkte Verbindung zum 2020 in Insolvenz gegangenen polnischen Unternehmen Ursus. Dieses wurde bereits 1893 gegründet und produzierte vor allem Traktoren und später auch Busse unter dem Dach des Staatskonzerns „Pol-Mot“, bis dieser 2022 bankrottging. Nicht zufällig heißt Ursus auf Keltisch Bär, ist aber ebenso ein Warschauer Stadtteil im Westen der Hauptstadt. Die polnische Dependance der Arthur-Gruppe – der Name bedeutet „der Bärenstarke“ – ist ebenfalls in Warschau ins Handelsregister eingetragen.

Stadt Lublin wartet auf 20 Wasserstoffbusse

Eine Schlüsselrolle im Vorstand des polnischen Unternehmens hatte Rafał Słomka, der seit 2012 bei Ursus Bus tätig war, aber immer im tiefen Schatten von Philipp Glonner stand. Wie das polnische Transportmedium

„Transport Publicny“ und vorher bereits „Radio Lublin“ berichtet, meldete Arthur Bus am Amtsgericht Lublin-Wschód Ende November Insolvenz an. Erst im März 2025 orderte die Stadt, in der 2021 das Arthur-Werk mit rund 40 Mitarbeitern in Betrieb ging, 20 Busse für rund 15 Millionen Euro. Laut Radio Lublin sollte der gesamte Betrag aus Mitteln des Nationalen Wiederaufbauplans (NFOŚiGW) gedeckt werden, sodass „der städtische Verkehrsbetrieb praktisch keine eigenen Mittel aufbringen musste“. Dieser späte Verkaufserfolg verleitete die Arthur-Gruppe im Mai 2025 dann zu einer vollmundigen Pressemeldung: „Die Münchener ARTHUR™-Gruppe setzt ihren soliden Wachstumskurs eindrucksvoll fort und unterstreicht als unabhängiger Hersteller (OEM) ihre technologische Führungsrolle im Bereich emissionsfreier Nutzfahrzeuge.“ Und weiter hieß es: „Bestätigung im Praxiseinsatz in Deutschland, Österreich und Polen sowie positives Feedback bei VIP-Fahrten im Rahmen des Ludwig-Erhard-Gipfels“, eine Veranstaltung der Weimer Media Group am Tegernsee. Zu diesem erlesenen dreitägigen Polittreff ließen sich die beiden Arthur-CEOs einträchtig miteinander ablichten – neben Glonner holte Gründer Gerhard Mey im März 2025 Martin Lischka an Bord, den ehemaligen Marketing-Chef des im Frühjahr 2025 in Insolvenz geschlitterten Unternehmens Quantron aus Augsburg. Beide Herren standen für ein Statement nicht zur Verfügung – wie auch die Mey-Gruppe unsere schriftliche Anfrage nach einem Statement zum Sachverhalt unbeantwortet ließ.

Seit Oktober keine Gehälter mehr gezahlt

Unterdessen bietet sich im Werk anscheinend ein trauriges Bild, wie „Transport Publicny“ weiter berichtet: „Das von den Mitarbeitern beschriebene Bild des Werks an der Frezerów- und Narzędziowa-Straße ist ziemlich brutal: In der leeren Halle steht nur das zusammengeschweißte Gerüst des ersten Busses für MPK Lublin, mit verlegtem Boden und eingeklebten Scheiben. Seit einem Monat arbeitet niemand mehr daran, weil – wie die Mitarbeiter sagen – weder Teile noch eine vollständige Besetzung vorhanden sind.“ Bereits seit Oktober seien keine Gehälter mehr gezahlt worden, darüber hinaus habe sich eine

„organisierte Gläubigergruppe“ von Arbeitern zusammengeschlossen, um eine Sammelklage anzustrengen. Wie die Sprecherin der staatlichen Arbeitsaufsichtsbehörde Małgorzata Korba dem Magazin mitteilte, „führen die Inspektoren derzeit Kontrollmaßnahmen durch“. Die Sozialversicherungsanstalt ZUS wiederum prüfe unterdessen „Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten bei der Planung ihrer eigenen Kontrollen der Beitragszahler“.

Erster Kunde in Deutschland hofft noch

Der erste deutsche Arthur-Kunde, Klaus Ehlers von „Buspunkt“ in Beverstedt, der noch in diesem Jahr drei Wasserstoffbusse geliefert bekommen sollte, hat ebenfalls nichts von der Insolvenz des polnischen Lieferanten gehört. Zum Glück habe er jedoch „noch keine Zahlungen getätigt“, wie er uns bestätigte. Allerdings sei ihm bereits inoffiziell angedeutet worden, dass seine Busse womöglich nicht aus Polen kommen würden, sondern von einer deutlich weiter südlich gelegenen Produktionsstätte.

Der auf dem sozialen Karrierenetzwerk „LinkedIn“ umtriebig agierende Unternehmensgründer Gerhard Mey postete parallel zur Insolvenzanmeldung in Polen unter der Headline „Können wir noch Produkte bauen, die die Welt haben will?“ diese Antwort: „Ja – aber nur, wenn wir aufhören, uns selbst zu sabotieren. `Made in Germany` war nie billig – es war das Beste. Diese DNA haben wir noch. Aber wir müssen sie wieder leben. Deutsche Arroganz: Die Welt wartet nicht, bis wir uns ausgesponnen haben.“ Mit dem vorläufigen Schlusssatz seiner Betrachtung dürfte er allerdings ins Schwarze getroffen haben: „Wirtschaft ist Wettbewerb. Immer. Überall. Gnadenlos.“ Das trifft auch vermeintlich „Bärenstarke“.

Autor: Thorsten Wagner

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