Neues Kontrollsystem im Münchner Nahverkehr

In einem EU-weiten Ausschreibungsverfahren der Stadtwerke München für ein neues Kontrollsystem im Münchner Nahverkehr hat sich der Softwarehersteller AMCON aus Cloppenburg durchgesetzt. Geliefert wurden mobile, Smartphone-ähnliche Geräte auf Android-Basis und mobile Drucker, die mit dem UFHO-System ausgestattet sind. Die Daten laufen im UFHO-Hintergrundsystem (HGS) zusammen und können von dort aus in der Zentrale weiterverarbeitet werden. Außerdem wird im weiteren Verlauf der Zusammenarbeit ein Kontrollmodul nach PKM (Produkt- und Kontrollmodul der VDV eTicket Service GmbH) realisiert.
Das UFHO-System von AMCON ersetzt die bestehende Kontrolllösung der MVG und nutzt die heutigen Möglichkeiten der Hard- und Software für moderne Kommunikationstechnik voll aus. Das Kontrollsystem besteht aus Android-Kontrollgeräten und dazu passenden mobilen Bluetooth-Druckern, mit denen das Prüfpersonal die Fahrscheinkontrolle in allen Verkehrsmitteln des gesamten MVG-Einzugsgebietes durchführt. Mit den Geräten werden Fahrscheine, wie Papiertickets oder eTickets nach VDV-KA-Standard kontrolliert. Über das UFHO-Hintergrundsystem findet ein ständiger Datenaustausch mit den Kontrollgeräten statt. So werden diese ständig mit Stammdaten versorgt, ein sicherer Datenaustausch ist garantiert. Das UFHO-System ist vollständig an die VDV-KA-Systemwelt angebunden. Wird ein Fahrgast ohne gültigen Fahrschein angetroffen, werden seine Angaben in Echtzeit validiert, ein Kundenbeleg ausgedruckt und Erhöhte Beförderungsentgelte (EBE) direkt an das UFHO-Hintergrundsystem übermittelt. Über eine bidirektionale Schnittstelle werden die EBEs dann zu einem nachgelagerten Buchhaltungssystem weitergeleitet.

Quelle: AMCON GmbH

Vorbereitungen zum Start des RE 4 laufen auf Hochtouren

Die National Express Rail GmbH bereitet sich seit Monaten auf die Betriebsaufnahme der Linie RE 4 am 13. Dezember 2020 vor. Die ersten Fahrzeuge des Typs Desiro HC, die im RRX-Design gestaltet sind, sind bereits ausgeliefert. Nun begannen ab dem 21. September 2020 auch die Einweisungen auf den RRX-Fahrzeugen für das Fahrpersonal des RE 4. Das benötigte Personal wird durch den internen Wechsel des Bestandpersonals, durch Neuzugänge bereits vorhandener Triebfahrzeugführerinnen und Triebfahrzeugführer sowie durch Absolventen eigener Triebfahrzeugführer-Qualifizierungskursen bereitgestellt. 
Im Rahmen von Leerfahrten (ohne Fahrgäste) mit regulären Bahnsteighalten werden dem angehenden und dem bereits ausgebildeten Zugpersonal die Fahrzeugausbildung und Streckenkunde auf der Strecke des RE 4 vermittelt. Diese Schulungsinhalte sind Teil der praktischen Triebfahrzeugführer-Ausbildung. Die Ausbildung zur Triebfahrzeugführerin bzw. zum Triebfahrzeugführer dauert in der Regel bis zu zwölf Monate und beginnt mit einer etwa 6-8-monatigen Theoriephase sowie einer anschließenden ca. dreimonatigen praktischen Ausbildung.

Quelle: National Express Rail GmbH

Rheinbahn und NIAG werden am Dienstag bestreikt

Die Gewerkschaften haben für Dienstag, 29. September, einen ganztägigen Warnstreik angekündigt, der auch alle U-Bahn-, Straßenbahn- und Buslinien der Rheinbahn betrifft. Der Streik beginnt um 3 Uhr und soll 24 Stunden dauern. Die Rheinbahn wird in diesem Zeitraum keinen Verkehr anbieten. Betroffen ist das gesamte Netz der Rheinbahn, also die Stadt Düsseldorf, der Kreis Mettmann, die Stadt Meerbusch und die Verbindungen nach Duisburg, Krefeld, Neuss und Ratingen. Die KundenCenter bleiben am Dienstag ebenfalls geschlossen.

Rheinbahn AG

Verdi-Warnstreik trifft auch NIAG
Die von der Gewerkschaft Verdi für Dienstag (29. September) angekündigten Warnstreiks im Nahverkehr treffen auch die NIAG. Das Unternehmen rechnet damit, dass durch den vorübergehenden Ausstand rund 25 bis 30 Prozent der Verbindungen im Verkehrsgebiet der NIAG und von LOOK betroffen sein werden. Der Großteil des Verkehrsangebots könne aber Dank des Einsatzes der Schwestergesellschaften LOOK und VSN sowie der von der NIAG beauftragten Busunternehmen voraussichtlich bereitgestellt werden. 

Quelle: Niederrheinische Verkehrsbetriebe Aktiengesellschaft NIAG

Weitere Solaris-Elektrobusse für Freiburg

Freiburg hat bei Solaris fünf 12 Meter lange Solaris Urbino 12 electric und zehn 18 Meter lange Gelenkbusse Solaris Urbino 18 electric bestellt. Die Fahrzeuge werden mit Solaris High Power-Batterien ausgestattet. In den Gelenkbussen werden Batterien mit einer gesamten Nennkapazität von über 180 kWh eingesetzt, in den Solobussen hingegen wird die Energie in Batterien mit einer gesamten Nennkapazität von über 150 kWh gespeichert. In den beiden Urbino-Modellen wird die Ladung per Pantograf, der auf dem Fahrzeugdach platziert ist, zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wird auch die klassische Ladung per Stecker möglich. Für eine gleichmäßige Fahrt wird eine Elektroachse mit zwei integrierten E-Motoren mit einer Leistung von je 125 kW sorgen.

Quelle: Solaris Bus & Coach S.A.

Autonome Fahrzeuge am Kloster Eberbach

Seit dem 24. September ist ein autonomes Fahrzeug des Pilotprojekts EASY (kurz für Electric Autonomous Shuttle for You) am Kloster Eberbach unterwegs. Donnerstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr sind Besucherinnen und Besucher eingeladen, kostenlos mitzufahren und die Zukunft der Mobilität hautnah zu erleben. Das Fahrzeug fährt Haltestellen zwischen dem Besucherparkplatz, Haupteingang und der Erlebniswelt Hortus Ludi, oberhalb des Busparkplatzes an. „Autonome Fahrzeuge bieten perspektivisch eine Möglichkeit, das klassische ÖPNV-Angebot zu ergänzen. Getestet werden im Projekt EASY daher an verschiedenen Standorten Technik und Akzeptanz der autonomen Fahrzeuge. Nach Tests am Mainkai im Herzen Frankfurts und auf dem Unternehmensgelände der HELIOS-Kliniken in Wiesbaden werden am Kloster Eberbach die Fahrzeuge erstmals im Freizeitverkehr eingesetzt. „Wir laden alle Besucherinnen und Besucher herzlich zu einer Probefahrt ein und sind gespannt auf alle Rückmeldungen“, so RMV-Chef Prof. Knut Ringat.
Das Fahrzeug bietet insgesamt acht Sitzplätze, welche abhängig vom Verlauf der Corona-Pandemie womöglich nicht immer alle besetzt werden. Es fährt völlig selbstständig mit bis zu 11 Stundenkilometern auf der Strecke. Sensoren sorgen dafür, dass das Fahrzeug Hindernisse erkennt, seine Geschwindigkeit verringert und wenn nötig stoppt. Zusätzlich ist bei jeder Fahrt ein sogenannter Operator im Fahrzeug, der den Betrieb überwacht, Fahrgästen beim Ein- und Aussteigen hilft und natürlich Fragen rund um die Technik und das Projekt beantwortet.

Quelle: Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH

Bundesweite Warnstreiks im ÖPNV

Bei den Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist es auch bei der zweiten Gesprächsrunde zu keiner Einigung gekommen. Deshalb hat die Gewerkschaft ver.di zu bundesweiten Warnstreiks aufgerufen. ver.di fordert in dem Tarifkonflikt für bundesweit 87.000 Beschäftigte Regelungen zur Nachwuchsförderung und zur Entlastung der Beschäftigten. In dem bundesweiten Rahmentarifvertrag soll zudem die Ungleichbehandlung in den Bundesländern beendet werden. Konkret geht es dabei um zentrale Regelungen wie 30 Urlaubstage oder Sonderzahlungen. Mit einer Forderung für Auszubildende sollen Anreize zum Einstieg in den Beruf und zur Nachwuchsförderung geschaffen werden.

In Karlsruhe, Baden-Baden und Heilbronn kommt es bereits am Freitag, 25. September, ab 10 Uhr zu Arbeitsniederlegungen. In Karlsruhe werden die Beschäftigten der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK), in Baden-Baden die Beschäftigten der städtischen Verkehrsbetriebe und in Heilbronn die Beschäftigten der kommunalen Stadtwerke am Freitag ab 10 Uhr – nach dem Berufs- und Schülerverkehr – zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Fahrgäste in diesen Städten müssen deshalb mit einzelnen Fahrtausfällen und Verspätungen im Bus- und Bahnverkehr rechnen.

Die Freiburger Verkehrs AG (VAG) wird am kommenden Dienstag, 29. September, von Betriebsbeginn bis Betriebsende durch die Gewerkschaft ver.di bestreikt. Betroffen vom Streik sind auch die Schauinslandbahn sowie der pluspunkt (Salzstraße 3) und das Kundenzentrum in der Radstation, das VAG-Fundbüro und die Abteilung für das erhöhte Beförderungsentgelt im VAG-Zentrum.
Während des Streiks wird es keine Stadtbahnverkehre in Freiburg geben. Im Omnibusbusbereich fahren nur die Linien 15 und 16 in Gundelfingen sowie die Linie 31 (Paduaallee – Niederrimsingen – Gündlingen – Breisach) nach dem üblichen Fahrplan. Bei der Linie 32 (Haid – Rieselfeld – Opfingen – Waltershofen – Paduaallee) entfallen einzelne Fahrten. Es werden auf dieser Linie all jene Fahrten durchgeführt, die im Auftrag der VAG durch private Subunternehmer gefahren werden.
Die VAG weist darauf hin, dass die trotz des Streiks verkehrenden Buslinien keinen Anschluss an andere Stadtbahn- oder Buslinien der VAG bieten.

Quelle: ver.di; Karlsruher Verkehrsverbund GmbH (KVV); Freiburger Verkehrs AG

EU-Initiative: Emissionsfreie Mobilität für alle

Vom 16. bis 22. September 2020 stellten gut 2.700 Städte und Gemeinden aus ca. 50 europäischen Ländern während der Europäischen Mobilitätswoche 2020 ihre eigenen Maßnahmen zur Erreichung einer emissionsfreien Mobilität vor. Sie führten dafür Veranstaltungen durch, um die Bedeutung emissionsfreier Mobilität für alle ins Rampenlicht zu rücken und die Menschen und lokalen Behörden dazu zu ermutigen, das Langzeitziel „Klimaneutrale Mobilität“ anzugehen.
An der Europäischen Mobilitätswoche nahmen auch 97 deutsche Städte und Gemeinden teil. Hier finden Sie den Link zur Liste der Teilnehmer mit deren Aktivitäten und Ansprechpartnern.

Quelle: EuropeanMobilityWeek

PTV Mobility User Group Meeting 2020

Sie gestalten intelligente, nachhaltige und sichere Lösungen für Mobilität und Transport für Ihre Stadt, Ihren Verkehrsverbund oder Ihr Ingenieurbüro? Oder möglicherweise forschen Sie in der akademischen Welt an neuen Ansätzen für den Verkehr von morgen? Dann sollten Sie den PTV Mobility User Group Meeting 2020 nicht verpassen. Der angespannten Veranstaltungssituation durch Covid-19 geschuldet, treffen wir uns mit Ihnen vom 14. – 15. Oktober 2020 im virtuellen Raum.

Was erwartet Sie? Top-Experten der PTV stellen Ihnen die aktuellen Releases der Verkehrsplanungssoftware PTV Visum 2021 und PTV Vissim 2021 vor. Ein wichtiger Teil der Veranstaltung sind die beliebten Anwendervorträge. Verkehrsplaner stellen darin spannende Projekte vor, die sie mit Hilfe der PTV-Software umgesetzt haben. Den Höhepunkt bildet eine Podiumsdiskussion, bei der das Thema “Planning and modelling in uncertain times (how covid19 effects our planning and forecasting process)” kontrovers und vielfältig diskutiert wird.

Mit Ihrer Registrierung haben Sie außerdem Zugang zur virtuellen Ausstellung, wo Sie nicht nur Informationen zu aktuellen verkehrlichen Themen finden, sondern auch in direkten Kontakt mit PTV-Experten treten können, um mit ihnen persönlich zu plaudern.

Weitere Informationen: ptv.to/ugm2020

Sprung nach vorn bei Schieneninvestitionen

Deutschland fährt mit dem Bundeshaushalt 2021 seine lange vernachlässigten Investitionen in die Schieneninfrastruktur deutlich hoch. Dies ergibt die Auswertung des Haushaltsentwurfs für 2021 durch die Allianz pro Schiene. Den Regierungsentwurf will das Bundeskabinett am heutigen Mittwoch verabschieden. „Mit diesem Bundeshaushalt legt Deutschland bei den Schieneninvestitionen einen kraftvollen Sprung nach vorn hin“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, am Mittwoch in Berlin.
Nach den Berechnungen der Allianz pro Schiene werden die Investitionen in die Schienenwege im kommenden Jahr um zwölf Prozent auf 8,7 Milliarden Euro steigen. Rechnet man die Bundesmittel für schienengebundene Infrastrukturvorhaben des Öffentlichen Personennahverkehrs durch das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz hinzu, ergibt sich sogar eine Steigerung um 15 Prozent auf 9,7 Milliarden Euro. „Mit Investitionen von fast zehn Milliarden Euro in die Schiene leistet der Bund einen wesentlichen Beitrag für eine leistungsfähigeren, besseren Bahnverkehr in Deutschland“, so Flege.

Quelle: Allianz pro Schiene

Online-Interview: Die Bahnindustrie braucht qualifizierte, engagierte und kreative Köpfe

Interview mit Andre Rodenbeck, CEO Rail Infrastructure bei der Siemens Mobility GmbH und seit dem 24. Juli 2020 neuer Präsident des Verbandes der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V.

Nahverkehrs-praxis: Allianz pro Schiene und SCI Verkehr berichteten im Juli darüber, dass es in Deutschland – verglichen mit anderen europäischen Ländern – einen erheblichen Investitionsrückstand das Schienennetz betreffend gibt. Anfang des Jahres sprach Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer bei der Unterzeichnung der neuen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung für den Erhalt und die Modernisierung des deutschen Schienennetzes vom „Jahrzehnt der Schiene“. Sehen Sie das auch so optimistisch wie der Minister, oder wie wird die Entwicklung in Ihrer Branche verlaufen?

Rodenbeck: Das Konjunkturpaket der Bundesregierung gibt extrem wichtige Impulse für die Schiene als Wachstumstreiber für Deutschland. Dabei müssen Wirtschaft und Klima zusammenwirken – genau das ist ein Eckpfeiler des Konjunkturpakets. Und die Bahnindustrie steht bereit. Wir wollen und können Schiene 4.0 realisieren. Deutschland kann der digitalen Transformation sofort Schwung geben. Schon bis Ende 2021 werden wir erste Ergebnisse sehen.
Jetzt kommt es auf die Umsetzung an. Zukunftsinvestitionen aus einem staatlichen Konjunkturpaket müssen Effekte mit höchstem Nutzen-Kosten-Verhältnis für Klima, Wirtschaft und Steuerzahler entfalten. Dabei muss es auf die besten Lösungen ankommen.
Wir wollen die Bahnbranche als resiliente Klimaindustrie in Europa stärken. Dafür ist es essentiell die Konjunkturmittel an europäische Beschaffung und Klimaschutz zu knüpfen. Was heißt das konkret? Öffentliche Vergaben müssen wesentlich stärkere Impulse geben für Innovation und europäische Wertschöpfung. Lebenszykluskosten, Preis-Leistungs-Verhältnis und Nachhaltigkeit müssen Vergaben entscheiden, nicht der Anschaffungspreis. Und dafür ist nicht einmal eine Gesetzesänderung nötig. Kriterien für diesen Kulturwandel sehen das europäische und deutsche Vergaberecht bereits vor. Was fehlt, ist die konsequente Implementierung. Effektiver Klimaschutz muss über attraktive Angebote kommen.

Nahverkehrs-praxis: Um die CO2-Emissionen weiter zu senken, wird eine Komplettelektrifizierung des deutschen Schienenverkehrs diskutiert. Ein wichtiger Bestandteil der Strategie soll der Einsatz batterieelektrischer Fahrzeuge im SPNV sein. Ist das ein realistischer Ansatz in technischer wie finanzieller Hinsicht?

Rodenbeck: Elektromobilität ist auf der Schiene schon seit über 140 Jahren Realität. Und dort, wo es betriebswirtschaftlich oder geografisch sinnvoll ist, geht es heute auch ohne Oberleitung. Wasserstoff-, Batterie-, und Hybridantriebe „Made in Germany“ sind bereits heute verfügbar. Batteriezüge legen heute bis zu 100 Kilometer ohne Fahrdraht zurück. Wasserstoffzüge sind seit 2016 erfolgreich im Portfolio. Die Schiene kann zum Vorreiter für den Ausbau von Wasserstofftankstellen und der Ladeinfrastruktur für alternative Antriebe avancieren. Diess bietet große Chancen für die Realisierung der Klimaschutzziele.

Nahverkehrs-praxis: Aktuelle Umfragen besagen, dass die Verkehrswende hin zu einer klimafreundlicheren Mobilität von der Bevölkerung weiterhin gewollt ist. Haben die zuständigen Entscheider in Politik und Wirtschaft die Weichen schon richtig gestellt, oder sind noch weitere bzw. andere Maßnahmen notwendig?

Rodenbeck: Die Richtung, in die wir gehen, stimmt. Und beim Tempo setzen wir heute neue Maßstäbe an. Gemeinsam mit den Beteiligten in den Ministerien, bei den Bahnbetreibern und in der Industrie – und hier spreche ich ausdrücklich nicht nur für die Systemhäuser, sondern auch für den breiten deutschen Mittelstand – ist der Wille entstanden, hier noch mehr zu beschleunigen. Eines der aktuell größten Vorhaben ist hier die Digitalisierung des Schienennetzes. Das deutsche Schienennetz ist der Struktur nach sehr gut, aber teilweise in marodem Zustand. Teils stammt die Stellwerkstechnologie hierzulande noch aus Kaiserzeiten. Das Gesamtsystem von Infrastruktur und Fahrzeugen muss synchron modernisiert und digitalisiert werden. Dies geschah bisher viel zu langsam. Nur in gemeinsamer Verantwortung können Politik, Betreiber und Industrie die Zukunft einer digitalen, klimafreundlichen Mobilität auf der Schiene bereits heute Wirklichkeit werden lassen.

Nahverkehrs-praxis: Eine Umfrage des „Karriereportals Schienenjobs.de“ aus dem Juli 2020 hat ergeben, dass die Corona-Einschränkungen den langfristigen Beschäftigungsaufschwung in der Schienenbranche zwar unterbrochen, ihn jedoch nicht gestoppt haben. 92 % der Unternehmen sind ohne Personalabbau ausgekommen und zwei Drittel wollen sogar in den nächsten 12 Monaten wieder zusätzlich Arbeitnehmer einstellen. Wie ist das trotz Corona zu erklären?

Rodenbeck: Unsere Branche ist in einer ersten Phase gut durch die Krise gekommen. Unsere Lieferketten haben standgehalten, unsere Werke in Deutschland sind offengeblieben. Weiterhin haben viele Mitarbeiter unserer Industrie insbesondere in dieser Zeit gezeigt, wie wichtig ihre Arbeit ist. Ein großer Dank daher an alle Beschäftigten, die in dieser Zeit das System Bahn weltweit am Laufen gehalten haben. Doch wir dürfen hier nicht zu schnell die Bücher schließen, sondern müssen wachsam den Blick auf den Horizont halten, insbesondere die Situation im Ausland, in dem viele deutsche Unternehmen tätig sind, ist teilweise immer noch schwierig.
Was unsere Beschäftigten angeht: Die Bahnindustrie in Deutschland ist Klimaindustrie. Das macht unsere Branche gerade für jüngere Generationen zu einem attraktiven Arbeitgeber. Wer bei uns anfängt ist vor allem immer eines: Klimaschützer. Darüber hinaus bietet die Digitalisierung eine ganz neue Bandbreite an Arbeitsprofilen, die gerade für Quereinsteiger interessant sind.

Nahverkehrs-praxis: Welche Berufsgruppen sind besonders gefragt und was unternimmt die Branche, um Personal zu gewinnen?

Rodenbeck: Um die Zukunft der Mobilität aufs Gleis zu bringen, sucht die Bahnindustrie in Deutschland qualifizierte, engagierte und kreative Köpfe.  Menschen verbinden, Klima schützen, Wirtschaft stärken, Mobilität neu denken – nichts Geringeres sind die Aufgaben der nächsten Generation im Bahnsektor. Ob Hochgeschwindigkeitszüge, autonome Regionalzüge und Metros, vernetzte Bahnhöfe oder alternative Antriebe – überall steckt ganz viel Zukunft und Innovationen drin. Digitalisierung und emissionsfreie Elektromobilität wie Wasserstoff-, Batterie- und Hybridtechnologien müssen kontinuierlich weiterentwickelt und für die Branche neu definiert werden. Deshalb braucht der Sektor Maschinenbauingenieur/innen, Ingenieure/innen, Spezialisten für regenerative Energiequellen und Mechatroniker/innen, um die Grenze des technisch Machbaren weiter zu verschieben. Digitale Schieneninnovationen schaffen völlig neue High-Tech-Berufe für Elektrotechniker/innen, Informatiker/innen und Industriemechaniker/innen. Und Innovation braucht auch Realisation. Die Architekten von Schiene 4.0 arbeiten nicht nur in der Forschung und Entwicklung, sondern auch in Werkhallen und an den Gleisen. Ausbildungen in der Fertigung und Qualitätsprüfung bieten abwechslungsreiche und verantwortungsvolle Aufgabenbereiche mit flexiblen Arbeitszeiten und vielseitigen Einsatzbereichen.
Die Welt noch nachhaltiger, digitaler, sicherer und schneller voranbringen – diese Mission eint die Bahnindustrie in Deutschland. Und für diese Mission suchen wir in der Bahnindustrie neue Mitstreiter/innen, die Mobilität genauso begeistert wie uns.

Nahverkehrs-praxis: Herr Rodenbeck, vielen Dank für das Gespräch.