Klimaschädliche Subventionen in Richtung ÖPNV umverteilen

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bundeshaushalt Ende 2023 war ein politischer Paukenschlag, der auch unsere ÖPNV-Branche kräftig durchgeschüttelt hat. Schließlich wurden infolgedessen Fördermaßnahmen in enormer Größenordnung plötzlich wieder auf den Prüfstand gestellt oder gar ganz gestrichen. Hiervon war bekanntlich nicht nur der Klima- und Transformationsfonds, sondern im Zuge der geplanten Kürzungen auch viele weitere Förderungen betroffen. Angesichts dieser gravierenden Entwicklungen stellt sich nun die grundsätzliche Frage, ob die großen Ziele, die sich die Politik für den Verkehrssektor gesetzt hat, insgesamt gefährdet sind.
Vor Ausbruch der aktuellen Vielzahl an sich gegenseitig verstärkenden Krisen hatten wir als Branche große Ziele in puncto Zukunftssicherung und Ausbau des ÖPNV in Deutschland! Selbstverständlich haben wir diese Ziele auch weiterhin klar im Blick und bleiben hier „auf Kurs“. Damit befinden wir uns als Branche auch in Zukunft im Einklang mit bundes- und landespolitischen Zielen. Man denke in diesem Zusammenhang etwa an den geplanten Ausbau- und Modernisierungspakt, den sich die Ampel-Koalition selbst auf die Fahnen geschrieben hat. Oder als Beispiel aus der baden-württembergischen Landespolitik das erklärte Ziel von Verkehrsminister Winfried Hermann, die Fahrgastzahlen bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln. Beide politisch formulierten Ziele – sowie viele weitere ÖPNV-Initiativen in ganz Deutschland – wurden aus dem Gedanken heraus auf den Weg gebracht, dass effektiver Klimaschutz und eine gelingende Verkehrswende nur mit einer klar formulierten und gemeinsam vorangetriebenen Kraftanstrengung möglich sind.
Unter dem Titel „Verkehrswende gestalten – Leistungsstark und nachhaltig“ hat unser Branchenverband VDV zusammen mit der Roland Berger GmbH in einem Gutachten klar aufgezeigt, dass deutlich mehr Milliarden in den ÖPNV als Gesamtsystem fließen müssten, um die hochgesteckten Ziele zu erreichen. Schon im Jahr 2021, als das Gutachten veröffentlicht wurde, gab es einen hohen Finanzierungsbedarf. Im Jahr 2024 ist die Ausgangslage nun natürlich aufgrund zahlreicher Krisen noch herausfordernder als damals.
Für die Kommunen wird es zunehmend schwieriger, den ÖPNV-Betrieb in den Städten und Gemeinden angesichts galoppierender Kosten überhaupt noch finanzieren zu
können. Hinzu kommt, dass es durch das Deutschlandticket zusätzlich an dringend benötigten Einnahmen fehlt. Zumal hier eine weitreichende und vor allem stabile Finanzierung immer noch nicht abschließend geklärt ist. Dazu kommen angesichts der weiterhin ungünstigen Inflationsentwicklung auch Lohnforderungen der Gewerkschaften, die für unsere Nahverkehrsunternehmen die Personalkosten stark in die Höhe treiben werden. Und als wären dies noch nicht genug Herausforderungen, mit denen wir uns konfrontiert sehen, kommt im Zuge des demographischen Wandels auch noch der wachsende Personalmangel bei gleichzeitig zunehmenden Anforderungen an unser Gesamtsystem hinzu.

Den kompletten Artikel lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 1-2024.

„Jetzt muss massiv investiert werden“

Interview mit Alexander Möller, VDV-Geschäftsführer ÖPNV, über den Zustand der öffentlichen Infrastruktur.

Nahverkehrs-praxis: Herr Möller, in Politik, Verkehrsbranche und Medien scheint es momentan nichts Wichtigeres zu geben als das Deutschlandticket. Gerät das Thema „Infrastruktur“ gerade ins Hintertreffen, obwohl seine Bedeutung für den gewollten Umbau zu einem nachhaltigen Verkehrssystem eigentlich für jeden auf der Hand liegen sollte?
Möller: Ich verstehe, dass aufgrund der vielen öffentlichen Berichterstattung dieser Eindruck entsteht. Die Öffentlichkeit ist vom Deutschlandticket fasziniert, das gilt für allgemeine Medien und für Fachmedien. Andere, existenziell zentrale Themen gehen dabei leicht unter. Und die Infrastruktur ist ein solches Thema. Aber bei uns im Verband und in unserer politischen Arbeit spielen die Themen Ausbau, Modernisierung, Angebot und Infrastruktur insgesamt seit jeher und nach wie vor eine ganz wichtige Rolle.
Nahverkehrs-praxis: Viele Menschen verbinden Infrastruktur-probleme im öffentlichen Verkehr meist mit dem maroden Schienennetz der Deutschen Bahn. Was umfasst der Begriff „Infrastruktur“ tatsächlich alles?
Möller: Infrastruktur heute ist jede Schiene und jede Straße in allen öffentlichen Bereichen, jeder Betriebshof und Ladeinfrastruktur. Jeder Bahnhof und jede Haltestelle und auch die digitalen Infrastrukturen etwa für Mobilfunk nicht zu vergessen. All das ist Infrastruktur der öffentlichen Mobilität. Und sie ist insgesamt in keiner guten Verfassung, wir leben schon zu lange von der Substanz dieser Infrastruktur. Deshalb ist die Qualität unserer Angebote so wie sie ist. Das liegt tatsächlich zum Großteil am Zustand der Verkehrsinfrastrukturen in Deutschland. Das Difu hat dazu im Sommer, beauftragt durch uns, ADAC und Bauindustrie, eine Studie veröffentlicht: Allein für die kommunale ÖPNV-Infrastruktur besteht Modernisierungs- und Ausbaubedarf in Höhe von 60 Milliarden Euro.
Nahverkehrs-praxis: Über die ÖPNV-Infrastruktur wird in Medien eher selten berichtet – weder positiv noch negativ. Liegt es daran, dass dort alles gut funktioniert, oder ist das Improvisationstalent bei Verkehrsunternehmen besonders stark ausgebildet?
Möller (lacht): Es liegt an der sehr guten Arbeit der Kommunikationsabteilungen unserer Mitglieder und unseres Verbandes. Nein, im Ernst. In diesem Bereich gibt es seit Jahren eine strukturelle Unterfinanzierung. Deshalb hat vieles mit Improvisation – unter Einhaltung von Sicherheitsbestimmungen – zu tun. Aber die vielen Baumaßnahmen in den Städten insgesamt und auch im ÖPNV zeigen: Jetzt muss massiv investiert werden. Nicht nur für eine Verkehrswende, sondern erstmal zur Stabilisierung des Status Quo.

Das komplette Interview lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 1-2024.

Ausblick des Nahverkehrs-praxis Fachbeirats auf das Jahr 2024

Die Mobilitätswende gestalten

José Luis Castrillo, Vorstand Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR)
Wir haben 2024 alle Hände voll zu tun, die Mobilitätswende zu gestalten! Digitale und attraktive Tarifangebote ebnen den Weg zum Mobilitätswandel: Allein im VRR sind ca. 1,3 Mio. Menschen mit dem DeutschlandTicket unterwegs, dies bedeutet eine Steigerung bei den Stammkunden und -kundinnen von 27 %. Gelegenheitskunden und -kundinnen haben mit unserem digitalen eTarif eezy NRW-weit rund 2,2 Mio. Fahrten unternommen – Tendenz steigend. Diesen Markterfolg wollen wir weiter ausbauen und gemeinsam mit unseren Partnern eine leistungsfähige vernetzte Mobilität gestalten, die diesen Wandel fördert. Wir treiben die digitale Transformation voran und müssen beim DeutschlandTicket mit Bund, Land und Branche eine einheitliche Governance erarbeiten, insbesondere im Hinblick auf eine bundesweit faire Einnahmeaufteilung. Gleichzeit werden wir in ein integriertes Verkehrsangebot mit emissionsarmen Fahrzeugen, einer verlässlichen Fahrgastinformation und modernen Infrastruktureinrichtungen investieren – und das vor dem Hintergrund der enormen Bautätigkeit im NRW-Eisenbahnnetz.

Endlich Klarheit schaffen!

Tim Dahlmann-Resing; Vorstand Technik & Markt, VAG Nürnberg; Vizepräsident VDV
Die Fahrgastzahlen haben sich dank des Deutschlandtickets im letzten Jahr erholt – und liegen z. T. bereits über dem bisherigen Rekordjahr 2019. Nicht zuletzt hierdurch wird deutlich: Das Angebot von Bussen und Bahnen muss jetzt dringend weiter ausgebaut werden! Neben einer dauerhaft gesicherten und verlässlichen Finanzierung des Deutschlandtickets erfordert das insbesondere die Bereitstellung ausreichender Mittel für den im aktuellen Koalitionsvertrag verankerten Ausbau- und Modernisierungspakt. Dieser soll zwischen Bund, Ländern und Kommunen geschlossen werden, um bis 2030 das ambitionierte Ziel der Verdopplung der Fahrgastzahlen zu erreichen und damit klimaschädliche Emissionen zu reduzieren. Ohne entsprechende dauerhafte zusätzliche finanzielle Mittel werden die Kommunen und Landkreise vor Ort ihre Verkehre nicht ausbauen können! Denn die für deren Betrieb erforderlichen jährlich wiederkehrenden Kosten sind beträchtlich und können nicht allein aus den lokalen Haushalten gedeckt werden.
Gleichzeitig müssen die Verkehrsunternehmen und -Verbünde gemeinsam in digitale Lösungen investieren, um effizientere Strukturen zu schaffen und dadurch Kosten zu sparen. Dringend erforderlich sind auch schnellere Fortschritte in der Automatisierung, denn der Fachkräftemangel bremst die notwendige Verkehrswende – neben der fehlenden Finanzierung – bereits heute gehörig aus. Trotz alledem bleibt der Personalbedarf in den nächsten Jahren weiter hoch! Daher sollten wir uns noch gezielter als attraktive Arbeitgeber präsentieren: Ein geeignetes Recruiting und zeitgemäße Arbeitsbedingungen können uns bei der Positionierung im umkämpften Arbeitsmarkt helfen.

Ohne DB und ÖPNV geht es nicht

Jürgen Fenske, Vorsitzender des Vorstandes, Kölner Verkehrs-Betriebe AG i.R.; VDV-Ehrenpräsident
Bei allen wichtigen Fragen unserer Branche – Deutschlandticket, Antriebstechnologien, Fahrzeugindustrie oder Digitalisierung – sind zwei Herausforderungen von zentraler Bedeutung:
Wohin steuert die DB, und wie sieht die Finanzierung des Öffent-
lichen Verkehrs im nächsten Jahrzehnt aus?
Ohne eine befriedigende Antwort auf diese beiden Fragen wird es die vielfach beschworene Verkehrswende nicht geben. Die DB weiß selber, dass ihre Betriebsqualität äußerst dürftig ist. Enttäuschung und Vertrauensverluste beim Kunden gehen damit einher. Warum umsteigen, wenn der Zug gar nicht fährt oder äußerst unpünktlich ist? Das muß sich schnell ändern, was kein leichtes Unterfangen ist, da die Wurzel des Übels in einer überfälligen Sanierung der Infrastruktur steckt. Und diese Sanierung geht nicht über Nacht. Was Jahre auf Verschleiß gefahren wurde, kann nicht innerhalb einer Woche repariert werden. Umso wichtiger ist trotz Haushaltskrise die Sicherung der zugesagten Investitionsmittel ins deutsche Schienennetz, die Nutzung der Fortschritte bei Planungs- und Genehmigungszeiten und das zügige Arbeiten auf den zahlreichen Baustellen. Nur dann kann sich die Bahn aus ihrem Tal herausarbeiten und Motor der Verkehrswende werden. Eine Alternative gibt es nicht. Ohne Bahn geht es nicht.
Auch nicht ohne kommunalen ÖPNV, der den weitaus größten Teil der Kunden im deutschen Öffentlichen Verkehr stellt. In den letzten Jahren gab es große Fortschritte, ob die Verdreifachen der GVFG-Mittel oder die Überarbeitung der Standardisierten Bewertung, aber das alles reicht leider nicht, um die selbst gesteckten Verkehrs- und Klimaziele zu erreichen. Der politische Auftrag lautet „Wachstum des ÖPNV“, wenn die Politik diesen Auftrag ernst meint, muß sie mehr Geld für Investitionen und Betriebsausgaben zur Verfügung stellen. Sonst bleibt es eine wohlfeile Forderung.
Wie angespannt die Lage ist, zeigen erste interne Überlegungen zur Reduzierung des öffentlichen Verkehrsangebotes. Vorsicht an der Bahnsteigkante, will man da rufen. Trotz Schuldenbremse muß es in den öffentlichen Haushalten möglich sein, durch klare Priorisierung der Aufgaben die Mittel für die Verkehrswende bereitzustellen. Diese Herausforderung ist im neuen Jahr anzunehmen.

Wettbewerb um kluge Köpfe plus technologische Unterstützung

Dr. Jürgen Greschner, Vorstand init SE und Geschäftsführer INIT GmbH
Auch im Jahr 2024 werden die Herausforderungen für unsere Branche nicht geringer. Wie die Zulieferindustrie sehen sich Verkehrsunternehmen stärker denn je damit konfrontiert, immer mehr Projekte mit gleicher oder geringerer Personalstärke zu bewältigen. Die Pensionierungswelle rollt, und neues (Fahr-)Personal ist schwierig zu gewinnen. Gemeinsam Konzepte zu entwickeln, wie unsere ÖPNV-Branche im Wettstreit um kluge Köpfe und nicht zuletzt um das Fahrpersonal wettbewerbsfähiger werden kann, ist eine der zentralen Aufgaben der kommenden Jahre.
Gut, dass sich diese Herausforderungen mit technologischer Unterstützung für die Verkehrsunternehmen angehen lassen – etwa mit der Automatisierung von Aufgaben und Prozessen, Assistenzsystemen oder auch mit Sprachassistenten, die Mitarbeitende mit eingeschränkten Deutschkenntnissen unterstützen. Und natürlich arbeitet die Branche mit vollem Einsatz auf das Ziel des autonomen Fahrens im regulären Betriebsalltag hin.
Die zweite große Herausforderung liegt, wenig verwunderlich, auf der monetären Seite. Zwar besteht über das Fernziel wenig Diskurs – alle Akteure wünschen sich attraktive, zuverlässige und bezahlbare Mobilitätsangebote jenseits des privaten PKW. Doch der Weg dahin ist steinig. Das Deutschlandticket und weitere Sparangebote haben für viele Bürger den ÖV preislich attraktiver gemacht. Aber leider führt die Finanzierung dieser Nutzungsanreize zu einer schwierigen finanziellen Situation beim Ausbau des Angebotes. Doch neben günstigen Fahrpreisen entscheidet gerade die Zuverlässigkeit und Qualität des Serviceangebotes sehr stark darüber, ob Bürger zum Öffentlichen Verkehr wechseln.
Auch hier kann die weitere Digitalisierung entscheidende Beiträge liefern. Es gilt die bestehende Infrastruktur und Kapazität optimal ausnutzen: Fahrgastlenkung basierend auf historischen Daten und Echtzeitfahrgastzähldaten, die nachfrageorientierte Optimierung von Takten, Umläufen und Gefäßgrößen oder auch Bedarfsverkehrskonzepte sind dafür gute Beispiele.

Die kompletten Aussagen lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 1-2024.

Finanzierungsrisiken beim Deutschlandticket

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) wertet den Beschluss der Verkehrsminister vom 22. Januar als richtigen Schritt, um die Attraktivität des Deutschland-Tickets zu erhalten und somit weitere Fahrgäste dafür zu gewinnen. In einer Sondersitzung hat die Verkehrsministerkonferenz beschlossen, dass das Deutschland-Ticket im Jahr 2024 zunächst weiterhin 49 Euro im Monat kosten soll. Gleichzeitig gibt es jedoch keine Zusage, dass Einnahmeverluste, auch wenn sie über die zwischen Bund und Ländern vereinbarten Mittel hinausgehen, vollständig ausgeglichen werden. Die Länder fordern hierzu zwar den Bund auf, seiner Zusage zur Übertragung der Restmittel aus dem vergangenen Jahr nachzukommen. Dies ist aber keine Garantie, die die komplette Finanzierung des Tickets sicherstellt. Für die Verkehrsunternehmen bedeutet dies ein Risiko durch eine mögliche Finanzierungslücke von bis zu einer Milliarde Euro im Jahr 2024.

VDV-Präsident Ingo Wortmann: „Für die Fahrgäste ist der heutige Beschluss zur Preisstabilität beim Deutschland-Ticket eine gute Nachricht. Der Branche fällt es damit leichter, das Ticket weiterhin stark zu vermarkten und die Nachfrage zu steigern. Aber es fehlen noch die haushalterischen Schritte, die Finanzierungslücke, die uns durch Einnahmeausfälle entsteht, vollumfänglich auszugleichen. Erst wenn aus den bisherigen Prognosen zu möglichen Einnahmeverlusten die Ergebnisse auf Basis der harten Verkaufszahlen vorliegen, wissen wir, ob die Ausgleichszahlungen ausreichen. Das bedeutet bis dahin weitere große finanzielle Unsicherheiten für die Branche. Wir betonen erneut: Wer das Deutschland-Ticket dauerhaft will, muss wirtschaftliche Planungssicherheit und ein Ende der Unsicherheiten über die Zukunft Tickets sicherstellen.“

Quelle: Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)

Deutschlandticket-Preis: 49 Euro bis Ende 2024

Pendler und Reisende können in diesem Jahr mit einem stabilen Preis beim Deutschlandticket für bundesweite Fahrten im öffentlichen Nah- und Regionalverkehr rechnen. „Die Verkehrsministerkonferenz hat für 2024 Klarheit geschaffen: Auch wenn in der Öffentlichkeit über Preiserhöhungen ab Mai diskutiert wird, bleibt der Einführungspreis von 49 Euro für das Gesamtjahr stabil“, sagte der Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz, Nordrhein-Westfalens Ressortchef Oliver Krischer (Grüne), der Deutschen Presse-Agentur nach Beratungen der Länderminister.
Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies betonte, „wir sind uns als Länder einig, dass wir in diesem Jahr keine Preissteigerung beim Deutschlandticket brauchen“. Auf Grundlage der vorliegenden Daten sei 2024 keine Preiserhöhung nötig, denn die Finanzierung sei auskömmlich, sagte der SPD-Politiker. „Der Preis kann also auch in diesem Jahr stabil bleiben.“ Dies sei ein Signal der Verlässlichkeit für Nutzerinnen und Nutzer. „Das bringt auch die notwendige Klarheit für die Verkehrsunternehmen und die Kommunen.“ Die Länder haben sich laut Lies verständigt, mit dem Bund Lösungen zu erarbeiten, die eine flexible Finanzierung über die Jahresgrenze hinaus sicherstellten.
Der Bund beteiligt sich wie zuvor bereits vereinbart auch 2024 zur Hälfte an den Kosten und gibt 1,5 Milliarden Euro. Zusätzlich sollen nicht verbrauchte Mittel für 2024 eingesetzt werden. An der Übertragbarkeit von Restmitteln des Deutschlandtickets aus 2023 werde festgehalten, teilte das Bundesverkehrsministerium am 22. Januar vor der Sonderkonferenz der Länderminister mit.

Quelle: handelsblatt.com

VDV: Bundeshaushalt 2024 steht nicht für Klimaschutz und Verkehrswende

In der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages wurde entschieden, im Bundeshaushalt 2024 unter anderem die knappen finanziellen Mittel für den Ausbau und Modernisierung der Eisenbahninfrastruktur, für die Trassenpreisunterstützung und bei der E-Bus-Förderung drastisch zu kürzen.

Ingo Wortmann, Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV): „Wir erkennen die schwierige Aufgabe ausdrücklich an, einen tragfähigen Bundeshaushalt aufzustellen – und doch können wir als Branche nicht nachvollziehen, dass in einem solchen Maße in dem Bereich gekürzt wird, der wie kein anderer für die Modernisierung Deutschlands mit Blick auf das Erreichen der Klimaschutzziele steht. Die Entscheidungen führen dazu, dass die Güterbahnen Aufträge an den Lkw verlieren werden, auch wenn die letzte Entwicklung bei den Trassenpreisen die Situation wieder etwas lindert – und der Aufbau der E-Bus-Flotten beendet wird.“

Die Pauschalität des Sparansatzes lasse laut Branchenverband VDV keine Priorisierung für Klimaschutz und Verkehrswende erkennen – und mache die beachtlichen Erfolge in den letzten Jahren zunichte.
So sieht der Koalitionsvertrag ausdrücklich vor, für das Erreichen der Klimaschutzziele und für den Wirtschaftsstandort Deutschland den Masterplan Schienenverkehr weiterzuentwickeln und umzusetzen, um den Marktanteil des Güterverkehrs auf der Schiene bis 2030 auf 25 Prozent zu steigern und die Verkehrsleistung im Personenverkehr zu verdoppeln. Die Infrastruktur sollte dafür ausgebaut und modernisiert, die Nutzung der Schiene günstiger werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der Bahnen zu stärken.

„Davon hat sich der Bund de facto verabschiedet. Trassenpreis-, Anlagenpreis- und Innovationsförderung wurden nicht etwa aufgestockt, was geboten wäre, sondern trotz kleiner Korrekturen in der Bereinigungssitzung wesentlich gesenkt. Auch die Kürzung der Mittel für die Infrastruktur nichtbundeseigener Eisenbahnen weisen wir als völlig falsche Weichenstellung zurück. Mit diesem Beschluss werden nicht nur die verkehrs- und klimaschutzpolitischen Ziele des Bundes schwer erreichbar, sondern für die margenschwachen Unternehmen des Schienengüterverkehrs drohen existenzielle Probleme: Denn die Verträge mit der verladenden Wirtschaft wurden im Vertrauen auf eine mindestens mittelfristige Fortsetzung der bestehenden Förderkataloge geschlossen. Davon kommen wir nicht mehr weg. In Bezug auf die sehr viel stärkere ERTMS -Kürzung gehen wir davon aus, dass diese fehlenden Mittel im Zuge der Finanzierung der Korridorsanierungen berücksichtigt werden“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann.

Die wesentlichen Kürzungen bei der Eisenbahn in Zahlen:

Die Trassenpreisförderung für die Güterbahnen sinkt – von den ursprünglich vorgesehenen 350 Mio. auf rund 229 Mio. Euro (- 121 Mio. Euro).

Die Anlagenpreisförderung sinkt von den ursprünglich vorgesehenen 85 Mio. auf 20 Mio. Euro (- 65 Mio. Euro).

Die Innovationsförderung für den Schienengüterverkehr sinkt von ursprünglich geplanten rund 40 Mio. auf rund 26 Mio. Euro (- 14 Mio. Euro).

Die Förderung der Güterverkehrsinfrastruktur der nicht-bundeseigenen Eisenbahnen sinkt von 73,5 Mio. auf rund 27 Mio. Euro (- 46,5 Mio. Euro).

Die Mittel des Bundes für die Ausrüstung der Eisenbahninfrastruktur und Bahnen mit dem europäischen Zugsicherungssystem ERTMS sinkt von rund 1,3 Mrd. Euro auf rund 1,05 Mrd. Euro (- 250 Mio. Euro).

Die Förderinitiative zur Attraktivitätssteigerung und Barrierefreiheit von Bahnhöfen sinkt von 265 Mio. auf 97 Mio. Euro (- 168 Mio. Euro).

„Schon die Absenkung der Mittel für zukunftsweisende ÖPNV-Modellprojekte in Höhe von rund 14 Millionen Euro ist aus Sicht des Branchenverbandes sehr schmerzhaft. Doch das ist noch kein Vergleich zur Absenkung der Mittel für die E-Busförderung in Höhe von fast 77 Millionen Euro. Bereits vor wenigen Monaten wurden zahlreiche Förderabsagen mit fehlenden Haushaltsmitteln begründet. Die Umstellung der Bus-Flotten und vor allem der Infrastrukturen bei den kleinen und mittleren Unternehmen in den Kommunen kommt damit schlicht zum Erliegen“, so Wortmann.

Laut Branchenverband kam der Markthochlauf bei klimafreundlicheren Bussen zuletzt in Schwung, knapp 6.000 Förderbescheide wurden in den letzten zwei Jahren bewilligt.

„Doch angesichts von rund 35.000 ÖPNV-Linienbussen im Regelbetrieb, die noch nicht alle umgestellt sind, stellen sich grundsätzliche Fragen. Hunderte Unternehmen haben in ihren Planungen die Umstellung auf E-Busse vorgesehen. In Summe reden wir über ungefähr 10.000 Busse. Die Zustimmung der Bundesregierung zur europaweit gültigen CO2-Flottengrenzwerteverordnung, die 90 Prozent elektrische Stadtbusse ab 2030 vorsieht, erfordert einen Investitionshochlauf, der viele Jahre vorher ansetzen muss“, so Wortmann.

Demzufolge müssten die Mittel zur Förderung vielmehr aufgestockt werden.

Quelle: Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)

GDL ruft ihre Mitglieder zum Arbeitskampf auf

Mit dem neuen, dritten Angebot hat die Deutsche Bahn AG nach Ansicht der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) erneut gezeigt, dass sie ihren bisherige Verweigerungs- und Konfrontationskurs unverdrossen weiterverfolgt – von Einigungswillen laut GDL keine Spur.
Die GDL ruft deshalb ihre Mitglieder bei DB Cargo am Dienstag, 23. Januar 2024, 18:00 Uhr, zum Arbeitskampf auf. Danach folgen am Mittwoch, 24. Januar, 02:00 Uhr sämtliche Unternehmen der DB, inklusive der Infrastruktur, und die City-Bahn Chemnitz. Der Streik endet am Montag, 29. Januar, 18:00 Uhr.

Quelle: Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL)

DVF beklagt klaffende Finanzlücke im Verkehrsbereich

Das Deutsche Verkehrsforum (DVF) sieht mit der Einigung des Haushaltsausschusses für den Bundeshaushalt 2024 nur an einigen Stellen eine leichte Nachbesserung, doch reicht das Niveau nicht aus, um die Transformation im Verkehrsbereich zu bewältigen.

DVF-Geschäftsführer Dr. Florian Eck sagt dazu: „Mit der Einigung des Haushaltsausschusses auf geringfügige Änderungen im vorgelegten Haushaltskompromiss der Bundesregierung wurden einige Kürzungen unter anderem bei der Trassenpreisförderung, bei Fahrradparkhäusern und beim klimaneutralen Schiff abgemildert. Die Einigung schafft zumindest in einigen Bereichen, wie bei der Sanierung der Hochleistungskorridore oder dem Straßenbau, die Sicherheit, dass Investitionsprojekte weiterlaufen können. Das Niveau reicht aber auch weiterhin bei weitem nicht aus, um die Transformation in dem Tempo voranzutreiben, wie es eigentlich erforderlich ist.
Sorge bereiten insbesondere die Finanzierung des Schienenausbaus und die zusammengestrichenen Rückflüsse aus dem Klima- und Transformationfonds (KTF). Für die Mobilitätsbranche ist besonders kritisch, dass sie einerseits durch Luftverkehrsteuer, Lkw-Maut, Trassenpreise im Schienenverkehr und CO2-Bepreisung maßgeblich zusätzlich belastet wird, andererseits aber wichtige Zukunftsinvestitionen gekürzt werden oder unterhalb des Bedarfes stagnieren. Damit das Projekt Zukunft gelingt, müssen die klaffenden Lücken bei den Zukunftsinvestitionen in den Bereichen Schienen- und Wasserstraßennetz, Anschaffungsförderung für elektrifizierte Fahrzeuge, e-Fuels-Kapazitäten, Tank- und Ladeinfrastruktur, Fahrradinfrastruktur geschlossen werden”.

Eck bezeichnet die vorläufige Haushaltsführung und die Unsicherheit über die Zukunft vieler Projekte als „Sand im Getriebe unserer Zukunftsbranche”. Daher sei es wichtig, dass es nach der Bereinigungssitzung nun planmäßig und zügig mit der Verabschiedung des Bundeshaushalts 2024 weitergehe.

„Dies darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Projekt Zukunft unsicher bleibt. Die Transformation der Branche und damit auch die Klimaziele stehen auf dem Spiel. Die Bedarfe sind der Bundesregierung bekannt: Alleine bei den klassischen Verkehrswegen sind das 45 Milliarden Euro zusätzlich für die Schieneninfrastruktur bis 2027, mindestens 2 Milliarden Euro jährlich für Sanierung und Ausbau der Wasserstraßen, 2,5 Milliarden Euro jährlich alleine für die Brückensanierung der Bundesfernstraßen. Hinzukommen Bedarfe für Digitalisierung und Energiewende. Diese Investitionsmittel müssen nun kurzfristig über Nachtragshaushalte und mittelfristig über eine Änderung der Finanzstrukturen, beispielsweise über ein Sondervermögen, sichergestellt werden”, sagte Eck.

Quelle: Deutsches Verkehrsforum D(VF)

Neues DB-Angebot an die GDL

Die Deutsche Bahn (DB) hat der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) ein neues Verhandlungsangebot im aktuellen Tarifstreit gemacht.

„Die Lokführergewerkschaft war bisher an echten und ernsthaften Verhandlungen überhaupt nicht interessiert“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler auf einer Pressekonferenz in Berlin. „Dabei müssen Streiks immer das letzte Mittel in einem Tarifkonflikt sein. Um eine weitere sinnlose Eskalation abzuwenden, machen wir jetzt erneut große Zugeständnisse und reichen der Lokführergewerkschaft zum wiederholten Mal die Hand. Im Gegenzug erwarten wir, dass wir endlich wieder miteinander sprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Das Beharren auf Maximalforderungen führt nirgendwo hin. Wir wollen einen guten Kompromiss erreichen. Das ist es, was eine verantwortungsvolle Sozialpartnerschaft ausmacht.“

Die DB hat der GDL heute ein neues Angebot übermittelt. Es beinhaltet eine Lohnerhöhung von insgesamt bis zu 13 Prozent sowie die Möglichkeit für Lokführer und Zugpersonal, zum 1. Januar 2026 die Wochenarbeitszeit um eine Stunde auf 37 Stunden bei gleichem Gehalt abzusenken. Alternativ können auch 2,7 Prozent zusätzlicher Lohn gewählt werden. Seiler: „Es gibt nun absolut keinen Grund mehr, sich Gesprächen zu verweigern. Die GDL muss sich ihrer Verantwortung stellen und mehr Verhandlungen wagen!“

Quelle: Deutsche Bahn

Weitere Tarifabschlüsse der GDL

In der laufenden Woche konnte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) mit weiteren zehn Unternehmen erfolgreich Tarifverhandlungen führen und Ergebnisse im Interesse der Beschäftigten erzielen. Die Arbeitgeberseite hat jetzt laut GDL gezeigt, dass sie die berechtigten Interessen der GDL-Mitglieder ernst nimmt. Die DB isoliert sich nach Ansicht der Gewerkschaft immer weiter und zeigt, wie weit sie sich von den Interessen ihrer eigenen Beschäftigten entfremdet hat.
Die GDL konnte nach den Verhandlungen mit folgenden Unternehmen Tarifverträge abschließen: Am Dienstag mit AKN Eisenbahn GmbH, am Mittwoch mit den Personaldienstleistungsunternehmen MEV Eisenbahn-Verkehrsgesellschaft mbH, dispo-Tf Rail GmbH, First Passenger Rail Service Germany GmbH, RT&S Lokführer-Akademie, assoft GmbH (Unternehmensbereich railmen), Rheinische Bahnpersonal- und Verkehrsgesellschaft mbH, delphi personal GmbH und am Donnerstag mit Abellio Rail Mitteldeutschland GmbH und der WestfalenBahn GmbH.
Alle Unternehmen haben laut GDL lösungsorientiert gehandelt und so die Abschlüsse ermöglicht. So werden bei weiteren Unternehmen die Eisenbahner-Berufe durch Belastungssenkung und nachhaltige Entgelterhöhungen attraktiver.
Die zentrale Forderung einer 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter ohne Entgeltkürzung wurde vereinbart, weiterhin 420 Euro mehr Entgelt, eine 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie, die Erhöhung beziehungsweise Vereinheitlichung der Altersvorsorge auf das Marktniveau und die grund-sätzliche Fünf-Tage-Woche.
Die Anzahl der im Sinne der GDL abgeschlossenen Tarifverträge wächst damit kontinuierlich weiter an: 18 Tarifpartner haben bereits das neue Marktniveau akzeptiert. Verhandlungen mit weiteren Tarifpartnern werden in den kommenden Wochen aufgenommen oder laufen bereits.

„Wir sind zuversichtlich, unsere anspruchsvollen Forderungen im gesamten Eisenbahnverkehrsmarkt durchzusetzen. Die dauerhafte Erhaltung des von der GDL in den vergangenen zwölf Jahren erreichten einheitlichen Tarifniveaus mit mehr als 60 Tarifpartnern ist und bleibt oberste Priorität“, so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky. „Allen Unkenrufen zum Trotz setzt sich unser Abschluss weiterhin durch und wird den Markt dauerhaft prägen. Die Tatsache, dass nur einer unserer Tarifpartner, die zu 100 Pro-zent im Eigentum des Bundes befindliche DB AG, immer wiederholend die Auseinandersetzung mit der GDL sucht und dabei sowohl der Wirtschaft als unseren Reisenden das Verkehrsmittel Eisenbahn entzieht spricht für sich. Entscheidend ist dabei, dass dabei Millionen von Steuergeldern verantwortungslos und unnötig verbrannt werden.“

Wie am 19. Januar in der Pressekonferenz der DB bekannt gegeben wurde, hat die GDL ein neues Angebot erhalten. Die GDL wird dieses Angebot bewerten und danach über das weitere Vorgehen entscheiden.

Quelle: Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer