Effizienzsteigerungen und die Nutzung alternativ bereitgestellter Energien und Kraftstoffe stellen die zentralen Herausforderungen für die Mobilität der Zukunft dar. Der öffentliche Verkehr engagiert sich aktiv, diese Ziele umzusetzen und hat schon viele Weichenstellungen getroffen, um die Aufgaben zu bewältigen.
Die Rahmenbedingungen ändern sich
Die Klimaabkommen von Kyoto und Paris stellen Meilensteine in der neuen umwelt- und energiepolitischen und Ausrichtung von über 190 Staaten dar, die sich zur Umsetzung der CO2-Reduktionsziele ausgesprochen haben. Die EU und die Bundesregierung arbeiten nun an verschiedenen Direktiven und Gesetzen, um dieses Ziel umzusetzen und die entsprechenden Rahmenbedingungen zu formulieren. Die Energiewirtschaft erhält u. a die Zielvorgabe, 32 Prozent des Bruttoenergieverbrauchs bis 2030 regenerativ zu erzeugen. U. a. mithilfe von Emissionsvorgaben für Hersteller von Pkw-Flotten, einem Energieeffizienzziel von mindestens 32,5 Prozent für 2030, der Clean Vehicle Directive mit einer Beschaf¬fungsquote für den ÖV und einer möglichen CO2-Besteuerung soll die Trendwende erreicht werden. In der Realität zeigen sich jedoch nun die Herausforderungen, den Wandel finanziell, wirtschaftlich verträglich und sozial zu gestalten. Bei der branchenübergreifend zusammengesetzten Nationalen Plattform Zukunft der Mobilität (einberufen vom BMVI und dem BMU) werden mögliche Maßnahmen aus verschiedenen Sichtweisen bewertet und sollen Szenarien für eine mögliche Zielerreichung erarbeitet werden. Bei der Bewertung und Berechnung der Effektivität der möglichen Maßnahmen zeigte sich, dass viele Maßnahmen und Aktivitäten nötig sind, um das Ziel der CO2-Emissionsreduktion bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu erreichen. So sind Verkehrsverlagerungen auf effizientere Verkehrsträger und der Ausbau der Nutzung regenerativ bereitgestellter Energie notwendig.
Chancen für den ÖV
Heute legen ÖV-Nutzer schon zwei Drittel der im ÖV geleisteten Personenkilometer in elektrisch betriebenen Fahrzeugen zurück. Die Umstellung der Versorgung dieser Fahrzeuge mit regenativ bereitgestelltem Strom wird kontinuierlich vorangetrieben. Die Effektivität der mit fossilen Kraftstoffen betriebenen Busse konnte u. a. mit der Einführung der neuen Fahrzeuggeneration in den letzten Jahren auch um bis zu 10 Prozent erhöht werden. Damit ergeben sich bei einer deutschlandweiten mittleren Besetzung der Busse mit 17 Personen ein Verbrauch von ca. 2 l/Person auf 100 Kilometern. In Ballungsräumen mit deutlich höheren Besetzungsgraden bietet der ÖV schon das „1-l-Auto“ an.
Bei Verlagerungen von Verkehren vom MIV auf den ÖV bietet dieser mit seinem aktuellen Flottenmix schon heute ein großes CO2-Einsparpotenzial. Daher stellt der Ausbau der ÖV-Kapazitäten mit einer Ausweitung der Angebote, insbesondere in Ballungsräumen und bei den Zubringerverkehren, einen wichtigen und langfristig wirksamen Baustein für die CO2-Reduktionsziele dar.
Ausweitung der e-Mobilität
Um den Verkehr auf regenerativ bereitgestellte Energieträger umzustellen, werden anhand der Anforderungen synthetische und elektrische Energieträger benötigt. Hierbei müssen u. a. die Aspekte Bereitstellungs-, Versorgungssicherheit, Einsatz und nötige Reichweite der Fahrzeuge, lokale Emissionsfreiheit etc. betrachtet werden. Daher werden sicherlich in Zukunft verschiedene Energieträger bereitgestellt werden müssen und im Verkehr genutzt werden. Aufgrund der begrenzten Flächen zur Bereitstellung regenerativer Energie wird die Effizienz der Energiebereitstellung ein wichtiger Faktor bei der Kostenstruktur sein. Da der Wirkungsgrad mit jeder Umwandlung der Energie abnimmt, werden die Kosten für die Energieträger „Bereitstellung über Oberleitung“, durch eine Batterie, durch Wasserstoff, durch synthetische Gase oder synthetische, flüssige Kraftstoffe in der Reihenfolge steigen. Unter den Randbedingungen der lokalen Emissionsfreiheit, die in einigen Kommunen und auch durch die Clean Vehicle Directive gefordert sind, bieten Trolley- und Batteriebusse den höchsten Wirkungsgrad für den städtischen und Vorortverkehr. Die Entwicklung der e-Busse ist in den letzten Jahren effizient und in guter Abstimmung mit den Förderprogrammen des Bundes vorangekommen. Den ersten e-Batterie-Bus-Prototypen, die vor fünf Jahren erstmalig in Deutschland eingesetzt wurden, traute man noch nicht die Überwindung eines 9-km-Rundkurses zu und installierte daher drei Ladestationen auf der Strecke. Die Praxiserfahrungen, konsequente Entwicklungen im Bereich der Traktionsbatterien, der Optimierungen der Nebenverbraucher und der Heizungs-und Klimasysteme führen nun zu Fahrzeugen mit einer Reichweite von 150 Kilometern. Durch eine Separierung der Heizung und Klimatisierung von der Traktionsbatterie werden sogar Reichweiten bis zu 300 Kilometern angeboten. Neben den Reichweiten steigen auch die Verfügbarkeitswerte der Systeme. Die neuen Anforderungen an die Verkehrsunternehmen, nun ganze Systeme umstellen und diese auch gemeinsam beschaffen zu müssen, führt nun zu einer neuen und zukunftsorientierten Zusammenarbeit verschiedener Industrien und Planungsunternehmen; Fahrzeughersteller und Energieversorger stimmen sich ab, um die Produkte zu optimieren. Neben den positiven Entwicklungen, die für einen Markthochlauf nötig sind, stehen die steigenden Investitionskosten für die Fahrzeugbeschaffung, den Betriebshofumbau und die Energieversorgung sowie die noch nicht bekannten TCO-Kosten für Traktionsbatterien und die von Dieselbussen abweichenden Verfügbarkeiten entgegen.
Aufgaben der Verkehrsunternehmen
Die unterschiedlichen Rahmen- und Einsatzbedingungen erfordert nun bei einer Richtungsentscheidung insbesondere eine Bewertung der Betriebskonzepte. Die zur Verfügung stehenden Energieangebote, wie z.B. Netzanschluss, Wasserstoffversorgung etc. sowie der zur Verfügung stehende Raum für Ladeinfrastruktur oder dem Aufstellen von H2-Tanks, die Distanz des Betriebshofes zum Einsatzort, Flächen zum Nachladen der e-Busse auf der Linie etc. müssen bewertet werden, um zu einem schlüssigen Konzept zu kommen. Auch für den Betrieb müssen Überlegungen angestellt werden, die Effektivität zu erhöhen, indem z.B. Busspuren und Ampelvorrangschaltungen installiert werden, um ein konstantes energieeffizientes Fahren zu ermöglichen. Hilfestellungen zur ersten Einschätzung bieten die VDV-Schriften und VDV-Mitteilungen, die von den Kollegen aus den Fachgremien erarbeitet und auf Basis ihrer Erfahrungen erstellt werden. So wird aktuell u .a. die VDV-Schrift 825 „Auswirkungen alternativer Technologien im Linienbus auf Betriebshöfe und Werkstätten“ aktualisiert und die neuen Anforderungen an den erhöhten Platzbedarf zur Integration der Ladeinfrastruktur, Abstellplätzen für beschädigte Fahrzeuge, die Arbeitsplätze etc. beschrieben. So fließen die Erfahrungen der Betriebshofbauten in München, Hamburg, Osnabrück etc. ein. Als wichtige Voraussetzung für einen strategischen Austausch sind auch die Aktivitäten zur Standardisierung, wie es u. a. in der Arbeitsgruppe der DKE AK 353.0.10 „Laden von Elektrobussen“ zwischen der Industrie und VDV-Unternehmen erfolgt. Im Rahmen der im nächsten Jahr am 4. bis 5. Februar 2020 stattfindenden 11. VDV EBUS Konferenz wird die Vernetzung zwischen Herstellern, Beratern, Energieversorgern und Betreibern, der Erfahrungsaustausch und die Voraussetzungen für eine Energie- und Antriebswende miteinander weiter vertieft und mit neuen Aspekten und Erkenntnissen angereichert.
Anforderungen an die Rahmenbedingungen
Die Umstellung der Mobilität auf die Nutzung regenerativer Energie fordert auch im ÖV hohe Investitionen. Es ist daher wichtig, dass diese finanziert werden. Da die Clean Vehicle Directive diese Umstellung nicht über eine Erhöhung der Ticketpreise empfiehlt, sind Förderprogramme, wie z.B. das des BMU, notwendig, um die infrastrukturellen Umbauten und die Fahrzeugbeschaffung zu unterstützen. Diese Förderprogramme sind langfristig anzulegen, um die Planungen von Betriebshöfen, Werkstätten, Ladeinfrastrukturen und eine Umstellung des Mobilitätskonzeptes zu ermöglichen. Ein mögliches Konzept wäre ein Art „GVFG“ für e-Mobilität mit einer ersten Laufzeit bis 2030. In diese Förderkonzepte sollten alle Städte und Kommunen eingebunden werden und ergänzend durch kommunale bzw. durch die Bundesländer finanzierte Angebote erweitert werden. Hierbei ist es wichtig, dass jeder den ihm zur Verfügung stehenden Spielraum nutzt. Ein Kapazitätsausbau des ÖV, die Umsetzung der CVD mit einer deutschlandweiten Quote bietet viel Potenzial. Mit attraktiven Rahmenbedingen lassen sich die hochgesteckten Ziele zur Reduktion der CO2-Emissionen erreichen. Mit den ca. 1.000 beim BMU angemeldeten e-Bussen zur Förderung zeigt sich die Bereitschaft der ÖV Branche den Weg zur CO2 Reduktion zu gehen. Viele Ideen und Konzepte sind erarbeitet. Nun ist es Zeit zu handeln. Der ÖV hat im Bereich der CO2-Emissionsminderung schon viel erreicht und bietet weiterhin ein großes Potenzial, zur Erreichung des Ziels beizutragen und steht gerne als Partner für Politik und Gesellschaft zur Verfügung.