Verkehrsunternehmen müssen ihren Kunden jetzt attraktive Zugänge bieten

Gehen regionalen Verkehrsunternehmen durch das Deutschlandticket Stammkunden verloren? Nicht, wenn sie schnell sind und sich auf ihre ureigenen Stärken besinnen, sagt Martin Timmann im Interview. Der Geschäftsführer von HanseCom erläutert, worauf es jetzt ankommt.

Herr Timmann, das Deutschlandticket ist beschlossene Sache. Was bedeutet das für den öffentlichen Nahverkehr?

Timmann: Es bedeutet auf jeden Fall eine große Zäsur. Wir stehen vor einer echten Wende, die für den ÖPNV viele Chancen, aber auch Risiken mit sich bringt. Ein unkompliziertes und relativ kostengünstiges Ticket, das deutschlandweit im ÖPNV und Regionalverkehr gilt, ist eine hervorragende Möglichkeit, neue Kunden für geteilte Mobilität zu gewinnen. Sie können mit dem Ticket überall fahren und sind nicht gezwungen, sich mit der lokalen Tarifstruktur auseinanderzusetzen. Einfacher geht’s wirklich nicht. Natürlich braucht es auch Konzepte für die erforderliche Infrastruktur, denn wenn potenziell mehr Menschen Bus und Bahn fahren, muss das Angebot auch ausgeweitet werden. Und speziell für den ländlichen Raum muss öffentlicher Nahverkehr neu gedacht werden. Das Deutschlandticket hat aber definitiv das Zeug dazu, mehr Menschen vom motorisierten Individualverkehr abzuhalten und damit einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende zu leisten.

Und wo sehen Sie Risiken?

Timmann: Besonders für regionale Verkehrsunternehmen gibt es auch eine Kehrseite der Medaille. Das Deutschlandticket ist in vielen Regionen günstiger als das bisher preiswerteste Abo. Einnahmeverluste und Finanzierungslücken sind die Folge. Da das Ticket deutschlandweit gilt, können Kunden es außerdem bei einem Anbieter ihrer Wahl kaufen. Das muss nicht zwangsläufig das Verkehrsunternehmen der eigenen Region sein. Zusätzlich zu den potenziellen Einnahmeverlusten müssen sie deshalb damit rechnen, dass sie auch Teile ihrer wichtigsten Zielgruppe, nämlich ihre Stammkunden, verlieren.

Wie lässt sich Ihrer Ansicht nach die Abwanderung von Stammkunden verhindern?

Timmann: Damit Verkehrsunternehmen im Wettbewerb gegen deutschlandweit agierende Anbieter bestehen können, müssen sie ihren Kunden schnell attraktive Zugänge zum Deutschlandticket bieten. Wir kennen das ja bereits vom bundesweiten 9-Euro-Ticket und auch vom 29-Euro-Ticket in Berlin: Sobald diese Tickets für den Verkauf freigegeben waren, gab es einen regelrechten Run darauf. Es ist anzunehmen, dass sehr viele Menschen sich wieder so verhalten und das Deutschlandticket sofort kaufen wollen. Um möglichst viele Bestandskunden zu binden, sollten Verkehrsunternehmen jetzt in einem ersten Schritt Lösungen schaffen, die ihren Kunden einen einfachen Weg zum Deutschlandticket eröffnen.

Wie können solche Lösungen konkret aussehen?

Timmann: Das kann beispielsweise die Vorreservierung und der Vorverkauf in Webshops, Abo-Online-Systemen und mobilen Apps sein. Wir stehen bereits mit vielen Verkehrsunternehmen im Austausch, um ihnen das schnell und unkompliziert zu ermöglichen. Gemeinsam mit ihnen schaffen wir einfache Lösungen für Reservierung und Kauf des Tickets mit neuen oder bestehenden Webshops und Abo-Online-Systemen.
Nutzer können sich das Deutschlandticket damit selbst zuhause ausdrucken oder es wird ihnen als digitaler Fahrschein auf dem Handy ausgegeben, sobald es verfügbar ist. Zudem unterstützen wir Verkehrsunternehmen dabei, auch ihre eigenen lokalen Apps für die Reservierung und den Kauf fit zu machen, und natürlich wird das Deutschlandticket auch über die HandyTicket Deutschland App verfügbar sein. Wer noch nicht über einen digitalen Vertriebskanal verfügt, dem steht unsere schlanke Whitelabel-App zur Verfügung. Verkehrsunternehmen können sie kurzfristig und damit noch rechtzeitig bis zum Verkaufsstart in Betrieb nehmen.

Das komplette Interview lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 11-12/2022.

Mehr Flexibilität durch individuelle Mobilitätsangebote

Mobility-as-a-Service (MaaS) – und damit direkt verbunden – Sharing-Systeme werden für die Zukunftsfähigkeit des ÖPNV mit entscheidend sein. Das belegt auch die ECC Club-Studie 2021 „Neue Mobilität auf der Überholspur!“. Über die möglichen Entwicklungen sprach Nahverkehrs-praxis mit Henning Brandt, Leiter Unternehmenskommunikation der Computop Paygate GmbH.

Nahverkehrs-praxis: Herr Brandt, laut ECC Club-Studie wird MaaS „dramatisch“ wachsen. Was bedeutet das genau, und welche Belege gibt es für diese Aussage?

Brandt: Mobility-as-a-service im weiteren Sinne, also unter Einbeziehung des ÖPNV, ist in erster Linie ein urbanes Angebot. Sharingdienste sind auf dem Land ebenso selten wie dicht getaktete Schienen- und Busnetze, aus naheliegenden wirtschaftlichen Gründen. Die UN erwartet für 2050, dass in Westeuropa über 85% der Bevölkerung in Städten leben. Platzmangel und Verkehrsdichte, aber auch vorhandene Mobilitätsangebote und eine Verschiebung persönlicher Präferenzen, führen schon jetzt dazu, dass der Autobesitz in Städten abnimmt.
Die zuletzt massiv gestiegenen Preise für Energie, aber auch für die Lebenshaltung, werden die Menschen noch stärker zwingen, Anschaffung oder Leasing eines Autos mit spitzem Stift durchzurechnen und zu situationsbedingter Mobilität ins Verhältnis zu setzen.

Nahverkehrs-praxis: 73% der befragten Deutschen finden MaaS-Plattformen interessant bzw. sehr interessant. Welche Vorteile sehen die Menschen darin, und wie werden sich diese Plattformen in den kommenden Jahren weiterentwickeln?

Brandt: Wie so oft bei digitalen Services ist Convenience der bestimmende Faktor. Eine übersichtliche App ist den Befragten der ECC-Studie am wichtigsten. Ebenfalls in der Spitze: dass die Registrierung in der Plattform ausreicht und keine Anmeldung für jeden einzelnen Anbieter notwendig wird. Auch der Überblick über die bereitstehenden Verkehrsmittel und die Navigationsmöglichkeit werden geschätzt. Übersicht wird aber auch beim Preis erwartet: Eine transparente Darstellung und die Möglichkeit zu vergleichen sind den Nutzern wichtig.
Die Plattformen kennen diese Präferenzen natürlich und feilen an ihrer User Experience. Neben der Ausweitung der regionalen Verfügbarkeit und der Einbindung der vorhandenen Verkehrsmittel wird die Benutzerführung in der Fortentwicklung der Mobilitäts-Apps ganz oben stehen.

Nahverkehrs-praxis: ÖPNV-Unternehmen sollen sich zu Dienstleistern entwickeln und u.a. selber zum Plattform-Anbieter werden. Welche Chancen entstehen hier für die Betriebe?

Brandt: Die Nahverkehrsunternehmen haben als langjährige Dienstleister einen Vorsprung im Kundenvertrauen und in der regionalen Markenbekanntheit. Mit der Integration moderner Verkehrsmittel und einer nutzerfreundlichen App können sie ihr bisweilen etwas angestaubtes Image beleben und sich als umfassender Mobilitätsanbieter in der Region profilieren. Denn der Löwenanteil der Transportleistungen wird auf der Kurzstrecke erbracht, auf der regionale Anbieter ihre Stärken ausspielen können.
Dennoch ist eine Verengung auf den reinen Nahverkehr auf Dauer nachteilig: Erst die Einbindung überregionaler Verkehrsmittel, vor allem der Bahn, macht einen Plattform-Anbieter zum bevorzugten Mobilitätsservice für alle Lebenslagen. Die Integration von Navigations- und Kostendaten für den PKW ist hingegen mehr als ein Service. Die häufig negative Kosten- und Umweltbilanz des motorisierten Individualverkehrs eignet sich auch dazu, die Vorteile des ÖPNV zu unterstreichen.

Nahverkehrs-praxis: Kontaktloses Bezahlen und Preistransparenz sind nur zwei Punkte, die ÖPNV-Nutzern wichtig sind. Welche Services und Angebote können gewinnbringend auf Mobilitätsplattformen implementiert werden?

Brandt: Kontaktloses Bezahlen ist perfekt für die spontane, unregelmäßige Nutzung des ÖPNV. Insbesondere dann, wenn kein Fahrkartenkauf vor Reiseantritt notwendig ist, sondern die Bezahlung per Tap-and-Go direkt im Verkehrsmittel stattfindet, beispielsweise bei BONNsmart. Im Idealfall findet im Hintergrund noch eine Least-Cost-Berechnung statt, so dass nie mehr als ein Tagesticket fällig wird.
Die Stärke von Mobilitätsplattformen liegt aber in der Kombination mehrerer Verkehrsmittel. Hier erwarten die Fahrgäste zu Recht, dass diese Verkehrsmittel auch in der App bezahlt werden können, idealerweise mit einem Preis für die gesamte Strecke. In der Zahlungsabwicklung ist das allerdings mit höchsten Anforderungen an Prozesse und Dienstleister verbunden, da dieser Einmalbetrag auf die verschiedenen Anbieter aufgeteilt werden muss, inklusive unterschiedlicher Steuersätze und unter Einbeziehung eventueller Provisionen. Kommen dann noch Loyalty-Elemente wie Kundenkarten oder Rabattaktionen hinzu, oder aufkommensabhängige Preisgestaltungen, dürfte die Komplexitätsgrenze der aktuellen Systeme deutlich überschritten werden. Doch Plattform-anbieter sollten sich darauf einstellen, dass dies die Service-Erwartungen der Zukunft sein werden.
Zugleich wird die Versuchung groß sein, eine Mobilitäts-App mit guter Nutzerfrequenz durch eine Ausweitung auf Marketingfunktionen zu monetarisieren. Es mag ein nachvollziehbarer Ansatz sein, dem Pendler an der U-Bahn-Station eine Kaffeewerbung einzuspielen, allerdings besteht die Gefahr, die App zu überfrachten und den Fokus zu verlieren. Daher rate ich dazu, sich auf echte Mobilitätsangebote zu beschränken; sie mit guter Usability umzusetzen ist komplex genug.

Das komplette Interview lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 11-12/2022.

125 Jahre Tradition und Zukunft

Als am 4. April 1897 die erste elektrische Straßenbahn auf dem Gebiet der heutigen Stadt Oberhausen ihren Betrieb aufnahm, war dies nicht nur die Geburtsstunde des öffentlichen Personennahverkehrs in Oberhausen, sondern auch des heutigen Verkehrsunternehmens STOAG Stadtwerke Oberhausen GmbH. Eine wechselvolle Geschichte kennzeichnet die Entwicklung des Nahverkehrsunternehmens.

Einen Tag vorher, am 3. April 1897, versammelten sich vor dem Bahnhof etwa 100 eingeladene Herren zur Jungfernfahrt. Die Rhein-Ruhrzeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 5. April 1897: „Die fünf Wagen, die dazu bestimmt waren – der erste reich bekränzt – bewegten sich … durch die Bahn- Markt- und Mülheimerstraße zur Zentrale, die in vollem Flaggenschmuck prangte und einer Besichtigung unterzogen wurde. Die Einrichtungen fanden den ungeteilten Beifall aller Besucher.“
Genau auf den Tag ein Jahr vorher hatte Oberhausen die Konzession für die Einrichtung der Bahn von der Königlichen Regierung erhalten. Die Tatsache, dass die noch junge Gemeinde Oberhausen als erste aller deutschen Städte den Bau und Betrieb in eigener Regie übernommen hat, machte den Oberhausener Straßenbahnbau zu einem kommunalpolitischen Ereignis ersten Ranges. Denn es gab durchaus Angebote privatwirtschaftlicher Betriebe. Aber Oberhausen ging das nicht geringe wirtschaftliche Risiko ein – die erste Linie mit einer Gesamtlänge von 7,2 Kilometern kostete immerhin 651.150 Mark. Weitere Strecken folgten Schlag auf Schlag, alle wurden eingleisig mit Ausweichplätzen angelegt.

Frühe Blütezeit

Auch in den Nachbarstädten wurden Straßenbahnstrecken eröffnet, die in Teilstrecken auf Oberhausener Stadtgebiet verliefen. Die erste Gemeinschaftslinie mit dem Nachbarbetrieb in Essen kam im Dezember 1924 zustande, ab 1928 gab es eine Gemeinschaftslinie mit der Mülheimer Straßenbahn. Im Oberhausener Norden entstanden Verbindungen nach Osterfeld und Sterkrade.
Mit dem umfangreichen Ausbau des Straßenbahnnetzes wuchsen Fuhrpark und Fahrgastaufkommen. Nutzen 1897 bereits 1.170.498 Personen das neue Verkehrsmittel, waren es 1928 rund 12 Mio Fahrgäste. Der Fuhrpark umfasste neben 52 Trieb- und 33 Beiwagen auch 20 Arbeitswagen.
Während der Oberhausener Osten sowie die Nachbarstädte Sterkrade und Osterfeld gut mit der Straßenbahn erreichbar waren, ließ die Verbindung Richtung Westen zu wünschen übrig. Das änderte sich am 18. Juni 1925 mit der Inbetriebnahme der rund neun Kilometer langen Autobuslinie nach Duisburg Meiderich. Mit diesem Tag beginnt die bis heute andauernde Ära des städtischen Omnibusverkehrs in Oberhausen.

Abschied von der Straßenbahn

Die Bombardements des Zweiten Weltkrieges führten zu immensen Schäden an der Verkehrsinfrastruktur und am Fuhrpark. Das Straßenbahnnetz wurde unter großen Anstrengungen wiederaufgebaut, aber nicht erweitert, die erforderlichen finanziellen Mittel zur Beschaffung neuer Straßenbahnwagen waren nicht vorhanden. Dem Omnibus kam immer mehr die Aufgabe zu, neu entstandene Wohngebiete zu erschließen, die nicht durch die Straßenbahn erreicht wurden.
Am 5. Juli 1965 fasste der Rat der Stadt Oberhausen auf Empfehlung des Aufsichtsrates der Stadtwerke den Beschluss, die öffentlichen Personenverkehrsmittel von Straßenbahn auf Busbetrieb umzustellen. Dabei sollte sich die Durchführung dieser Maßnahme nach den betrieblichen, wirtschaftlichen, finanziellen, vertraglichen, technischen und stadt- und regionalplanerischen Möglichkeiten, insbesondere in Hinblick auf die sozialen Belange der Belegschaft der Stadtwerke, richten. Der Straßenbahnbetrieb wurde sukzessiv eingestellt, am 13. Oktober 1968 fuhr die letzte Oberhausener Straßenbahn. Die Bürgerinnen und Bürger säumten die Straßen und zollten den Bahnen einen gebührenden Abschied.

Den kompletten Artikel lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 11-12/2022.

Von der Dampfbahn über die Niederflurtechnik zur RegioTram

Unter eine Bahn schauen, auf eine Bahn, virtuell Schweißen üben und in einem Linienbus sitzend durch eine Waschanlage fahren: Anlässlich ihres 125-jährigen Jubiläums hatte die Kasseler Verkehrs-Gesellschaft (KVG) zu einem Tag der offenen Tür eingeladen. – Ein Anlass, um zurück zu blicken auf die Geschichte des größten nordhessischen ÖPNV-Unternehmens.

In Kassel ist die „Wiege“ des deutschen Nahverkehrs. Schon 1877 fährt in der nordhessischen Stadt die Dampfbahn. Damit ist Kassel nach Paris und Kopenhagen die dritte europäische Stadt, in der sich Bahnen nicht mehr nur mit Pferdekraft fortbewegen. Die von Dampfloks gezogene Straßenbahn verbindet den Königsplatz im Herzen der Stadt mit dem sechs Kilometer entfernten Bad Wilhelmshöhe und somit dem beliebten Ausflugsziel Bergpark, heute UNESCO-Weltkulturerbe. Die Bevölkerung ist von diesem revolutionär neuen Verkehrsmittel begeistert.
Von der stetig wachsenden Nachfrage und dem technischen Fortschritt getragen, wird rund 20 Jahre später die „Große Casseler Straßenbahn Actiengesellschaft“ gegründet. 1897 entsteht die Vorläuferin der heutigen KVG mit dem Ziel, den Nahverkehr zu elektrifizieren, was in rekordverdächtigen anderthalb Jahren gelingt. 1927 schließlich erweitert die „Große Casseler“ ihr Angebotsportfolio mit ihrer ersten Omnibuslinie und gründet im Jahr darauf mit der „Kasseler Omnibus-Gesellschaft“ (KOG) eine Bus-Tochter. Nur ein Jahr später gehen in der KOG alle bestehenden Kasseler Omnibusunternehmen auf.
Heute sorgen die fast 800 Beschäftigten der KVG, davon fast 400 im Fahrdienst und 250 in den Fahrzeugwerkstätten, mit jeweils 80 Straßenbahnen und Linienbussen sowie den 28 RegioTrams für die Mobilität von jährlich rund 48 Mio Fahrgästen, und nach wie vor fahren Bahnen als Linie 1 zwischen Königsplatz und Wilhelmshöhe.
Kassel und die KVG schreiben in den Jahrzehnten mehrfach Nahverkehrsgeschichte – zum Beispiel durch die Herkulesbahn. Der Betrieb dieser elektrischen Kleinbahnverbindung, die von 1903 bis 1966 durch das am Fuße des Bergparks gelegene Druseltal bis nahe an den Herkules führte, ist ein geradezu waghalsiges Unterfangen. Das Besondere: Die teilweise enormen Steigungen werden ohne Zahnradtechnik betrieben. Das hat es zuvor nie gegeben.
„Man steigt nicht in die Bahn, man geht in sie hinein.“ So treffend charakterisiert ein Artikel in der lokalen Tageszeitung das ÖPNV-Novum, das in Kassel 1991 seinen Anfang nimmt: Seit Februar dieses Jahres fahren hier Niederflurstraßenbahnen im Linienbetrieb. Zusammen mit dem von der KVG und der nordhessischen Firma Profilbeton entwickelten Haltestellenprofil „Kasseler Sonderbord“, das sich zum internationalen Exportschlager entwickelt, ermöglichen die Düwag-Triebwagen vom Typ 6ENGTw eine barrierefreie Nutzung des ÖPNV und beschleunigen den Betrieb durch das raschere Ein- und Aussteigen der Fahrgäste. Im Linienbusbetrieb setzt die KVG die ersten Niederflurfahrzeuge 1994 ein.
Die 1990-er Jahre und das erste Jahrzehnt des Milenniums sind für die KVG eine Zeit des Aufschwungs und der Innovation. Längst vorbei sind die 1970-er, in den die Straßenbahn in Kassel vor allem aus Kostengründen fast eingestellt worden wäre! 
Die KVG expandiert in das nordhessische Umland und betritt die Welt der Eisenbahn. 1995 eröffnet die Regionalbahn Kassel GmbH (RBK), ein Joint-venture der KVG mit der Hessischen Landesbahn (HLB), die Straßenbahnstrecke nach Baunatal auf einer ehemaligen Eisenbahntrasse. 2006 folgt die Inbetriebnahme der EBO/BOStrab-Strecke durch das Lossetal bis Hessisch Lichtenau als weiteres Gemeinschaftsprojekt von KVG und HLB.
Nach dem Karlsruher Modell startet 2001 der Vorlaufbetrieb für die RegioTrams mit geliehenen Saarbrücker Triebwagen. Seit 2005 fahren die bis heute eingesetzten 28 Alstom RegioCitadis-Züge als Zweisystemfahrzeuge zwischen Kassel und der nordhessischen Region. Mit dem Durchstich des Kasseler Hauptbahnhofs wird 2007 die umsteigefreie Verbindung der drei heutigen RegioTram-Linien RT1 (Hofgeismar-Hümme), RT4 (Wolfhagen) und RT5 (Melsungen) auch in und durch die Kasseler Innenstadt geschaffen und damit das RegioTram-Konzept vollendet. Die 18 E/E- und 10 D/E-Züge im Eigentum der RBK GmbH bringen jährlich rund 9 Mio Fahrgäste an ihr Ziel. Für ihre Wartung und Instandhaltung ist die RT-Werkstatt der KVG im Betriebshof Sandershäuser Straße zuständig.
Den Betrieb leistet zunächst die RegioTram Betriebsgesellschaft (RTB) mit den Anteilseignern DB Regio Hessen (51%) und RBK GmbH (49%). Seit Dezember 2013 ist die RegioTram-Gesellschaft mbH (RTG) dafür zuständig, ein 50/50-Unternehmen von KVG und HLB mit heute rund 120 Mitarbeitenden, darunter 80 Triebfahrzeugführer. Der Nordhessische Verkehrsverbund (NVV) hat kürzlich den Verkehrsvertrag mit der RTG um weitere zehn Jahre, bis Dezember 2033, erneuert. 

Den kompletten Artikel lesen Sie in der Nahverkehrs-praxis 11-12/2022.

Abellio nimmt Video-Reisezentrum in Apolda in Betrieb

Mit einer kleinen Feierlichkeit nahm das Eisenbahnverkehrsunternehmen Abellio am Donnerstag, den 17. November, das neue Video-Reisezentrum für Bahnreisende in Apolda in Betrieb. Gemeinsam mit Rolf Schafferath, dem Vorsitzenden der Abellio-Geschäftsführung, durchschnitten Apoldas Bürgermeister Rüdiger Eisenbrand und Vertreter des Freistaats Thüringen sowie des Projektpartners DB Vertrieb das zeremonielle Band und gaben das neue Video-Reisezentrum für die Fahrgäste frei.
In dem Reisezentrum am Hugo-Ruppe-Platz, dem städtischen ÖPNV-Verknüpfungspunkt, haben Fahrgäste die Möglichkeit, sich individuell und persönlich beraten zu lassen und Fahrkarten zu kaufen, ohne dass das Servicepersonal vor Ort ist. Von der einfachen Fahrplanauskunft über den Kauf von Fahrkarten für den Nah- und Fernverkehr bis zum Einreichen von Erstattungsanträgen und ähnlichem ist in dem kleinen Zentrum am Bahnhof Apolda alles möglich – und das alles unterstützt von einem persönlichen Ansprechpartner am Bildschirm. Den größten Teil der entstehenden Aufbaukosten des Video-Reisezentrums – das vierte seiner Art in Thüringen – in Höhe von ca. 30.000 Euro übernahm der Freistaat Thüringen.

Quelle: Abellio

ÖPNV-Kundenbarometer 2022: Kundenzufriedenheit leicht zurückgegangen

Die Verkehrsmittel waren während des 9-Euro-Ticket-Zeitraums wieder gefüllt, die Zufriedenheit ist dabei allerdings größtenteils gesunken. Den Spitzenplatz bei der Globalzufriedenheit teilen sich 2022 die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) und die Rostocker Straßenbahn AG (RSAG) mit einem Wert von 2,29. Auf dem dritten Platz liegt Innsbruck (IVB) mit einem Wert von 2,33. Gemessen wird die Zufriedenheit auf einer Skala von 1 (vollkommen zufrieden) bis 5 (unzufrieden).
Kantar untersucht seit mehr als 20 Jahren regelmäßig die Zufriedenheit der Fahrgäste mit dem öffentlichen Nahverkehr. Auf dieser Datengrundlage kann Kantar die Bewältigung der unterschiedlichen Herausforderungen der letzten Jahre durch den ÖPNV sehr gut im Zeitverlauf beurteilen. Mehr als 21.000 ÖPNV-Nutzerinnen und -Nutzer wurden 2022 während der Zeit des 9-Euro-Tickets von Juni bis August 2022 befragt. Mit gestiegenen Fahrgastzahlen ist die Zufriedenheit der Fahrgäste bei den meisten teilnehmenden Unternehmen 2022 leicht zurückgegangen. In den Pandemie-Jahren 2020 und 2021 konnte noch der gegenteilige Effekt gemessen werden: Geringere Fahrgastzahlen gingen mit steigender Zufriedenheit einher.
Insgesamt 42 Nahverkehrsanbieter beteiligten sich 2022 an dem ÖPNV-Kundenbarometer, der größten Vergleichsstudie für den ÖPNV. Es wurden über 21.000 Interviews telefonisch und online durchgeführt, um die Qualitätswahrnehmung der Fahrgäste zu ermitteln. 40 Leistungsmerkmale, die alle wichtigen Bereiche der „Customer Experience“ im ÖPNV abdecken, standen im Fokus der Untersuchung. Die Fahrgäste wurden nach ihrem Nutzungsverhalten und ihrer Zufriedenheit in den Kategorien Angebot, Tarif, Sicherheit, Verkehrsmittel, Haltestellen und Kundebeziehung befragt. Ein besonderes Augenmerk der Studie lag 2022 auf den Auswirkungen des 9-Euro-Tickets.
Laut den Mobilitätsexpertinnen und -experten bei Kantar beruhen die gestiegenen Fahrgastzahlen im Sommer 2022 vor allem auf Personen, die durch das 9-Euro-Ticket reaktiviert wurden. Das sind Personen, die in der Vergangenheit bereits den ÖPNV genutzt hatten, damit aber aus unterschiedlichen Gründen in den letzten Jahren aufgehört haben. Nur sehr wenige Fahrgäste wurden durch das Ticket-Angebot komplett neu an den ÖPNV herangeführt. Rund drei Viertel der neuen und reaktivierten Fahrgäste wollen auch langfristig den ÖPNV nutzen.

Quelle: kantar.com

Bargeldlos bezahlen in Münsters Bussen

Manchem Fahrgast werden die Terminals direkt im Einstiegsbereich bereits aufgefallen sein, nun aktivieren die Stadtwerke sie und bieten einen neuen Service an: Tickets können nun auch im Bus bargeldlos gekauft werden – mit der Girocard, Kreditkarte oder dem Smartphone über die Sparkassen-App „Mobiles Bezahlen“, mit Apple Pay sowie mit Google Pay. „Bargeldlose Mobilität bieten wir mit dem 90 MinutenTicket und dem Ticketkauf in der münster:app schon lange an. Dort sind Tickets günstiger als im Bus, aber das 90 MinutenTicket muss einmalig bestellt werden, in der App ist eine Anmeldung nötig. Wer ganz spontan ohne Bargeld Bus fahren will, kann das nun auch“, sagt Frank Gäfgen, Geschäftsführer Mobilität der Stadtwerke.
Die Einführung des Systems erfolgt in Kooperation mit der Sparkasse Münsterland Ost. „Bargeldlos zu bezahlen ist praktisch und wird nicht erst seit der Corona-Pandemie immer stärker genutzt – ob beim Bäcker, im Supermarkt oder nun auch im Bus. Dieser verstärkten Kundennachfrage kommen wir gern entgegen und machen die Nutzung des ÖPNV damit auch für unsere Kundinnen und Kunden noch ein bisschen einfacher“, erklärt Klaus Richter, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse.
Aktuell testen die Stadtwerke das System in 20 Stadtbussen. Ist der Test erfolgreich, wird es bereits in den nächsten Tagen in allen weiteren 200 Bussen freigeschaltet. Die technische Umrüstung erfolgte in der Stadtwerke-eigenen Werkstatt. Jeweils etwa einen Tag lang waren zwei Werkstatt-Mitarbeitende pro Bus damit beschäftigt, die notwendige Hardware einzubauen, Kabel zu verlegen und in diesem Zuge gleich weitere Verbesserungen „hinter den Kulissen“ des Busses umzusetzen. „Wir empfehlen unseren Fahrgästen schon lange, Tickets nicht im Bus zu kaufen, da jeder Verkauf bei der Fahrerin oder dem Fahrer Zeit kostet, die der Bus an der Haltestelle steht. Wenn es aber nicht anders geht, spart auch die bargeldlose Bezahlung wertvolle Zeit ein“, so Frank Gäfgen, der in diesem Zuge auch Fahrgäste beruhigt, die weiter mit Münzen oder kleinen Scheinen bezahlen wollen. Denn auch das wird bis auf Weiteres möglich bleiben.

VRR fordert DB Regio auf Leistungen zu stabilisieren

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hatte sich Anfang September 2022 mit DB Regio auf ein Maßnahmenpaket verständigt, um das Regionalverkehrsangebot des Nahverkehrsunternehmens auf mehreren Linien im Verbundraum wieder zu stabilisieren. In den letzten Wochen hat der VRR die Entwicklung der Verkehrsleistungen regelmäßig analysiert und kontinuierlich Gespräche mit DB Regio geführt. Während sich die Leistungen auf einigen Linien stabilisiert haben, verschlechterte sich die Situation bei der S-Bahn Rhein-Ruhr wieder deutlich. Aufgrund hoher Krankenstände unter den Mitarbeiter*innen konnte DB Regio in den vergangenen Tagen kein verlässliches und für die Fahrgäste planbares Angebot zur Verfügung stellen mit der Folge, dass Leistungen sehr kurzfristig ausfielen. VRR und DB Regio haben jetzt vereinbart, auf einigen Strecken Leistungen einzuschränken, um damit einen gesicherten Betrieb auf anderen Leistungen herzustellen.
Die DB Regio wird ab dem kommenden Montag, 21. November bis Weihnachten Leistungen bei der S-Bahn Rhein-Ruhr einschränken. Betroffen sind die Linien S3 mit einem Teilausfall zwischen Oberhausen – Essen, die S68, die komplett ausfällt sowie die Linien RB 32 und RB 40, bei denen einzelne Taktlagen ausfallen. Fahrgäste können teilweise auf parallel fahrende Zuglinien ausweichen. Der VRR hat die DB aufgefordert, dass wegfallende Fahrten ohne Alternativen durch einen adäquaten Schienenersatzverkehr ersetzt werden.

Quelle: Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR)

Solar-Nachrüstlösung für E-Busse

pepper motion GmbH und Sono Motors kooperieren in einem gemeinsamen Projekt zur Integration einer Solar-Nachrüstlösung für Nutzfahrzeuge. Ein mit pepper-Technologie elektrifizierter Mercedes-Benz Citaro C1 wird hierzu mit einer maßgeschneiderten Version der Sono Motors Solarlösung – dem Solar Bus Kit – ausgestattet. Das Fahrzeug von pepper ist damit der erste Elektro-Bus mit der Sono Motors Solartechnologie. Über die Dauer von zwei Jahren werden reale Daten hinsichtlich der Energieerträge des PV-Systems (Photovoltaik) sowie der Verbrauchsdaten der an die 24 V Batterie angeschlossenen Aggregate gesammelt und ausgewertet. Der Bus wird bereits ab Dezember 2022 im öffentlichen Straßenverkehr bei pepper Kunden in die Testphase gehen.
Die PV-Technologie zur Nachrüstung für Nutzfahrzeuge von Sono Motors soll nun unter regulären Fahr- und Betriebsbedingungen erprobt werden. Nach Installation auf dem von pepper bereitgestellten E-Bus wird der gewonnene Ladestrom aus dem Solarsystem in das Low-Voltage-Bordnetz (24 V) eingespeist. Das bedeutet, dass die Solarenergie nicht direkt für den Antrieb genutzt wird, aber durch die Versorgung der Klimaanlage und anderer Nebenaggregate die Hochspannungsbatterie und der DC/DC-Wandler entlastet werden, was zu längeren Betriebszeiten, weniger Ladezyklen und geringeren Gesamtbetriebskosten führen könnte. Mit ersten Erkenntnissen aus der Praxiserprobung und Datenauswertungen ist frühestens ab Q1 2023 zu rechnen.

Quelle: pepper motion GmbH

Dr. Ing. Sandra Schnarrenberger zur LBO-Präsidentin wiedergewählt

Dr. Ing. Sandra Schnarrenberger wurde im Rahmen der LBO-Jahrestagung am 16. November in München als Präsidentin des Landesverbandes Bayerischer Omnibusunternehmen e.V. (LBO) einstimmig wiedergewählt. Die Mitglieder des Branchenverbands bestätigten die Busunternehmerin aus Neu-Ulm für weitere drei Jahre in ihrem Amt. Sie gehört seit 2007 dem Vorstand an und ist seit 2017 Präsidentin des LBO.
Dr. Ing. Sandra Schnarrenberger vertritt an der Verbandsspitze die Interessen der privaten Busunternehmen auf nationaler und internationaler Ebene. Die 49-jährige Busunternehmerin aus Neu-Ulm übernahm 2010 den elterlichen Betrieb und ist seit 2001 in verschiedenen Ämtern politisch tätig.

Quelle: Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen e.V. (LBO)