Die Einführung des Deutschlandtickets hat für viele Verbraucher die tägliche Nutzung des Nahverkehrs erleichtert. Für Kunden, die Bus und Bahn nur gelegentlich nutzen, bleibt der Fahrscheinkauf kompliziert. Ein vom Verbraucherzentrale Bundesverband in Auftrag gegebenes Gutachten zeigt, wie ein rein zeitbasiertes Tarifmodell den öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) verständlicher und einfacher nutzbar macht – egal ob in der Stadt oder auf dem Land.
„Das Deutschlandticket ist eine echte Revolution des Nahverkehrs. Wer Bus und Bahn aber nur gelegentlich nutzt, kann mit diesem Monatsticket nicht viel anfangen. Und dann wird es schnell sehr unübersichtlich. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen bei seltener Nutzung das richtige Ticket mit dem günstigsten Preis im jeweiligen Tarifgebiet mühsam recherchieren. Ein bundesweiter Nahverkehrstarif mit zeitbasierten Fahrscheinen könnte Schluss machen mit dem Tarifdschungel. Das wäre eine deutliche Vereinfachung für Gelegenheitsfahrerinnen und -fahrer.“
Gregor Kolbe, Verkehrsexperte im Verbraucherzentrale Bundesverband
Einheitliches Tarifsystem soll zeitbasiert sein
Das vom Verbraucherzentrale Bundesverband beauftragte Gutachten empfiehlt ein rein zeitbasiertes bundesweit gültiges Tarifsystem, das sich allein an der Nutzungsdauer, unabhängig von der zurückgelegten Strecke oder den Grenzen des Verkehrsverbunds, orientiert. Als Ergänzung zum Deutschlandticket sollen somit auch Gelegenheitsnutzer für kürzere Zeiträume ein Ticket kaufen können, das bisherige Verbund- oder Tarifgrenzen auflöst. Ein solches Modell kann sowohl in ländlichen Regionen als auch in Städten funktionieren.
„Das Prinzip hinter einem einheitlichen Tarifkonzept ist das des Deutschlandtickets: Tarifgrenzen und Verbundräume werden überflüssig. Ergänzend zum Deutschlandticket, das mindestens einen ganzen Monat gültig ist, könnten Verbraucherinnen und Verbraucher dann auch ein Kurzzeitticket für eine Bahn- oder Busfahrt kaufen, das über bisherige Tarifgrenzen hinweg gültig wäre“, sagt Kolbe.
Tarifkonzept kann Nahverkehr attraktiver machen
Für Verbraucher ist oft nur schwer durchschaubar, welches Ticket das richtige ist. Jeder Verkehrsverbund hat ein eigenes Tarifsystem oder unterschiedliche Beförderungsbedingungen. Auch den Verkauf der Fahrscheine regeln Tarifbünde unterschiedlich. Manche Tarife sind nur rein digital erhältlich.
Diese Probleme beim Ticketkauf halten Verbraucher ab, verstärkt den ÖPNV zu nutzen. Ein einheitliches Tarifsystem könnte den Nahverkehr für alle Menschen attraktiver machen. Verbraucher sollten Tickets in einem einheitlichen Tarif sowohl per App, am Automaten aber auch am Schalter kaufen können. Es müsse darum gehen, allen Nutzern des ÖPNV ein gut und leicht nutzbares Angebot zu machen.
Hintergrund
Im Nahverkehr gibt es in Deutschland eine sehr heterogene Tariflandschaft: Mehr als 80 Tarif- und Verkehrsverbünde und mehrere verbundfreie Regionen haben ein eigenes Tarifsystem und Ticketsortiment sowie eigene Preise. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hat Ramboll Management Consulting | civity beauftragt, ein Gutachten zur künftigen Tariflandschaft im ÖPNV zu erarbeiten. Das Gutachten schlägt einen rein zeitbasierten Tarif in ganz Deutschland vor. Im einheitlichen Tarifsystem soll es verschiedene Fahrkarten mit einer Gültigkeitsdauer von 15 Minuten bis 24 Stunden geben. Das wäre ergänzend zum Deutschlandticket ein einfaches Angebot für alle Nutzer des ÖPNV, für die eine langfristige Ticketbindung keine Option ist.









