Bild: Deutsche Bahn AG / Dominic Dupont

Wie lassen sich mehr Kunden für das Deutschlandticket gewinnen?

Seit dem 1. Mai 2023 ist das Deutschlandticket (DT) zum Preis von regulär 49 Euro pro Monat als monatlich kündbares Abonnement nutzbar. Nachdem die Studie OpinionTRAIN bereits eine Momentaufnahme der Marktsituation zum Marktstart im Mai erstellt hat, folgt in einer zweiten Messung eine rückwirkende Betrachtung. Diese erlaubt einen Blick darauf, wie das Ticket im September 2023 genutzt worden ist und welche Erfahrungen die Kunden damit gemacht haben.

„Die vergangenen Monate waren beim Deutschlandticket geprägt durch Fragen der Finanzierung. Dies sorgt für Verunsicherung im Markt, auch weil unklar bleibt, ob das Deutschlandticket-Angebot von Dauer ist. Dies führt dazu, dass Umsteigewillige auf den Öffentlichen Verkehr zögern, sich das Abo anzuschaffen und die Autonutzung einzuschränken. Das gleiche gilt für Arbeitgeber, die bereit sind, ihren Beschäftigten einen Teil der DT-Anschaffungskosten abzunehmen.“

Johannes Hercher, Vorstand der Rogator AG und Co-Autor der Studie OpinionTRAIN©

Fast flächendeckend wurden nach der Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 steigende Abo-Bestandszahlen in den Verkehrsverbünden berichtet. Die aktuellen Studienergebnisse weisen für September 2023 einen Anteil von 17 % der Befragten aus, die das Deutschlandticket besitzen (hochgerechnet ca. 11 Mio. Menschen). Diese setzen sich jeweils hälftig aus Personen zusammen, die bereits vor dem Mai 2023 über ein Abo im Nahverkehr verfügt haben (Alt-Abo-Kunden) und den sogenannten Neu-Abonnenten. Zusätzlich geben 6 % der Befragten an, aktuell kein DT zu besitzen, aber das Deutschlandticket innerhalb der nächsten zwei Monate kaufen zu wollen (Potenzialkunden). Weitere 13 % sehen eine mögliche Ticketnutzung eher mittelfristig. Für etwa zwei Drittel der deutschen Bevölkerung kommt der Kauf des Deutschlandtickets nicht in Frage.

Werden die aktuellen Besitzer und die Personen zusammengezählt, die einen Ticketkauf in den nächsten zwei Monaten planen, dann errechnet sich ein mittelfristiges DT-Absatzpotenzial von 23 % der Bevölkerung. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Im September 2023 wurden etwa drei Viertel des DT-Absatzpotenzials ausgeschöpft (17 % von 23 %).

Die Gruppe der DT-Potenzialkundschaft besteht zu einem vergleichsweise geringen Anteil von etwa 20 % aus Stammkunden des ÖPNV (drei und mehr Nutzungstage pro Woche) und zu einem verhältnismäßig hohen Anteil aus ÖPNV-Nicht-/Selten-Nutzern (32 %). In dieser Gruppe ist auch der Anteil an Personen, die aus kleineren Wohnorten stammt, höher als bei den aktuellen DT-Besitzern.

Bei der Abfrage der DT-Nichtnutzungsgründe wird deutlich: DT-Potenzialkunden warten vielfach noch auf eine Kaufgelegenheit (25 % nennen als Grund „Hat sich noch nicht ergeben“ und 24 % „Lohnt sich nicht für mich / würde ich zu selten nutzen“). Allerdings werden auch häufig die Tarifkonditionen als Nutzungsbarriere genannt.

Häufig werden bei der Betrachtung der Kundengruppen des Deutschlandtickets speziell die „Systemeinsteiger“ hervorgehoben (Menschen, die den Nahverkehr bisher nicht genutzt haben). Sinnvoll erscheint es aber, die Perspektive etwas breiter auszurichten und die Gruppe bisheriger Nicht- und Selten-Nutzer zusammenzufassen. Hier sind besonders starke Nachfragezuwächse für den ÖPNV und gleichzeitig Fahrtenverlagerungen zulasten des Pkw erwartbar.

Mit einer weiteren Bestandserhöhung würde zudem die Nutzerfinanzierung des DT ausgebaut.

„Unsere Studienergebnisse zeigen, dass der Wirkungsmechanismus des Deutschlandtickets je nach Kundengruppe sehr unterschiedlich ist. Strategisch sollte die operative Marktbearbeitung auf die Gruppen ausgerichtet werden, die einen besonders starken Nachfrageeffekt und gleichzeitig starke Verlagerungswirkungen zulasten des Pkw versprechen. Dies sind vor allem Personen, die bisher kaum oder nur sporadisch Busse und Bahnen genutzt haben, aber über eine Affinität für das Deutschlandticket verfügen. Diese Verbraucher werden von monatlichen Ausgaben von 59 Euro und mehr (wie bereits angekündigt) abgeschreckt.“

Prof. Dr. Andreas Krämer, CEO der exeo Strategic Consulting AG und Co-Autor der Studie OpinionTRAIN©

Quelle: Rogator AG

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