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Das Coronavirus und die Folgen für kommunale Verkehrsunternehmen

Die in Folge der Corona-Pandemie von der Bundesregierung erlassenen Maßnahmen haben auch für Verkehrsunternehmen gravierende Folgen. Die Nahverkehrs-praxis sprach darüber mit Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)

Nahverkehrs-praxis: Wie schätzen Sie bisher die finanziellen Auswirkungen ein?
Wolff: Für viele Verkehrsunternehmen sind die wirtschaftlichen Folgen durch wegbrechende Fahrgeldeinnahmen schon jetzt verheerend. Je länger dieser Zustand andauert, desto größer sind die Folgen. Daher brauchen wir dringend, wie viele andere Branchen auch, eine Lösung für die Finanzierung des Verlustausgleichs.

Nahverkehrs-praxis: Wie sieht die Entwicklung bei den Tickets aus?
Wolff: Bei den Bartickets (Einzelfahrausweise etc.) sind die Verkäufe um 70 bis 90 Prozent eingebrochen. Sie machen sonst etwa die Hälfte aller Ticketeinnahmen aus.

Nahverkehrs-praxis: Fahrgäste beschweren sich immer wieder über die geringere Taktdichte im Fahrplan. Wie wirken Sie dem entgegen?
Wolff: Wir verstehen den Unmut der Fahrgäste, aber viele Unternehmen arbeiten momentan personell am Limit. Wo immer es zu vollen Fahrzeugen kommt, wird nachgesteuert.
Es kommt aber auch auf das eigene Verhalten der Fahrgäste an. Wir bitten die Kundinnen und Kunden zum Beispiel vielerorts, sich in den Fahrzeugen zu verteilen. Es müssen nicht alle in den ersten oder letzten Wagen einsteigen.

Nahverkehrs-praxis: Wie groß ist der Einbruch bei den Fahrgastzahlen?
Wolff:
  Wir haben 80 bis 90 Prozent weniger Fahrgäste. Im ländlichen Raum eher 90 Prozent, in den Städten 60 bis 80 Prozent.

Nahverkehrs-praxis: Wie viel vom normalen Fahrplanangebot können Verkehrsunternehmen aufrechterhalten, und wer entscheidet über den Umfang?
Wolff:
50 bis 75 Prozent des regulären Angebots wird gefahren, immer in Abstimmung mit den Aufgabenträgern.

Nahverkehrs-praxis: Nicht nur die Fahrgäste, sondern auch die Mitarbeiter in den Unternehmen sind gefährdet. Welche Maßnahmen sind dort notwendig?
Wolff:
Bestimmte Unternehmensbereiche, auch Leitstellen oder Werkstätten, müssen Abstands- oder Schutzvorkehrungen treffen. Betriebsfähigkeit wird unter erschwerten Bedingungen gewährleistet.

Nahverkehrs-praxis: Wie sehen Ihre Planungen für den Fall aus, dass die von der Bundesregierung verhängten Einschränkungen schrittweise aufgehoben werden und der ÖPNV wieder stärker genutzt wird?
Wolff:
Innerhalb von fünf bis sieben Tagen können die Unternehmen das Angebot wieder auf 100 Prozent hochfahren. Aber es wird trotzdem zu Stoßzeiten mal volle Fahrzeuge geben. Wir bräuchten in diesen Zeiten etwa das vierfache Angebot, um 1,5 Meter Abstand in den Fahrzeugen zu gewährleisten. Wir wollen deshalb gemeinsam mit den politischen Akteuren und Aufgabenträgern frühzeitig überlegen, wie der zu erwartende Andrang etwa bei der Wiederöffnung der Schulen entzerrt werden kann. Der Unterricht muss ja beispielsweise nicht für alle Klassen in der ersten Stunde beginnen.

Nahverkehrs-praxis: Wie setzen Sie die Schutzempfehlungen des Robert-Koch-Instituts um?
Wolff:
Das RKI empfiehlt seit Kurzem das Tragen eines Mundschutzes. Die Verkehrsunternehmen können natürlich nicht kontrollieren, ob sich alle Fahrgäste daran halten. Da können wir nur, wie heute auch schon, an die Menschen appellieren, die Hygieneempfehlungen des RKI einzuhalten. Die Hinweise des RKI hängen aus, werden z.T. durchgesagt. Reinigung mit Seifenlauge reicht nach herrschender Meinung der Experten, um die Hülle des Virus zu zerstören und es damit unwirksam zu machen. Wir haben die Reinigungsintervalle erhöht bzw. intensiviert.

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