Mit dem Gesetzentwurf wird eine eigene Rechtsgrundlage für neue digitale Mobilitätsangebote/-dienste und Geschäftsmodelle geschaffen. Bisher werden diese Verkehre meist auf Grundlage einer Auffangvorschrift bzw. einer Experimentierklausel genehmigt.

Novellierung des PBefG und Stellungnahmen dazu

Mit dem Gesetzentwurf wird eine eigene Rechtsgrundlage für neue digitale Mobilitätsangebote/-dienste und Geschäftsmodelle geschaffen. Bisher werden diese Verkehre meist auf Grundlage einer Auffangvorschrift bzw. einer Experimentierklausel genehmigt.

Zitat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer:
„Wir wollen eine moderne und attraktive Personenbeförderung. Wir wollen zeitgemäße, digitale Sharing- und On-Demand-Dienste auf die Straße bringen und dafür einen rechtssicheren, innovationsfreundlichen Rahmen schaffen. Und das ohne Wettbewerbsnachteile für die bisherigen Anbieter wie Taxis oder den ÖPNV. Fairer Ausgleich und klare, wirksame Steuerungsmöglichkeiten für die Kommunen, um vor Ort pass- und bedarfsgenaue Angebote zu ermöglichen. So können wir Autos in Städten reduzieren und ermöglichen den Menschen in ländlichen Räumen bessere Mobilität. Unser Gesetzentwurf basiert auf einem mehrheitlichen Beschluss der Findungskommission von Bund, Ländern und Bundestag. Der zuletzt in intensiven Verhandlungen gefundene Kompromiss ist ein echter inhaltlicher und gemeinsamer Durchbruch. Mein Dank gilt hier den Kolleginnen und Kollegen, die diesen Fortschritt unterstützen.”

Warum eine Gesetzesänderung, was ist das Problem?
•             Neue digitale Mobilitätsdienstleister und Geschäftsmodelle drängen auf den Markt, bzw. sind schon am Markt tätig, z.B. zur Vermittlung von (Sammel-)Fahrten per App- bzw. Smartphone-Steuerung.
•             Für diese Dienstleistungen gibt es bisher keine eigenen Rechtsgrundlagen.
•             Mit der Gesetzesnovelle werden die neuen Mobilitätsangebote regulär zugelassen.
•             Für die Anbieter bedeutet das eine wirtschaftliche Sicherheit.
•             Gleichzeitig fürchtet das Taxigewerbe durch die Gesetzesänderung eine unfaire Wettbewerbssituation, wenn die neuen Angebote nun regulär zugelassen werden.

Wie wird das durch die Neuregelung gelöst?
•             Durch einen ausgewogenen Kompromiss. Das heißt: Zwischen den Beförderungsformen wird ein fairer Ausgleich hergestellt.
•             Neue Mobilitätsanbieter wie Uber und plattformbasierte Poolingdienste erhalten einen innovationsfreundlichen Rechtsrahmen, in dem die Anbieter Aufträge annehmen dürfen, die zuvor telefonisch oder per App bestellt wurden.
•             Taxen dürfen weiterhin als einzige spontan Fahrgäste aufnehmen (Wink- und Wartemarkt).
•             Gleichzeitig erhalten Länder und Kommunen wirksame Steuerungsmöglichkeiten, u.a. um das Zusammenspiel vor Ort mit dem lokalen/regionalen ÖPNV so effizient wie möglich zu gestalten, und um die von den neuen Dienstleistern zu erfüllenden Standards festzulegen.

Wie ist der Gesetzentwurf entstanden?
•             Der Entwurf basiert auf der Arbeit der von Bundesverkehrsminister Scheuer eingerichteten Findungskommission.
•             In dieser hatten Vertreter des BMVI, der Koalitionsfraktionen, der Länder und des Verkehrsausschusses des Bundestages am 19.06.2020 mehrheitlich eine Einigung erzielt. Die geeinten Eckpunkte sind Grundlage des aktuellen Gesetzentwurfs.
•             Anfang März konnte dann nach intensiven fraktionsübergreifenden Verhandlungen ein Kompromiss gefunden werden, der am 05.03.2021 im Bundestag beschlossen wurde.

Was sind die Ziele?
•             Die Verbesserung der Mobilität durch die reguläre Zulassung dieser neuen Mobilitätsangebote für die Menschen in Stadt und Land.
•             Geteilte Mobilität: weniger motorisierter Individualverkehr in Städten und urbanen Ballungsräumen – ein maßgeblicher Beitrag zum Klimaschutz.
•             Bessere Versorgung der Menschen in ländlichen Räumen mit flexiblen Mobilitätsangeboten.
•             Faire Wettbewerbsbedingungen zwischen den Verkehrsformen, z.B. durch grundsätzliche Beibehaltung der Rückkehrpflicht für Mietwagen zum Schutz des Taxigewerbes.
•             Effektive Steuerungsmöglichkeiten durch die Behörden in den Ländern und Kommunen.

Was genau soll neu geregelt werden?
•             Plattformbasierte digitale Geschäftsmodelle / Mobilitätsdienstleistungen z.B. über App- bzw. Smartphone-Steuerung. On-Demand- / Pooling-Angebote von Fahrdiensten, bei denen sich mehrere Fahrgäste ein Fahrzeug teilen.
•             Am konkreten Bedarf ausgerichtete, flexible, bestellbare Angebote im öffentlichen Personennahverkehr. Davon sollen vor allem die ländlichen Regionen profitieren.

Wie wird das konkret ausgestaltet?
•             Die Angebote „Bedarfsgesteuerte Pooling-Dienste des ÖPNV“ (sog. “Linienbedarfsverkehr”, z.B. Berlkönig) und „Pooling-Dienste außerhalb des ÖPNV (sog. “gebündelter Bedarfsverkehr”, z.B. Moia) werden als neue Verkehrsformen mit eigenem Rechtsrahmen definiert.
•             Den Kommunen und Genehmigungsbehörden werden Steuerungsmöglichkeiten (insbes. die Festlegung einer Poolingquote) gegeben.
•             Bei Mietwagen wird an der Rückkehrpflicht festgehalten. Den Genehmigungsbehörden wird jedoch – um unnötige Verkehre zu vermeiden – erstmals die Möglichkeit eingeräumt, in Gemeinden mit großer Flächenausdehnung bei weiten Entfernungen weitere geeignete Abstellorte festzulegen. Hierfür ist eine Mindestwegstrecke von fünfzehn Kilometern zwischen Betriebssitz und Abstellort oder bei mehreren Abstellorten zwischen diesen zu Grunde zu legen.
•             Gleichzeitig werden die Handlungsinstrumente der Genehmigungsbehörde im Mietwagenverkehr erweitert. So kann sie zukünftig den Mietwagenverkehr stärker als bisher regulieren, um einen fairen Wettbewerb sicherzustellen. Dazu zählen die Vorgaben eines Mindestbeförderungsentgelts aber auch Sozialstandards wie Regelungen zu Arbeitszeiten, Entlohnung und Pausen.
•             Eine Pflicht der Unternehmer zur Bereitstellung von Mobilitätsdaten wird im PBefG neu geschaffen. Auch aus datenschutzrechtlichen Gründen wurden Ein-Mann-Betriebe von der Bereitstellungsverpflichtung ausgenommen. Diesen bleibt es aber unbenommen, sich freiwillig an der Datenbereitstellung zu beteiligen.
•             Die Datenbereitstellungsverpflichtung gilt auch für Vermittler von Beförderungsdienstleistungen.

Was ändert sich für Nutzerinnen und Nutzer?
•             Das klimafreundliche öffentliche Verkehrsangebot wird im Verhältnis zum Individualverkehr gestärkt. Mit dem Linienbedarfsverkehr können Verkehrsunternehmen neben dem regulären Linienverkehr auch bedarfsorientierte Angebote anbieten, um z.B. bislang schwach ausgelastete Linien effizienter bedienen zu können. Im gebündelten Bedarfsverkehr können Fahrten außerhalb des ÖPNV gebündelt werden, um z.B. Fahraufträge verschiedener Fahrgäste entlang ähnlicher Routen zusammenzulegen.
•             Durch Steuerungsinstrumente soll ein fairer Ausgleich (level playing field) zwischen den unterschiedlichen Verkehrsformen gewahrt bleiben, um Taxi und ÖPNV nicht zu schwächen und so die Vielfalt im Angebot zum Vorteil der Nutzerinnen und Nutzer zu erhalten.
•             Eine zeitgemäße Regelung für das bargeldlose Zahlen im Linienverkehr wird geschaffen.
•             Zukünftig müssen alle Anbieter der unterschiedlichen Verkehrsformen im Gelegenheitsverkehr ein Nachweis ihrer Fachkunden vorlegen.
•             Die bereitzustellenden Echtzeitdaten verbessern die Übersicht über das öffentliche Verkehrsangebot. Gerade auf dem Land, wo nicht alle 10 Minuten ein Bus oder eine Bahn kommt, ist die Information, ob gerade eine Pooling-Dienst bei mir in der Nähe ist oder nicht, ausschlaggebend dafür, ob ich mich für das eigene Auto oder öffentliche Verkehrsmittel entscheide. In Ballungsräumen kann die Kenntnis über Echtzeitverkehre die Verkehre effizienter und nachhaltiger steuern als das bislang der Fall ist. Insgesamt unterstützt die Datenbereitstellungspflicht damit unmittelbar die neue Zielbestimmung des § 1a PBefG hinsichtlich Klimaschutz und Nachhaltigkeit.

Wie ist der aktuelle Stand?
•             Zu dem vom Bundeskabinett am 16.12.2020 beschlossenen Gesetzesentwurf hat der Bundesrat am 12.02.2021 Änderungsvorschläge gemacht, zu denen die Bundesregierung am 24.02.2021 in einer Gegenäußerung Stellung genommen hat.
•             Im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages fand am 22.02.2021 eine öffentliche Anhörung zum PBefG statt.
•             Parallel haben die Koalitionsfraktionen den Regierungsentwurf als eigenen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht, der am 05.03.2021 im Bundestag beschlossen wurde.

Quelle: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)

EVG-Stellungnahme zum PBefG

Etwas Licht und viel Schatten – so bewertet die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) die Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes. Dazu der stellvertretende EVG-Vorsitzenden Martin Burkert: „Dem Parlament ist es gelungen, den Entwurf der Bundesregierung auf Druck der Gewerkschaften noch nachzuarbeiten und Verbesserungen für die Beschäftigten zu erreichen“, sagt der stellvertretende EVG-Vorsitzende Martin Burkert. „Insgesamt bleibt die Novellierung aus Sicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aber weit hinter den Erwartungen zurück. Die Bundesregierung hat den Anspruch, den sie im Koalitionsvertrag erhoben haben, nicht eingelöst. Die Union hat mit ihrer Blockadehaltung Fortschritte verhindert.“
 Kritisch sieht die EVG vor allem, dass weiterhin keine Sozialstandards für eigenwirtschaftliche Verkehre im ÖPNV vorgesehen sind. „Damit ist leider eine große Chance vertan, die Beschäftigten in diesem wichtigen Sektor besser abzusichern“, so Burkert. Er bemängelte außerdem, dass die Vorgabe von Sozialstandards für die sog. gebündelten Bedarfsverkehre durch die Kommunen lediglich als „Kann-Bestimmung“ vorgesehen ist. „Damit ist die Gefahr, dass hier ein neuer Niedriglohnsektor entsteht, keineswegs gebannt“.

Quelle: Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG)

Bitkom-Stellungnahme zum PBefG

„Das neue Personenbeförderungsgesetz ist allenfalls ein halber Schritt in die richtige Richtung. Statt konsequent digitale Technologien für eine innovative, ressourcenschonende Mobilität einzusetzen, wird in zentralen Punkten der analoge, klimaschädliche Status Quo gesetzlich verankert. So wird es auch in der Neufassung eine Rückkehrpflicht für auftraglose Mietwagen geben. Der staatlich verordnete Zwang, mit leerem Wagen zu einem definierten Standort zurückzufahren, ist wirtschaftlich unsinnig und schadet der Umwelt. Die Rückkehrpflicht atmet den Geist des vorigen Jahrhunderts. Sie ist ein Anachronismus und dient nur dazu, ein überteuertes Geschäftsmodell fortzuschreiben. Gerade in ländlichen Regionen kann damit Ride Hailing faktisch kaum angeboten werden. Hinzu kommt, dass in Großstädten die Behörden Einschränkungen für Ride-Hailing-Dienste verhängen können, wenn der Verkehr mit Mietwagen einen Anteil von 25 Prozent überschreitet. Dann dürfen zum Beispiel ab bestimmten Uhrzeiten bestimmte Gebiete nicht mehr angefahren werden. Oder: Wer zu erfolgreich ist, der soll künftig bestraft werden können.
Dabei ist gerade auf dem Land die Nachfrage nach neuen Mobilitätsdiensten besonders hoch. Nach einer in dieser Woche vorgestellten Bitkom-Studie sagen 87 Prozent der Bundesbürger und 91 Prozent der Landbevölkerung, dass neue Mobilitätsangebote wie Ride Hailing, Ride Pooling oder Sharing die Lebensqualität auf dem Land erhöhen können. Und dort, wo diese Dienste bereits angeboten werden, sind die Nutzer mit ihnen deutlich zufriedener als mit klassischen ÖPNV-Angeboten wie Bus und Bahn oder insbesondere dem Taxi. Ein Personenbeförderungsgesetz, das die Interessen der Menschen gerade außerhalb der Ballungszentren in den Mittelpunkt stellt und zum Gelingen der Verkehrswende beitragen sollt, muss mutiger sein und digitale Mobilität ermöglichen anstatt sie zu verhindern.
Erfreulich ist, dass die Novelle eine klare gesetzliche Grundlage für neue Mobilitätsdienste wie Ride-Pooling und Ride-Sharing schafft. Allerdings gibt es auch hier eine Reihe nicht nachvollziehbarer Einschränkungen. So sollen etwa beim Ride Pooling die Kommunen das letzte Wort haben und Obergrenzen für Anbieter festlegen können. Dies wird für die Fahrgäste zu einem Flickenteppich von Angeboten führen und erschwert es den Unternehmen, wirtschaftlich tragfähige Dienste zu etablieren. Inakzeptabel ist auch, dass die Anbieter neuer Mobilitätsdienste anders als kommunale Verkehrsunternehmen weiterhin den vollen Mehrwertsteuersatz zahlen müssen.“

Quelle: Bitkom

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