Mehr als 1.000 Bahnhöfe nicht barrierefrei

Jeder fünfte Bahnhof in Deutschland ist nicht barrierefrei. Laut Bundesverkehrsministerium sind mehr als 1.000 Bahnhöfe der Deutschen Bahn derzeit für Kinderwagen, Senioren und Rollstuhlfahrerinnen nicht oder nur schwer zugänglich. Das geht aus einer Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage der FDP hervor, die dem Redaktionsnetzwerk Deutschland vorliegt. Das entspricht 22 Prozent aller Bahnstationen. In Deutschland gibt es rund 5.700 Bahnhöfe. 78 Prozent davon seien stufenfrei erreichbar, schreibt das Verkehrsministerium. Nach eigenen Angaben baut die Bahn pro Jahr 100 weitere Stationen barrierefrei um.
Die Deutsche Bahn AG schätzt die Höhe der Um- und Ausbaukosten von barrierefreien Bahnhöfen und Bahnanlagen in den vergangenen zehn Jahren auf durchschnittlich 150 Millionen Euro pro Jahr. Laut Ministerium werden “für die Herstellung von Barrierefreiheit erhebliche Bundesmittel zur Verfügung gestellt”.

Quelle: ZeitOnline

U6 in Wien zum Ferienstart zu 100 % klimatisiert

Rechtzeitig zum Beginn der Sommerferien gibt es „coole“ Neuigkeiten von der U6: Ab sofort sind Fahrgäste auch auf Wiens ältester U-Bahn-Linie zu 100 Prozent „mit Klima“ unterwegs. Auf Initiative von Öffi-Stadträtin Ulli Sima haben die Wiener Linien im Vorjahr ein umfassendes Maßnahmenpaket für die U6 geschnürt, in dem auch die komplette Klimatisierung beinhaltet ist: „Die Wiener Linien waren sehr innovativ und haben Zug um Zug die nicht klimatisierten Züge nachgerüstet. Insgesamt wurden vier Millionen Euro in die Klimatisierungs-Offensive investiert. Bei den zunehmenden Hitzetagen ist das Cooling-Paket ein aktiver Beitrag zur Attraktivierung der Öffis und ich freue mich, dass ab jetzt jede Fahrt in der U6 klimatisiert ist“, so Sima.
Möglich ist dies durch den Einbau von Klimageräten, die die U6-Wagen nicht nur heizen, sondern auch kühlen. Die Nachrüstung der älteren, nicht serienmäßig klimatisierten U6-Garnituren begann im Juni 2019. Außerdem wurden alle U6-Wagen mit Sonnenschutzfolien ausgestattet, die die Temperatur im Zug um bis zu 4°C senken. Sie werden auch künftig die Leistung der Klimaanlagen unterstützen.
Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer: „Wir erleben heute deutlich mehr Hitzetage als früher. Da die U6 oberirdisch verläuft, ist sie von der zunehmenden Hitze in der Stadt besonders betroffen. Wir haben daher rasch gehandelt und die U6 binnen eines Jahres auf „Klima“ umgestellt. Ab sofort sind unsere Fahrgäste in der U6 immer bei angenehm kühlen Temperaturen unterwegs.“ Insgesamt sind die Wiener Öffis bereits zu 75 Prozent klimatisiert.

Quelle: Wiener Linien GmbH & Co. KG

Einbau von Trennscheiben in RMV-Linienbussen

Der Trennscheiben-Einbau in Linienbussen im RMV-Gebiet zum Schutz von Fahrpersonal und Fahrgästen vor dem Coronavirus geht gut voran: So sind beispielsweise bereits mehr als 40 Prozent aller von der Hessischen Landesbahn (HLB) betriebenen Busse im Hochtaunuskreis mit Trennscheiben ausgestattet. Auch an anderen Standorten, wie beispielsweise in der Wetterau, rüstet die HLB ihre Busflotte mit Acrylscheiben nach.
„Der Einbau der Trennwände ist ein notwendiger Schritt zum Schutz des Fahrpersonals und der Fahrgäste, dient gleichzeitig aber auch der Sicherung von Ticketeinnahmen. Nachdem inzwischen in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens Lockerungen umgesetzt wurden, soll auch im Busverkehr wieder etwas Normalität einkehren“, sagt Ulrich Krebs, Landrat des Hochtaunuskreises und stellvertretender RMV-Aufsichtsratsvorsitzender. „Zu Anfang August sollen alle der über 50 Busse, die im Auftrag des Verkehrsverbands Hochtaunus (VHT) unterwegs sind, mit Trennscheiben ausgestattet sein.“

Quelle: Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH  

Mittelständische Verkehrswirtschaft startet Digitalisierungsoffensive

Der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo) als Spitzenverband der mittelständischen und privaten Buswirtschaft und das Berliner Technologieunternehmen door2door wollen künftig gemeinsam die digitale Transformation des Nahverkehrs vorantreiben. Ziel ist die Erarbeitung einheitlicher technischer Lösungen, Standards und Dienstleistungen, die es den Mitgliedsunternehmen des bdo ermöglichen, bundesweit neue digitale Mobilitätsangebote im öffentlichen Personennahverkehr anzubieten. Startpunkt der Zusammenarbeit war am 23. Juni ein erster gemeinsamer Workshop im von door2door entwickelten Format Lab4Mobility.

Gemeinsam heute den Verkehr von morgen planen

„Der Bus ist das Rückgrat des Nahverkehrs in Deutschland. Klimafreundlich, flexibel und verlässlich ermöglicht die Busbranche seit Jahren Mobilität in allen Lebensbereichen – und das bis tief hinein in jeden Winkel im ländlichen Raum. Aufgrund der Corona-Pandemie sind die Unternehmen derzeit vor große Herausforderungen gestellt. Umso wichtiger ist es, dass wir uns jetzt für die Zukunft bereit machen, neue Geschäftsmodelle ergründen und durch Innovation und Digitalisierung Synergieeffekte und Effizienzen heben,” sagte Anja Ludwig, Stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des bdo, anlässlich der Auftaktveranstaltung.

Dr. Tom Kirschbaum, Gründer und Co-CEO von door2door, erklärte: “Der Erfolg des Wirtschaftsstandorts Deutschland ruht auf den Schultern des Mittelstands. Das gilt nicht nur für das produzierende, sondern auch für das Dienstleistungsgewerbe. Der bdo und seine Mitglieder setzen auf digitale Technologien, um ihr Geschäft zu transformieren und ihren Kunden, den Kommunen und insbesondere den Fahrgästen, neue komfortable Mobilitätsangebote anzubieten.”

Quelle: Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (bdo)

PBefG-Eckpunkte bringen Gesetz auf Höhe der Zeit

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen, Branchenverband für über 600 Unternehmen des öffentlichen Personen- und Schienengüterverkehrs, begrüßt die Kompromisse der Regierungskoalition sowie der Findungskommission zur Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG): „Das ist eine wichtige Vorentscheidung für die passgenaue und moderne Regulierung des Mobilitätsmarktes. Mit Blick auf Klimaschutz und Daseinsvorsorge ist entscheidend, dass der ÖPNV mit seiner jahrzehntelangen Erfahrung im Linien- und Bedarfsverkehr die Basis der anstehenden PBefG-Evolution bildet. Pooling wird künftig ermöglicht, der Abstand zum Mietwagen bleibt durch die im Grundsatz fortgeltende Rückkehrpflicht erhalten und wird um eine Anti-Dumping-Regelung ergänzt. Das öffnet die Tür für weitere innovative, ergänzende Angebote zum klassischen Linienverkehr und sichert das Abstandsgebot zwischen den Verkehrsformen. Verpflichtungen und Privilegien müssen sich hier die Waage halten, damit weiterhin fairer Wettbewerb möglich ist. Aus unserer Sicht ist das mit den jetzt vorliegenden Eckpunkten gelungen“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann.

Die Vertreterinnen und Vertreter aus Bund und Ländern in der PBefG-Findungskommission verständigten sich auf Eckpunkte, nachdem bereits vorher die Regierungskoalition einen Kompromiss gefunden hatte: „Damit wird ein System mit erheblicher Flexibilität geschaffen, gleichzeitig aber Wildwuchs und zusätzlicher PKW-Verkehr, der zu mehr Stau in den Städten führt, verhindert“, so Wortmann. Der VDV bewertet die vorliegenden Eckpunkte und den geschlossenen Kompromiss der Regierungsfraktionen als ausgewogen und sachgerecht. So sollen etwa Bedarfsverkehre, die die Fahrgastnachfrage bündeln, künftig der Be­triebs- und Be­för­de­rungs­pflicht unterliegen, in den ÖPNV einschließlich Tarifsystem eingebunden werden und auch steuerlich wie Busse und Bahnen behandelt werden. Auch für Pooling-Verkehre außerhalb des ÖPNV gibt es neue, passend austarierte Rahmenbedingungen: „Für die Zulassung dieser Dienste hat die Kommune entsprechende Steuerungsmöglichkeiten, um ungewünschte Aus­wir­kun­gen wie Mehrverkehr rechtzeitig zu erkennen und gegenzusteuern. Die Kom­mu­nen dürfen diese Angebote dann etwa zeit­lich und räum­lich be­schrän­ken und mit Mindestpreisen versehen“, so Wortmann. Auch die Rückkehrpflicht für Mietwagen, über die lange diskutiert wurde, bleibt erhalten, allerdings können innerhalb des Bedienungsgebiets andere Abstellorte als der Dienstsitz des Mietwagenunternehmens definiert werden.

PBefG-Eckpunkte stärken auch ÖPNV im ländlichen Raum Die Verkehrswende wird ohne einen stärkeren öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum nicht erfolgreich sein. Um das Taxi­an­ge­bot spe­zi­ell im länd­li­chen Raum zu si­chern, haben die kommunalen Aufgabenträger die Möglichkeit, Ta­xi­ver­keh­re aus öf­fent­li­chen Mit­teln zu fi­nan­zie­ren. Auch in Bezug auf das Geschäftsgebaren von digitalen Fahrdienst-Vermittlungsplattformen gibt es eine verdeutlichende Regelung: „Öffentliche Mobilität ist in Deutschland, gerade in ländlichen Räumen, Daseinsvorsorge und muss dementsprechend unter gleichen Rahmenbedingungen, transparent und fair für alle Bürgerinnen und Bürger funktionieren. Dazu passt das Auftreten einiger Plattformanbieter nicht, die sich in der Frage, ob ihre Fahrdienstleister am Markt die Regeln einhalten, aus der Verantwortung stehlen wollten. Heute und künftig sind sie dafür verantwortlich. Handeln und Verantwortung für dieses Handeln müssen zusammenfallen“, so Wortmann abschließend.

Quelle: VDV

Exklusives Online-Interview: Die Novelle des PBefG

Die große Koalition will den Einstieg neuer Anbieter in den Taxi- und Fahrdienstmarkt erleichtern und das Personenbeförderungsgesetz dahingehend ändern. Nahverkehrs-praxis sprach über die Folgen der geplanten PBefG-Novelle für den Wettbewerb im ÖPNV und für Anbieter von Pooling-Diensten im Speziellen mit Dr. Tom Kirschbaum, Co-Gründer & Geschäftsführer der door2door GmbH.

Nahverkehrs-praxis: Laut geplanter Novelle des Personenbeförderungsgesetzes soll es neuen Anbietern erleichtert werden, in den deutschen Taxi- und Fahrdienstmarkt einzusteigen. Die sogenannten Pooling-Angebote sollen dauerhaft erlaubt werden. Was wird sich durch die Novelle Ihrer Ansicht nach ändern?

Dr. Kirschbaum: Das Erste, was als positiver Fortschritt bei der Novelle zu konstatieren ist, betrifft das Thema „Rechtssicherheit“. Wir alle wissen, dass in der aktuellen Version des PBefG die neuen Mobilitätsdienste, inklusive der Pooling-Angebote, kein richtiges Zuhause haben. Behörden und Anbieter legen die Rechtsgrundlage bisher so aus, dass über die Experimentierklausel oder über atypische Linienverkehre Genehmigungen erteilt werden können. Diese stehen dann aber oft auf etwas wackeligen Füßen und sind meistens auch noch über die Experimentierklausel zeitlich befristet. Wirkliche Rechtssicherheit, die notwendig wäre, um in dieses Zukunftsfeld nachhaltig investieren zu können, existiert nicht. Wenn es jetzt zu einer neuen Regelung kommt, die klarstellt, dass das PBefG diese Mobilitätsdienstleistungen inklusive des Ride-Poolings erlaubt, wäre das schon einmal ein sehr grundsätzlicher Fortschritt.
Aus meiner Sicht ist zweitens ein guter Kompromiss für alle Beteiligten absehbar. Anbieter mögen das aus ihrer Perspektive heraus anders sehen, aber ich finde, wir müssen uns miteinander zunächst einmal über die Zielsetzung klar werden. Wenn ein effizienter Verkehr als Teil der Verkehrswende in den Innenstädten dazu führen soll, dass weniger Verkehrsaufkommen stattfindet und im ländlichen Raum für eine hinreichend gute Abdeckung gesorgt wird, ist das nach meiner Auffassung primär eine öffentliche Aufgabe. Das muss das Gesetz auch abbilden und gleichzeitig Raum lassen für Wettbewerb und private Angebote in eben diesem Rahmen.
Der Weg muss sein, Pooling-Dienste als eine neue Verkehrsform im PBefG aufzunehmen und dabei sowohl kommunal betriebene Angebote als auch private Anbieter einzubinden. So erhält man eine Vielfalt, ohne zu viel Liberalisierung und Wettbewerb zuzulassen – denn anderenfalls würden die öffentlichen Interessen unter die Räder geraten. Es zeichnet sich jetzt aber ein Weg ab, der diese Interessen vernünftig miteinander in Einklang bringt.

Nahverkehrs-praxis: Ulrich Lange, Vizevorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, spricht von „klar definierten Grenzen für mehr Wettbewerb auf dem Mobilitätsmarkt“. Sehen Sie das auch so positiv?

Dr. Kirschbaum: Soweit ich weiß, gibt es bisher bestimmte Eckpunkte als Grundlage eines Entwurfs, der dann auch ins parlamentarische Verfahren kommt. Vorbehaltlich der noch nicht bekannten Einzelheiten gehe ich davon aus, dass es Raum für Wettbewerb geben wird. Wenn es darum geht, öffentliche Interessen durchzusetzen, sind auf der einen Seite öffentliche Akteure nötig. Andererseits ist aber klar, dass Wettbewerb das Geschäft belebt und dazu führt, dass der eine oder andere, der sonst sich vielleicht drei Mal überlegt, ob er etwas Neues, eventuell Risikobehaftetes macht, schneller zu notwendigen Entscheidungen gelangt. Es ist in der Novelle des PBefG offenbar vorgesehen, dem Wildwuchs bei Pooling-Diensten, wie man ihn aus anderen, vor allem den sehr liberalisierten Märkten in den USA kennt, einen Riegel vorzuschieben. So soll Wettbewerb in klar definierten Grenzen stattfinden können – das ist zu begrüßen. Wie klar diese Grenzen umschrieben sind, wird das Gesetz zeigen.

Nahverkehrs-praxis: Was bedeutet die PBefG-Novelle für Door2Door, einem Unternehmen, das mit den öffentlichen Verkehrsbetrieben zusammenarbeiten möchte? Können Sie mit der Novelle leben?

Dr. Kirschbaum: Ich könnte mit der Novelle gut leben. Denn ich glaube, dass sie dazu führen wird, dass die Kommunen endlich einschätzen können, auf welcher Basis solche Verkehre zur Ergänzung und gelegentlich auch zum Ersatz nichteffizienter Linienverkehre einsetzbar sind. Ich erwarte, dass aus der kommunalen Politik, die ja oft in den Gremien der kommunalen Unternehmen vertreten ist, die klare Ansage kommt, die Pooling-Angebote deutlich auszuweiten. Es gibt jetzt einen klaren Rechtsrahmen, und es gibt auch Fördermittel. Insofern können sowohl rechtlich wie wirtschaftlich keine Gründe mehr vorgeschoben werden, dieses Thema nicht aufzugreifen. Wir stehen mit unseren Erfahrungen gerne bereit, den Verkehrsunternehmen dabei zu helfen. Die jetzige Entwicklung stellt sowohl für uns als auch für die Kommunen und die kommunalen Verkehrsbetriebe eine positive Entwicklung dar.

Nahverkehrs-praxis: Mit der Novelle wollen Union und SPD besonders den ländlichen Raum stärken. Anbietern wie Uber wird aber immer vorgeworfen, Angebote in diesem nicht gerade gewinnträchtigen Bereich gar nicht anbieten zu wollen. Ist dieser Vorwurf falsch, wird das Angebot auf dem Land zukünftig besser?

Dr. Kirschbaum: Ich finde es nicht überraschend, dass Unternehmen, die an der Börse notiert sind, also rein privatwirtschaftlich agieren, Mobilität im ländlichen Raum nicht attraktiv finden. Das kann man ihnen gar nicht vorwerfen, denn sie arbeiten nun einmal gewinnorientiert. Sie haben ein Produkt in den Markt zu bringen, das sich wirtschaftlich trägt. Wir alle wissen, der ländliche Raum ist sehr zersiedelt, und häufig ist es dort weniger möglich, ausreichend Geld für öffentlich angebotene Mobilität in die Hand zu nehmen als in den Ballungsgebieten. Mir ist bisher kein Rezept dafür bekannt, Mobilität im ländlichen Raum auf der einen Seite wenigstens annähernd flächendeckend anzubieten und andererseits dabei Geld zu verdienen. Vielleicht funktioniert das, wenn irgendwann das autonome Fahren kommt, weil man dann eine andere Kalkulation durchführen kann. Bis dahin ist Mobilität im ländlichen Raum etwas, was uns öffentliches Geld wert sein muss. Sie kann mit Einsatz von Technologie, wie auch wir sie bereithalten, effizienter gestaltet werden als in der Vergangenheit.
Allerdings darf man nicht glauben, dass dies jetzt zu einer regelrechten „Cashcow“ werden wird, also von heute auf morgen Gewinne abwirft. Zu glauben, dass man öffentliche Interessen wie ÖPNV im ländlichen Raum oder die Verkehrswende allein durch die Gesetze des Marktes regeln kann, ist eine Fehleinschätzung.

Nahverkehrs-praxis: Können diese neuen Mobilitätsdienste wirtschaftlich betrieben werden?

Dr. Kirschbaum: Ich bin der festen Überzeugung, dass Pooling-Verkehre wirtschaftlich tragfähig sein können. Dabei sind aber verschiedene Parameter zu berücksichtigen. Zum einen müssen sie so eingesetzt werden, dass sie den ÖPNV nicht kannibalisieren und sich preislich zwischen einem Ticket für den klassischen Linienverkehr und dem Preis für ein Taxi bewegen. Zum anderen müssen sie in einer bestimmten Verfügbarkeit im Markt vorhanden sein. Sie können nicht erwarten, dass viele Menschen diesen Service in einer Großstadt nutzen, wenn sie nur mit relativ wenigen Fahrzeugen unterwegs sind. Denn so kann die kritische Masse, die sie brauchen, um die Effizienzgewinne eines solchen Systems auch wirklich nutzen zu können, nicht erreichen werden. Das funktioniert erst mit einer großen Fahrzeugflotte. Dies ist bisher noch nicht der Fall, nicht zuletzt deswegen, weil es die nötige Rechtssicherheit noch nicht gab.
Entscheidend ist aber auch die bessere Einbindung des Taxigewerbes. Bevor kommunale Verkehrsunternehmen Hunderte neuer Fahrzeuge beschaffen, Fahrer neu ausbilden und einstellen und entsprechend hohe Kosten auf sich laden, sollten stattdessen Taxifahrzeuge in die Pooling-Flotten integriert werden. Das wird durch das neue Gesetzt hoffentlich möglich, denn dies ist eines der wichtigsten noch offenen Details. Das hieße, dass Taxis nicht nur unter Taxi- sondern auch unter Pooling-Lizenzen eingesetzt werden könnten. So erhielte man einen kalkulierbaren, wirtschaftlich attraktiven Verkehr.

Nahverkehrs-praxis: Der ÖPNV ist wichtiger Teil der Daseinsvorsorge für die Bevölkerung – eine überholte Vorstellung?

Dr. Kirschbaum: Im Gegenteil, ich hoffe auf eine Renaissance der Daseinsvorsorge. Das „Dasein“ des Staates für die Bürger eines Landes ist extrem wichtig für die Gesellschaft, und der Staat und die öffentlichen Akteure sollten Vorsorge dafür treffen, dass die elementaren Bereiche unseres Lebens auf eine bestimmte Art und Weise funktionieren. Das hat das Funktionieren des Gesundheitswesens in den letzten Wochen gezeigt, und auch der ÖPNV hat seine Sache gut gemacht. Ich denke, dass die Mischung von Staatlichem und Privatem eine gute Melange ergibt und hoffe, dass dies auch der Weg ist, der im neuen PBefG beschritten wird.

Nahverkehrs-praxis: Wie schätzen Sie die Folgen der Coronakrise für den ÖPNV ein?

Dr. Kirschbaum: Nach meiner Beobachtung haben die Einhaltung der Hygienemaßnahmen im ÖPNV und das verantwortungsvolle Verhalten der Fahrgäste dazu geführt, dass die Ansteckungsgefahr hier nicht größer ist als in anderen Situationen. Ich gehe davon aus, dass der öffentliche Personennahverkehr auch in und nach Coronazeiten seine Stärke wieder zurückgewinnen wird. Es mag sein, dass er im Moment nicht den leichtesten Stand hat, aber das Virus wird spätestens durch die Entwicklung eines Impfstoffes in vielleicht einem Jahr von geringerer Bedeutung sein. Die Verkehrswende hingegen wird uns 10-15 Jahre beschäftigen, und ohne den ÖPNV mit klassischem Linienverkehr und kleineren Fahrzeugen wie beim Ride-Pooling als Rückgrat des Stadtverkehrs ist dieses Ziel langfristig nicht zu erreichen.

Weitere Informationen zur Novellierung des PBefG finden Sie hier.

SWEG-Pilotprojekt soll Busfahrgästen zusätzliche Hygiene ermöglichen

Die Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG (SWEG) bietet den Fahrgästen seit dem 22. Juni 2020 die kostenlose Nutzung von Desinfektionsmittelspendern in den SWEG-Linienbussen in Lahr an. Ausgerüstet wurden 25 Busse, die im Stadtverkehr Lahr und im Umland fahren. „Das ist ein zusätzliches Hygieneangebot für unsere Kunden“, sagt der SWEG-Vorstandsvorsitzende Tobias Harms. „Wir möchten, dass sich unsere Fahrgäste so sicher wie möglich fühlen und mit einem guten Gefühl den öffentlichen Personennahverkehr nutzen“, ergänzt SWEG Vorstand Dr. Thilo Grabo. Die Kosten für die Ausrüstung der Busse beliefen sich auf rund 2500 Euro.
Die Spender befinden sich in den Bussen im Bereich der Sondernutzungsfläche (gegenüber der zweiten Tür) und funktionieren berührungslos. Bei untergehaltener Hand lösen sie nur kurz aus, sodass Nachtropfen verhindert wird. Bei dem Einbau der Spender handelt es sich um ein Pilotprojekt. „Wenn es von unseren Fahrgästen im Raum Lahr gut angenommen wird, dann rüsten wir auch in anderen Verkehrsgebieten unsere Busse aus“, blickt Tobias Harms voraus. „Der Schutz unserer Fahrgäste und unserer Mitarbeiter vor einer Infektion mit dem Virus hat oberste Priorität.“

Quelle: Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG (SWEG)

Deutsche Umwelthilfe fordert mehr Bus und Bahn für 1 Euro am Tag

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) begrüßt das erneute Bekenntnis des regierenden Bürgermeisters von Berlin Michael Müller zur Einführung eines 365 Euro Tickets und fordert dessen rasche Umsetzung. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) als zentrale Säule der Verkehrswende braucht in Berlin aber auch in allen anderen Städten ein attraktives und bezahlbares Angebot, um noch mehr Menschen nachhaltige Mobilität anbieten zu können.

„Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von Kommunen, Ländern und dem Bund, den ÖPNV jetzt zu retten. Neben einem Sofortprogramm bedarf es langfristiger, massiver Investitionen und innovativer und attraktiver Angebote, um zu verhindern, dass unsere Städte endgültig im Autoverkehr ersticken. Wenn wir keinen Rückfall um Jahrzehnte beim Thema Klimaschutz, Gesundheitsschutz vor Luftverschmutzung und Lärm sowie Verkehrsinfarkten und Dauerstaus in den Städten erleben wollen, müssen jetzt alle Anstrengungen in den ÖPNV fließen. Attraktive Angebote wie das 365 Euro-Ticket, bringen die Menschen wieder in Bus und Bahn zurück. Berlin sollte das 365-Ticket deshalb jetzt so schnell wie möglich in die Umsetzung bringen“, so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Die DUH fordert Verkehrsminister Andreas Scheuer auf, gerade jetzt den Kommunen und Verkehrsverbünden beizustehen und attraktive Angebote sowie den Ausbau der öffentlichen Verkehre massiv finanziell zu unterstützen. Langfristig müssen 5 Milliarden Euro jährlich mehr Mittel für die Einführung innovativer und attraktiver Angebote wie dem 365 Euro Ticket von Seiten des Bundes und der Länder bereitgestellt werden. Finanziert werden kann dies über das Wegfallen des Dienstwagenprivilegs. Durch die zusätzliche Abschaffung der klimaschädlichen Dieselkraftstoffsubvention sind verstärkte Investitionen in Bus und Bahn möglich. Dies dient nicht nur dem Klimaschutz, sondern trägt auch zu besserer Luftqualität und weniger Flächenverbrauch in den immer dichter werdenden Städten bei.

Dass der Fahrpreis insbesondere derzeit eine große Rolle spielt, zeigen Zahlen aus den USA. Laut Medienberichten haben hier 45 Prozent der Verkehrsverbünde die Ticketpreise ausgesetzt. Das Ergebnis am Beispiel Houston: Die zunächst um 46 Prozent eingebrochenen Fahrgastzahlen haben sich inzwischen zumindest in der Innenstadt wieder stabilisiert.

Die DUH fordert mit ihrem bundesweit gültigen “Blauen Ticket” einen einfachen und kostengünstigen ÖPNV in ganz Deutschland. Mit dem „Blauen Ticket“, kann nach dem Modell der DUH für 365 Euro pro Jahr nicht nur Bahn, Bus und Straßenbahn in der jeweiligen Heimatstadt, sondern auch in anderen Städten und Verkehrsverbünden genutzt werden. Einen guten Einstieg in dieses Modell unternimmt Österreich: Hier wird bereits im nächsten Jahr ein ÖPNV-Ticket in ganz Österreich für knapp 1100 Euro – also 3 Euro am Tag – eingeführt. Damit bleibt die Alpenrepublik ihrer Vorreiterrolle nach dem erfolgreichen Start des 365 Euro Ticket in Wien treu und zeigt den europäischen Mitgliedstaaten, wie Klimaschutz im Verkehr heute schon aussehen kann.   

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e.V.

VDV unterstützt Nutzung der neuen Corona-Warn-App

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) – Branchenverband für über 600 Unternehmen des öffentlichen Personen- und des Schienengüterverkehrs – unterstützt den Einsatz und die Nutzung der von der Bundesregierung diese Woche vorgestellten Corona-Warn-App. „Die Corona-Pandemie und deren wirtschaftliche Auswirkungen sind in der Gesellschaft und bei den Unternehmen noch überall deutlich spürbar. Wir halten diese App deshalb nicht nur aus Gründen des Gesundheitsschutzes für richtig und wichtig. Darüber hinaus haben wir als Branche auch ein unternehmerisches Interesse an allen Maßnahmen, die einen erneuten Anstieg der Infektionen verhindern. Denn die daraus möglicherweise folgenden Reise- und Ausgangsbeschränkungen würden gerade die Mobilitätsanbieter wirtschaftlich massiv treffen“, so VDV-Präsident Ingo Wortmann.

Quelle: Verband Deutscher Verkehrsunternehmen

Stadler übernimmt VIPCO GmbH aus Mannheim

Stadler erweitert mit der vollständigen Übernahme der VIPCO GmbH aus Mannheim sein Portfolio um eine neue Engineering-Tochter mit rund 50 Mitarbeitenden in Deutschland. Schwerpunkt der neuen Stadler Mannheim GmbH ist die Entwicklung von Soft- und Hardwarekomponenten für die Fahrzeugsteuerung und den Retrofit-Bereich.
Die neue  Stadler Mannheim GmbH mit Standorten in Mannheim, Kassel und Halle bringt ausgewiesene und langjährige Expertise im Bereich modernster Soft- und Hardwarekomponenten für die Schienenfahrzeugbranche mit in das Unternehmen.

Quelle: Stadler Group