KAV: Verdi soll die Forderungen offenlegen und in der Öffentlichkeit begründen

Vier Punkte, warum der Tarifkonflikt im Nahverkehr so außergewöhnlich ist: Gastbeitrag von Sylvana Donath, Hauptgeschäftsführerin des KAV Baden-Württemberg, über die Warnstreiks von Verdi.

Der Tarifkonflikt in den kommunalen Nahverkehrsunternehmen im Land unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von anderen Tarifkonflikten. Die Gewerkschaft Verdi nutzt ihre Streikmacht – unabhängig vom Verhandlungsstand im jeweiligen Bundesland – bundesweit mit großer Wucht. Bis zum Beginn der dritten Verhandlungsrunde um den Manteltarifvertrag werden Pendlerinnen und Pendler in einzelnen Städten Baden-Württembergs schon wieder ohne Bus oder Straßenbahn zur Arbeit kommen müssen; diesmal am 29. Februar und 1. März. Diese erneuten Streiks sind unnötig, da die Arbeitgeberseite mehrfach Verhandlungsbereitschaft signalisiert hat.

Neben den massiven, bundesweiten Streikwellen von Verdi ist das Bündnis mit der Klimaschutzbewegung Fridays for Future (FFF) der zweite außergewöhnliche Punkt. Ein Schulterschluss einer Gewerkschaft mit einer sozialen Bewegung ist nicht das Besondere. Dass diese Zusammenarbeit zu gemeinsamen Streik-Aktionen führt, hingegen schon. In diesem Fall treten beide Organisationen vordergründig für Klimaschutz und die Verkehrswende ein. Es ist natürlich richtig, dass die Verkehrswende mehr Ressourcen in den Nahverkehrsunternehmen erfordert. Ohne einen besseren Takt gerade in ländlichen Regionen ist keine Mobilitätswende zu erreichen. Dennoch drängt sich mit dem Streikbündnis aus ver.di und FFF der Eindruck eines politischen Streiks auf, um die Politik zu Änderungen in der Finanzierung des ÖPNV zu zwingen.

Der dritte Punkt ist, dass Ver.di in den Tarifverhandlungen für Baden-Württemberg – entgegen den offiziellen Bekundungen – den Schwerpunkt auf finanzielle Aspekte legt. Außergewöhnlich ist hierbei auch die Größenordnung der Verdi-Forderungen. Denn die Beschäftigten in den kommunalen Nahverkehrsunternehmen profitieren schon jetzt vom Tarifabschluss der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, der durchschnittliche Gehaltssteigerungen von zwölf Prozent umfasst. Nun fordert Verdi nochmals einen massiven Nachschlag. In sogenannten Manteltarifverhandlungen ist es üblich, dass es um die Rahmenbedingungen der Arbeit geht – also etwa um maximale Schichtlängen. In diesen Verhandlungen geht es Verdi augenscheinlich vor allem um mehr Geld. Um sehr viel mehr Geld.

Drei Beispiele: Verdi fordert eine monatliche Nahverkehrszulage in Höhe von 450 Euro für alle Beschäftigten, ein 14. Monatsgehalt (aktuell sind es 13,2 Monatsgehälter) sowie die Reduzierung der Arbeitszeit von 39 auf 35 Stunden. Dazu kommt die Forderung, Gewerkschaftsmitgliedern fünf zusätzliche Urlaubstage einzuräumen. All diese Forderungen summieren sich auf ein gefordertes Gehaltsplus von 30 Prozent. Das ist nicht finanzierbar. Eine Branche, die innerhalb weniger Monate einen Zuschlag um insgesamt mehr als 40 Prozent erhält – das wäre rekordverdächtig. Würde Verdi die Forderungen durchsetzen, läge der Durchschnittsverdienst im Fahrdienst statt bei 4.000 Euro mit einem Mal bei 5200 Euro im Monat.

Der vierte außergewöhnliche Punkt ist, dass Verdi die massiven finanziellen Forderungen in der Öffentlichkeit gar nicht darlegt. In den Flugblättern und Medieninformationen nennt Verdi als zentrale Forderungen eine volle Anrechnung der Arbeitszeiten bei Verspätungen oder bisher unbezahlten Wegezeiten. In den Verhandlungen sind dies allenfalls Randaspekte. Aber vermutlich würde Verdi auf wenig Verständnis stoßen, wenn sie die Forderung nach einem Gehaltsplus von weiteren 30 Prozent, das die Steuerzahler bezahlen müssten, auch offenlegt. Die betroffenen Fahrgäste hätten für solch maßloses Verhalten sicher wenig Verständnis. Ehrlich allerdings wäre dies.

Zur Person: Sylvana Donath ist Hauptgeschäftsführerin des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Baden-Württemberg (KAV). Sie ist seitmehr als 23 Jahren in kommunalen Arbeitgeberverbänden tätig und führt seit 2006 Tarifverhandlungen für Beschäftigte im Bereich des Nahverkehrs auf Landesebene. Seit mehr als 18 Jahren begleitet sie die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes auf Bundesebene.

Brand- und Explosionsrisiko bei Akkus von E-Tretrollern

Die Betriebsverantwortlichen zahlreicher Verkehrsunternehmen, die sich regelmäßig im Betriebsausschuss des Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. (VDV) austauschen, empfehlen, E-Tretroller von der Beförderung in Bussen und Bahnen auszuschließen. Grund dafür ist der niedrige Sicherheitsstandard der verbauten Lithium-Ionen-Akkus und damit verbunden ein erhöhtes Brand- und Explosionsrisiko sowie die gesundheitsschädliche Rauchgasfreisetzung. Ausgangspunkt dafür, dass der Ausschuss im VDV sich mit dem Thema intensiv beschäftigt hat, waren Brände und Explosionen in ÖPNV-Fahrzeugen unter anderem in London, Barcelona und Madrid.

Sicherheit genießt die höchste Priorität bei der Beförderung im ÖPNV. Wesentliche Grundlagen für die jetzt ausgesprochene Empfehlung bilden zwei brandschutztechnische Bewertungen durch den unabhängigen Gutachter STUVAtec (Studiengesellschaft für Tunnel und Verkehrsanlagen mbH). Der Gutachter stellt fest, dass es für die in Elektrotretrollern verbauten Lithium-Ionen-Akkus bislang weder auf nationaler noch auf europäischer Ebene ausreichend spezifische Normen und Sicherheitsstandards gibt.

„Bei der Beurteilung von betrieblichen Sicherheitsrisiken im ÖPNV steht der Schutz aller Personen in den Fahrzeugen an erster Stelle. Von daher müssen wir als Verantwortliche handeln, wenn das Risiko einer gesundheitlichen Gefährdung der Fahrgäste und der Mitarbeitenden besteht. Dadurch, dass die in Elektrokleinstfahrzeugen verbauten Akkus bislang keinem ausreichenden Sicherheitsstandard unterliegen, besteht bei diesen Fahrzeugen ein erhöhtes und unkalkulierbares Risiko von Akku-Bränden, die in der Regel explosionsartig ablaufen. Das, was in den Fahrzeugen in Madrid, Barcelona oder London passiert ist, kann auch in Deutschland jederzeit passieren. Daher sehen wir uns aktuell dazu gezwungen, die Mitnahme solcher Fahrzeuge in Bussen und Bahnen nicht mehr zu empfehlen. Mindestens so lange, bis die dort verbauten Akkus einen ausreichenden Sicherheitsstandard erfüllen. Nicht betroffen sind gemäß der Gutachten E-Fahrräder, E-Rollstühle und E-Seniorenmobile, da sie bereits deutlich höhere normative Anforderungen an die Sicherheit der Batterien erfüllen.“

Ronald Juhrs, Geschäftsführer Technik und Betrieb bei den Leipziger Verkehrsbetrieben und Vorsitzender des VDV-Betriebsausschusses

Mit Blick auf einen möglichen Brand in U-Bahn-Fahrzeugen kommt der Gutachter zu folgender Einschätzung:

„Der bei sicherheitstechnischen Betrachtungen mit höchster Priorität belegte Personenschutz und die hierfür erforderliche Möglichkeit zur Selbstrettung ist bei einem Brand eines Elektrokleinstfahrzeugs (entsprechend der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV)) in einem im Tunnel fahrenden vollbesetzten Zug praktisch nicht gegeben. Für die Fahrgäste besteht im Fahrzeug keine Ausweichmöglichkeit, da, anders als im Fernverkehr, ein Wechsel in einen angrenzenden nicht betroffenen Wagen bauartbedingt nicht möglich ist. Die sehr schnelle Rauchentwicklung innerhalb eines geschlossenen Raums kann daher auch innerhalb einer möglicherweise nur kurzen Restfahrzeit bis zur nächsten Haltestelle zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Fahrgäste führen.“

Unter Berücksichtigung der aktuellen Daten und Fakten könne daher eine Mitnahme von Elektrokleinstfahrzeugen in U-Bahnen nicht empfohlen werden, so die finale Bewertung des Gutachters. Darüber hinaus stellt die STUVAtec im zweiten Gutachten fest, dass E-Tretroller mit Lithium-Ionen-Akkus im Falle eines Brandereignisses auch in den übrigen Fahrzeugen des ÖPNV (Bussen und Straßenbahnen) zu einer Gefährdung von Fahrgästen führen können. In Abwägung der Gefährdungen mit dem zu akzeptierenden Restrisiko ist der VDV-Betriebsausschuss zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Mitnahme von E-Tretrollern auch in Bussen und Straßenbahnen grundsätzlich nicht empfohlen werden kann.

Wie in mehreren anderen Städten ist die Mitnahme von E-Tretrollern auch in Dortmund in den Bussen und Stadtbahnen von DSW21 ab dem 1. März 2024 verboten.

„Wir haben uns diese Entscheidung wirklich nicht leicht gemacht. Denn wir wissen natürlich, dass einige Fahrgäste die E-Tretroller in unseren Fahrzeugen mitnehmen, um damit im Anschluss ihre restliche Wegstrecke zurückzulegen. Das ist im Sinne der Verkehrswende grundsätzlich auch eine sinnvolle Kombination klimafreundlicher Verkehrsmittel. Wenn es aber um eklatante Sicherheitsrisiken geht, die von allen Fachleuten einheitlich bewertet werden, müssen wir im Sinne der Fahrgäste eine konsequente Regelung treffen. Dafür bitten wir um Verständnis.“

DSW21-Betriebsleiter Ralf Habbes

Quelle: VDV, DSW21

Gemeinsam in die Zukunft der Mobilität

Nach 18 Monaten hat Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter das Amt des Sprechers der Allianz „Mobile Zukunft München“ weitergeben: „Ich habe die Gründungsphase von MZM gern begleitet und freue mich, dass die Allianz unter meiner Leitung inhaltlich und organisatorisch auf ein solides Fundament gestellt wurde. Nun übergebe ich das Amt in engagierte Hände!“ Als Nachfolger hat er Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter vorgeschlagen, der nun gewählt wurde: „Die Mobilität in einer wachsenden Region ist wirtschaftlich wie sozial von herausragender Bedeutung. Als neuer Sprecher der MZM-Allianz werde ich mich daher dafür einsetzen, dass es möglichst bald sichtbare Ergebnisse dieser Zusammenarbeit geben wird.”

Bei der feierlichen Übergabe symbolisierte Bernreiter die Verantwortung mit einer besonderen Geste. Er überreichte Oberbürgermeister Dieter Reiter eine großformatige Streifenkarte als Zeichen für die fortlaufende Entwicklung und Vernetzung im Bereich der Mobilität im Großraum München.

„MZM – Mobile Zukunft München und Region“ ist eine strategische Allianz für Mobilität und Logistik im Großraum München. Partner sind alle Landkreise und Städte im MVV-Raum sowie die Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern, BMW AG, MAN Truck & Bus SE, das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, der Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV), Siemens AG, die Landeshauptstadt München, die Technische Universität München und die Deutsche Bahn. Mehr Informationen zu MZM finden Sie unter www.mzm-allianz.net.

Quelle: Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr

EU-Parlament baut Hemmnisse beim Führerscheinerwerb ab

Das Europäische Parlament hat sich in seiner Plenum-Sitzung vom 28.02.2024 zur Novellierung der europäischen Führerscheinrichtlinie für grundlegende Reformen des Führerscheinwesens ausgesprochen. Das Parlament folgt damit den durch den Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) und die IRU eingebrachten Branchenvorschlägen zur Entbürokratisierung und Erleichterung des Berufszugangs.

Das EU-Parlament sprach sich unter anderem für eine Anpassung des Mindestalters von Busfahrern auf 21 Jahre aus, wodurch in Zukunft besser junge Nachwuchskräfte für den Beruf gewonnen werden können. Zudem sollen künftig Qualifikationen von Drittstaatsangehörigen leichter in der Europäischen Union anerkannt werden.

„Die heutige Abstimmung im EU-Parlament ist ein weiterer Meilenstein in den Bemühungen des bdo, den gravierenden Fahrpersonalmangel im Omnibusgewerbe durch bedarfsgerechte Rahmenbedingungen zu entschärfen. Der Richtlinienentwurf sah zunächst keinerlei Verbesserungen für die Busbranche vor. Der nachfolgende Bericht der zuständigen Berichterstatterin enthielt sogar weitere Hürden für den Erwerb des Busführerscheins. Nach intensiven Gesprächen in Berlin und Brüssel konnte nun eine Umkehr hin zu einer praxisgerechten Regelung erzielt werden.“

bdo-Hauptgeschäftsführerin Christiane Leonard

Die neue Führerscheinrichtlinie muss nun noch das Trilogverfahren durchlaufen. Auch wenn dieses nach neustem Kenntnisstand erst in der nächsten Legislaturperiode erfolgen soll, sieht der bdo dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens optimistisch entgegen. Christiane Leonard: „Der heutige Beschluss aus Brüssel bestärkt uns weiter in unseren Reformvorschlägen, auch auf nationaler Ebene gegen den Busfahrpersonalmangel. Hier ist noch viel zu tun, so z. B. die notwendige Einführung einer „2 in 1“-Ausbildung. Andernfalls verfallen die angekündigte Verkehrswende und die anstehenden Schienenersatzverkehre zur Utopie.“

Quelle: bdo

Auszeichnung für exzellentes Digitales Lernen im ÖV

Die VDV-Akademie vergibt 2024 zum dritten Mal die „Auszeichnung für exzellentes Digitales Lernen im ÖV“.

„Endlich geht es wieder los! Wenn es diesen Wettbewerb noch nicht gäbe, müsste man ihn jetzt erfinden. Die Arbeitswelt wandelt sich dynamisch, wird immer digitaler – und viele innovative Formate haben eine branchenweite Ausstrahlung, laden zum Nachahmen ein. Wir freuen uns auf neue Ansätze, Konzepte, Ideen und Umsetzungen.“

Harald Kraus, Vorsitzender des VDV-Personalausschusses und Vorstandsvorsitzender des VDV-Akademie e. V.

Teilnehmen können Unternehmen, die im öffentlichen Verkehr tätig sind, die Einsendefrist endet am 15. Mai. Eingereicht werden können Projekte, Produkte oder Konzepte des Digitalen Lernens. Die Preisvergabe erfolgt im Rahmen der 3. VDV-Bildungskonferenz vom 17. bis 18. September 2024.

Digitale Lernangebote und Online-Veranstaltungen etablieren sich nachhaltig als relevante Weiterbildungsformen. Die VDV-Akademie bietet Verkehrsunternehmen umfangreiche Lösungen an, die sich gut mit den verschiedenen Arbeitsorten und Arbeitszeitmodellen der Beschäftigten in der Branche vereinbaren lassen. „Wir brauchen neben neuen Lösungsansätzen in der Beruflichen Weiterbildung auch eine neue, inklusive Lernkultur, damit alle Lerntypen und Beschäftigtengruppen Lerninhalte verstehen und in der Praxis anwenden können“, so Harald Kraus. Eine Fachjury, bestehend aus den Gewinnerinnen und Gewinnern des Vorjahres und Mitarbeitenden der VDV-Akademie bewertet die Einreichungen. Die Kategorien:

  • Pflichtschulung (z. B. DSGVO, Sicherheitsunterweisung, Brandschutz etc.)
  • Lerneinheit mit Branchenbezug (z. B. neue Fahrzeuge, Weichenbefahrungen)
  • (Lern-)Innovation (offene Kategorie)

Die Preisverleihung erfolgt auf der 3. VDV-Bildungskonferenz, die vom 17. bis 18. September 2024 im Phantasialand Brühl stattfindet und bei der erheiternde Aspekte nicht zu kurz kommen werden.

Informationen zur Ausschreibung

Quelle: VDV

Klimastreik von Fridays for Future & ver.di am 1. März in über 100 Orten

Am Freitag, den 01.03. streikt Fridays for Future bundesweit an mehr als 100 Orten gemeinsam mit Beschäftigten im Nahverkehr. Die Bewegung schließt sich den Forderungen der Beschäftigten für gute Arbeitsbedingungen an und fordert außerdem Investitionen in den ÖPNV in Höhe von 100 Milliarden Euro.

“Die Ampelkoalition ist mit Versprechungen von sozialer Politik und konkreten Klimaschutzmaßnahmen angetreten, übrig geblieben ist davon nichts. Stattdessen beobachten wir, wie der öffentliche Nahverkehr vor die Wand gefahren wird, Busfahrer*innen an ihren Jobs kaputt gehen und das Klimageld ausbleibt. So kann das nicht weiter gehen.”

Darya Sotoodeh, Pressesprecherin von Fridays for Future Deutschland

Trotz dringend notwendiger Emissionsreduktion stagnieren die Emissionen im Verkehrssektor seit rund zwanzig Jahren. Um die Lücke zum Klimaziel zu schließen, wären eine Verdopplung der Kapazitäten im ÖPNV bis 2030 sowie Investitionen von rund 16 Milliarden Euro jährlich notwendig. Aber: Der öffentliche Nahverkehr steht vor einer existenziellen Krise. Hoher Personalmangel und mangelnde Investitionen resultieren heute schon in Fahrplanausfällen und Überlastung der Beschäftigten. Diese Situation wird sich in den kommenden Jahren weiter zuspitzen.

“Es geht hier nicht nur um Arbeitsbedingungen im Nahverkehr, es geht um so viel mehr: Es geht darum, ob wir die Klimakrise ernst nehmen und jetzt entschlossen handeln, ob wir es ermöglichen, dass alle Menschen gut und sicher unterwegs sein können, und ob wir zulassen, dass Menschen wie ich an diesem Job kaputt gehen.”

Petra Roth, Busfahrerin bei der BVG, über die anstehenden Streiks

Eine Übersicht aller Aktionen (wird laufend aktualisiert) finden Sie hier.

Quelle: Fridays for Future

Fahrgastverband PRO BAHN kritisiert Ende der bisherigen Reiseauskunft

Die Deutsche Bahn hat die bisherige Auskunftsseite „reiseauskunft.bahn.de“ abgeschaltet und verweist Fahrgäste auf die neue Webseite. Die alte Seite war mit einer leistungsfähigen Oberfläche ausgestattet, ermöglichte eine vielfältige Nutzung und verstand sich insbesondere auch als Auskunftsplattform für den bundesweiten öffentlichen Verkehr. Der Fahrgastverband PRO BAHN kritisiert, dass die neue Plattform unzureichend auf die Bedürfnisse verschiedenen Nutzergruppen angepasst ist und von einer Auskunftsplattform hin zu einer Verkaufsplattform umgestaltet wurde.

Eine leistungsfähige Fahrplanauskunft ist Grundvoraussetzung für Fahrgäste im öffentlichen Personenverkehr. Seit dem Start des Internets hatte die Deutsche Bahn eine Fahrplanauskunft angeboten, die stetig kundenorientiert weiterentwickelt und den vielfältigen Wünschen verschiedener Nutzergruppen gerecht wurde. Die Webseite war an Desktop- und Laptopbildschirmen übersichtlich und konnte Verbindungen kompakt darstellen. Beispiel: Die Details zu einer Verbindung mit 3 Umstiegen passte ganz auf eine Bildschirmseite (die neue Webseite verlangt ein Scrollen über oft 3 Seiten oder mehr). Dazu gab es eine separate Druckansicht, die z.B. auch für Nachweise bei Dienstreisen hilfreich war. Auch eine schnelle Bedienung rein per Tastatur bot die alte Plattform, während die neue Plattform auf eine Bedienung per Maus oder Touch ausgerichtet ist, vor allem um Datum und Uhrzeit auszuwählen. Dies ist nicht nur für sehbehinderte Nutzende eine Herausforderung – auch für den Vielnutzer ist die Suche mit dem neuen System deutlich langsamer.

„Mit Interaktionsmodellen wie dem Keystroke-Level-Modell kann man abschätzen, wie lange Nutzende für die fehlerfreie Bedienung eines interaktiven Systems benötigen. Von uns gerechnete Beispiele zeigen, dass die Nutzung der neuen Webseite am Desktop mindestens doppelt so lange dauert wie bei der Bedienung der alten Seite (bei Nutzung der Tastatur).“

Prof. Dr. Bastian Pfleging, Professor im Bereich der Mensch-Computer-Interaktion an der TU Freiberg

Fahrplanauskünfte sind ein zentraler Einstiegspunkt für das Angebot des Systems Öffentlicher Verkehr. Die Zuordnung der Reiseauskunft zur Produktsparte DB Fernverkehr und die Priorisierung von Verkaufsinteressen über die Auskunftsinteressen der Fahrgäste bedeutet einen deutlichen Paradigmenwechsel. Der Fahrgastverband PRO BAHN fordert die verantwortlichen Politiker in Bund und Ländern auf, eine zukunftsweisende und anbieterübergreifende Informationsplattform zu schaffen, die eine faire und offene Marketing- und Vertriebsplattform für alle Verkehrsunternehmen ermöglicht, die in Deutschland öffentliche Verkehre anbieten. Damit werden an einer zentralen Stelle diskriminierungsfrei vollständige Reiseauskünfte und idealerweise Fahrscheinkäufe für die komplette Reisekette mit dem öffentlichen Verkehr unternehmensunabhängig möglich.

Es wäre schön, wenn die europäischen Positivbespiele und das Gemeinwohl als Orientierung dienen würden. Ein Blick ins Nachbarland Österreich zeigt: Die Österreichischen Bundesbahnen trennen klar zwischen intermodaler Auskunftsplattform und Verkaufsplattform.

Quelle: Fahrgastverband PRO BAHN

Linienstreichungen und Fahrplanausdünnung drohen

Der Fachkräftemangel ist ein Hemmschuh für die Umsetzung der Verkehrswende und bedroht Betrieb und Ausbau der Mobilität in Deutschland. Etwa jedes zweite Verkehrsunternehmen gibt in der VDV-Personalumfrage 2023 an, Linien gestrichen und Fahrpläne ausgedünnt zu haben.

„Um gegenzusteuern, müssen wir unsere Attraktivität und unsere Vorzüge als interessante Arbeitgeber herausstellen. Die Verkehrsunternehmen schnüren bereits ein ganzes Bündel an Maßnahmen, um dieser Herausforderung zu begegnen: Betriebsrente, faire Bezahlung, soziale Zusatzleistungen. Jobs im ÖPNV bzw. besser Bus und Bahn sind ortsgebunden, klimaschützend, sinnstiftend, sicher, zukunftsgerichtet.“

Harald Kraus, Vorsitzender des VDV-Personalausschusses und Vorstandsvorsitzender der VDV-Akademie auf der 2. VDV-Fachkräftekonferenz in Berlin am 20.-21. Februar 2024

Bis 2030 werden in der gesamten Branche rund 80.000 Beschäftigte („Babyboomer“) in den Ruhestand gehen – Bus- und Bahnunternehmen haben einen besonders hohen Boomer-Anteil, da die Branche über Jahre hinweg wegen politischer Sparvorgaben kaum Nachwuchs einstellen konnte. Der Branchenverband VDV schätzt, dass für ein Gelingen der Verkehrswende bis 2030 110.000 neue Beschäftigte eingestellt werden müssen. Die Verkehrsunternehmen sind dabei, ihre Personal- und Employer-Branding-Strategie zu stärken. Maßnahmen, die in großen Unternehmen funktionieren, wirken jedoch nicht zwangsläufig auch in kleinen Unternehmen. Deshalb sollte ein Werkzeugkasten an Maßnahmen erarbeitet werden, aus denen sich jedes Unternehmen die passenden heraussucht.

Quelle: VDV

Klimaticket-Rekord in Vorarlberg

Das Jahr 2024 beginnt mit einem neuen Rekord: 85.618 Klimatickets wurden im vergangenen Jahr im Verkehrsverbund Vorarlberg (VVV) verkauft und damit so viele wie noch nie zuvor.

„Dieser neue Rekordwert beweist, dass attraktive Angebote angenommen werden und damit den Umstieg erleichtern. Wir haben letztes Jahr vieles in Bewegung gebracht und zahlreiche Projekte erfolgreich umgesetzt – von den 21 neuen S-Bahn-Zügen mit attraktiver Fahrradmitnahme, über den Umbau von Bahn-Haltestellen zu Mobilitätsdrehscheiben, neuen Radwegen und Carsharing-Standorten bis hin zum großen Fahrplanwechsel Ende des Jahres mit Intervallverdichtungen, neuen Verbindungen und Buslinien.“

Mobilitätslandesrat Daniel Zadra

Rund 50,2 Millionen Euro werden 2024 vom Land Vorarlberg in den Ausbau, Betrieb und in die Modernisierung der klimafreundlichen Mobilität mit Bus und Bahn investiert. Dazu zählen auch die Infrastrukturprojekte der ÖBB in Vorarlberg und der Umbau der Haltestellen Lochau-Hörbranz, Klaus und Wolfurt zu modernen Mobilitätsdrehscheiben. Damit wird das Umsteigen zwischen Zug, Bus, Rad und Carsharing noch einfacher.

Der Radverkehrsanteil ist in Vorarlberg mehr als doppelt so hoch wie im Österreich-Schnitt. Neben dem Angebot das Rad auch mit dem Zug mitnehmen zu können, um dann weiter ans Ziel zu fahren, werden die Abstellmöglichkeiten am Bahnhof weiter ausgebaut. Neben großen, offenen und überdachten Radabstellanlagen am Bahnhof, wächst die Anzahl der Standorte mit zusätzlichen VMOBIL Radboxen sukzessive an.

Auch das Carsharing Angebot in Vorarlberg wächst laufend und wird immer mehr genutzt. 13 Standorte von caruso carsharing ergänzten 2023 das bestehende Angebot. 25.000-mal wurde im vergangenen Jahr ein Auto ausgeliehen und damit 750.000 Kilometer zurückgelegt. 2024 kommen 15 neue Standorte auch mit neuen Fahrzeugen dazu.

Von Zug und Bus über Rad bis hin zu Carsharing – in allen Bereichen ist in Vorarlberg schon ein breites Mobilitätsangebot vorhanden und der Ausbau wird Jahr für Jahr weiter vorangetrieben. Das Erscheinungsbild der VMOBIL Stationen wird landesweit einheitlich. Der Rollout der neuen VMOBIL Stationen wird gerade vorbereitet und die ersten Standorte werden bereits heuer errichtet.

Besitzer eines Klimatickets nutzen Zug und Bus sehr regelmäßig – in den meisten Fällen sogar mehrmals täglich. Besonders attraktiv für jene, die noch nicht so regelmäßig mit den Öffis unterwegs sind, ist das digitale Ticketangebot mit der in Vorarlberg besonders beliebten FAIRTIQ-App. Beeindruckend sind auch hier die sehr erfreulichen Zuwachszahlen: 870.000 Fahrten wurden 2023 allein mit FAIRTIQ zurückgelegt – ein Plus von 40 Prozent im Vergleich zu 2022. Im Schnitt wird die App von 20.000 Nutzern verwendet.

Quelle: Verkehrsverbund Vorarlberg GmbH

DSW21-Verkehrsvorstand fordert mehr finanzielle Unterstützung

Seit einiger Zeit sind im Liniennetz der DSW21 Elektro-Busse unterwegs. Weil die »StromFahrer« ganz bewusst ein auffälliges Design erhalten haben, sind sie aus dem Stadtbild schon jetzt nicht mehr wegzudenken. Weitere klimafreundliche Busse sollen hinzukommen. Doch die Finanzierung steht auf der Kippe.

„Die drastische Kürzung der Fördermittel für E-Busse durch die Bundesregierung gefährdet auch bei uns in Dortmund die Umsetzung der Antriebswende und damit der Mobilitätswende. Der Bund gefährdet letztlich das Erreichen der Klimaziele im Verkehrssektor, der ohnehin schon hinterherhinkt.“

Ulrich Jaeger, Verkehrsvorstand von DSW21

Rund 40 Mio. € hat DSW21 in den Einstieg in die Elektromobilität investiert. Rund 780.000 € kostete jeder E-Bus. Die restliche Summe floss in den Aufbau der Ladeinfrastruktur sowie in Umbaumaßnahmen am Betriebshof in Brünninghausen – u.a. im Bereich der Werkstätten. Gefördert hat der Bund die Investitionen mit 13,6 Mio. €. Doch aus eben dieser Förderung zieht er sich nun zurück. Um Haushaltslöcher zu stopfen und die Schuldenbremse einzuhalten, hat das Bundesministerium für Digitales und Verkehr bei 77 Mio. € den Rotstift angesetzt. „Dabei müsste“, so Ulrich Jaeger, „die Förderung – ganz im Gegenteil – sogar aufgestockt werden. Denn wer A sagt und CO-Reduzierung meint, der muss auch B sagen und die Verkehrsunternehmen in die Lage versetzen, die Antriebswende konsequent voranzutreiben.“

Konkret geht es darum, bei der Neuanschaffung der Fahrzeuge die Differenz zwischen einem mit Diesel betriebenen und einem E-Bus auszugleichen. Ein Diesel-Gelenkbus kostet aktuell ca. 360.000 €, ein E-Bus mit ca. 780.000 € mehr als das Doppelte. Preisunterschied pro Fahrzeug: rd. 420.000 €. „Bei einem Verkehrsdefizit in dreistelliger Millionenhöhe für das Jahr 2023 können wir das alleine unmöglich stemmen“, macht Jaeger klar.

In Zukunft könnte DSW21 nur noch die sogenannte »Paragraph 13-Förderung« auf Landesebene beantragen. „Die Mittel, da muss man kein Mathematik-Genie sein, werden aber bei Weitem nicht ausreichen“, sagt der Verkehrsvorstand von DSW21. Weil EU und Bundesregierung für die Umstellung auf emissionsarme Antriebstechniken ambitionierte Ziele ausgegeben hätten, „haben die Verkehrsunternehmen bei der Bestellung von E-Bussen auf Jahre hinaus einen riesigen Bedarf“, so Jaeger. Deshalb appelliert er, unisono mit dem Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), an die Politik, die just eingerissene Förderkulisse wieder aufzubauen.

Quelle: DSW21