Seit vergangener Woche ist die Bahnstrecke zwischen München-Giesing und Holzkirchen aufgrund von Weichendefekten kurzfristig gesperrt. Ähnlich kurzfristig wurden kürzlich einmonatige Bauarbeiten auf der Berliner Stadtbahn kommuniziert. Die Bahnverbände mofair und Bundesverband SchienenNahvekehr (BSN) kritisieren den Umgang der DB InfraGO mit Streckensperrungen und fordern mehr Ehrlichkeit in der Kommunikation.
In einer kurzen Pressemitteilung am 29. Juni 2025 informierte die Deutsche Bahn über die Sperrung des Streckenabschnitts der Bahnstrecke zwischen München-Giesing und Holzkirchen. „Die DB weiß um die Bedeutung der Bahnlinie für die Region und bedauert die Streckenunterbrechung zur Sommerzeit“, heißt es dazu in der Verlautbarung. Die Meldung kam zwei Tage nach der von der DB InfraGO verhängten Streckensperrung. Bei Regelinspektionen seien Schäden an mehreren Weichen festgestellt worden. Für die Dauer der Sperrung spricht die Deutsche Bahn lediglich von „einem längeren Zeitraum“. Die u.a. von der Bayerischen Regiobahn (Transdev) befahrene Strecke ist nicht nur für zehntausende Pendler aus dem Münchner Umland von großer Bedeutung; sie ist auch ein zentraler Zubringer für den Ausflugsverkehr ins Bayerische Oberland.
In ähnlicher Manier hat die DB am 4. Juni informiert, dass vom 6. Juni bis 4. Juli 2025 die Berliner Stadtbahn nur eingleisig befahrbar sein wird. Grund seien umfangreiche Arbeiten an Gleisen und Oberleitungen. Die Stadtbahn ist eine Hauptschlagader im Berliner Nahverkehr wie auch im Fernverkehr, die tagtäglich von zehntausenden Fahrgästen genutzt wird. Auf ihr fahren u.a. die Ostdeutsche Eisenbahn (ODEG) und Flixtrain. In beiden Fällen bedeuten die kurzfristigen Sperrungen schwerwiegende Einschränkungen für die Fahrgäste, die Eisenbahnverkehrsunternehmen und die Aufgabenträger.
„Der kommunikative Umgang der DB mit diesen bahntechnischen Havarien ist alles andere als optimal. Nicht nur wurden in beiden Fällen die Fahrgäste sowie die regionale Politik viel zu spät umfassend über das Ausmaß der Einschränkungen informiert. Wir vermissen auch eine dem Anlass angemessene Kommunikation zur Aufarbeitung des Infrastrukturzustandes an dieser Stelle – und wie es überhaupt dazu kommen konnte.“
Jan Görnemann, Sprecher der Geschäftsführung beim BSN
Weichen, zumal es sich offenbar um mehrere handelt, gingen nicht einfach von heute auf morgen kaputt, so Görnemann weiter. Der Bundesverband SchienenNahverkehr vertritt die Interessen der Aufgabenträger für Schienenpersonennahverkehr (SPNV). Die vor Ort unmittelbar betroffene Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) und der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) sind ebensolche Aufgabenträger.
„Die jetzige Situation bei München und auf der Berliner Stadtbahn sind leider zwei prägnante Beispiele dafür, was bei der Schiene in Deutschland in den vergangenen Jahrzehnten schiefgelaufen ist. Wir Aufgabenträger sind auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen, um unsere von Steuergeldern finanzierten Aufträge erfüllen zu können. Darum fordern wir von der DB dringend mehr Ehrlichkeit, wenn es um den Zustand der Schienenwege geht. Dazu gehört auch eine rechtzeitige Kommunikation aller künftigen Infrastrukturmaßnahmen. Bei Auswirkungen in dieser Dimension erwarten wir eine Pressekonferenz, in dem sich der Bund und die DB InfraGO auch den Fragen der Journalisten, Aufgabenträger und der Öffentlichkeit stellen“, so Görnemann weiter.
Auch mofair als Verband der wettbewerblichen Eisenbahnen wie u. a. Transdev, ODEG und Flixtrain kritisiert das Baustellenmanagement der DB InfraGO:
“In den vergangenen Jahren wurde das Baugeschehen auf Deutschlands Schienen immer weiter erhöht. Offensichtlich ist dies auch notwendig. Die Baukommunikation wuchs aber nicht ansatzweise mit. Kaum noch eine Baustelle wird vorab mit den Netznutzern, also den Eisenbahnverkehrsunternehmen, vernünftig abgestimmt. Diese können dann wiederum ihre Kunden, die Fahrgäste, nicht rechtzeitig informieren. Das schafft Mehraufwände und vor allem viel Frust auf allen Seiten. Wir fordern erneut, dass die DB InfraGO eine eigene, vom DB-Konzern unabhängige Kommunikation betreibt und so sachlich, angemessen und vor allem rechtzeitig über anstehende Baustellen berichten kann.“
mofair-Geschäftsführer Dr. Matthias Stoffregen
Die Verbände mofair und BSN signalisieren abschließend Gesprächsbereitschaft: „Die aktuelle Krise im Bereich Infrastruktur kann nur bewältigt werden, wenn alle handelnden Akteure, vom Eigentümer über die Betreiber bis hin zu den Nutzern der Schienenwege, gemeinsam handeln. Im Sinne aller Fahrgäste, die immerhin zu 90 Prozent im Schienenpersonennahverkehr unterwegs sind“, so die Geschäftsführer der beiden Bahnverbände abschließend.