Nach der Konferenz der Ministerpräsidenten mit Kanzler Olaf Scholz wächst in den Ländern der Ärger. Die Hilfen bleiben im Ungefähren. Immer fraglicher wird, ob die Deutschen schnell mit einem Neun-Euro-Nachfolgeticket rechnen können.

Krisengipfel zum Nahverkehrsticket ohne Erfolg

Nach der Konferenz der Ministerpräsidenten mit Kanzler Olaf Scholz wächst in den Ländern der Ärger. Die Hilfen bleiben im Ungefähren. Immer fraglicher wird, ob die Deutschen schnell mit einem Neun-Euro-Nachfolgeticket rechnen können.
Die so dringend erwarteten Hilfen für die Deutschen bleiben in der schweren Krise weiter im Ungefähren – auch nach dem Gipfel. Vor allem das Neun-Euro-Nahverkehrsticket droht endgültig zur Posse zu werden. Nachdem schon eine direkte Anschlusslösung an das millionenfach verkaufte Rabattticket Ende August scheiterte, ist inzwischen auch der neue geplante Starttermin zum 1. Januar in Gefahr. Gerade mal drei Monate bleiben, um die vielen offenen Fragen zu klären. Noch ist völlig unklar, was das Ticket kosten und leisten soll – vor allem aber, wer es bezahlt.
Nach Angaben von Teilnehmern wurde am Dienstagabend beim Gipfel im Kanzleramt klar, wie weit Bund und Länder noch immer auseinanderliegen. Denn die Länder wollen dem Ticket nur zustimmen und die Hälfte der insgesamt drei Milliarden Euro Kosten tragen, wenn der Bund zusätzlich seine Nahverkehrsmittel insgesamt um jährlich gut drei Milliarden Euro aufstockt. Doch auf diesen Handel wollte sich Scholz am Mittwoch laut Teilnehmern unter keinen Umständen einlassen. Die Länder kassierten eine Absage. Der Bund will mit 1,5 Milliarden Euro weiter lediglich die Hälfte der Kosten eines neuen bundesweiten Nahverkehrstickets zahlen, das zwischen 49 und 69 Euro kosten soll. Zusätzliche Milliardenhilfen sind nicht in Sicht.
Damit wächst die Wut in den Ländern. Es gebe doch keinen Sinn, ein billiges Ticket einzuführen, wenn die Länder gleichzeitig Züge abbestellen müssten, weil sie nicht genug Mittel vom Bund bekämen, warnt etwa Ministerpräsident Kretschmann. Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) warf ein, es dürfe nicht so weit kommen, dass Takte ausgedünnt werden müssten. Die Länder fürchten, dass bis 2030 ein Defizit von 30 Milliarden Euro aufläuft. Allein Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) rechnet damit, im kommenden Jahr wegen der vielen Preissteigerungen 511 Millionen Euro zusätzlich für den Nahverkehr zahlen zu müssen – nur um das aktuelle Angebot und die heutigen Takte zu halten.
Die Entscheidung, ob das neue Rabattticket überhaupt kommt, soll nun in der kommenden Woche auf einer neuerlichen Verkehrsministerkonferenz fallen. Dann treffen sich die Landesminister mit Bundesminister Volker Wissing (FDP). Damit aber drehen sich die Verhandlungen im Kreis. Denn die Verkehrsminister hatten gerade darauf gehofft, dass ihre Ministerpräsidenten und der Kanzler sich auf mehr Geld für den Nahverkehr einigen können. Auch Wissing lehnt höhere Nahverkehrszahlungen ab. Der Streit könnte sich gar verhärten. Denn Wissing hatte zuletzt davor gewarnt, dass der Starttermin im Januar nicht zu halten sei, wenn die Länder sich bei der Finanzierung richtig querstellen.
Platzt das Ticket am Ende? Selbst Landesverkehrsminister rätseln, wie der Streit ausgeht. Denn auch die Länder sind sich untereinander nicht mehr ganz einig. Stadtstaaten wie Berlin oder Bremen drängen darauf, nun wenigstens das neue Nahverkehrsticket einzuführen – notfalls auch ohne Sonderzahlung des Bundes. Flächenländer wie Bayern und Baden-Württemberg, die stärker unter den hohen Preisen etwa für Energie leiden, machen dagegen die milliardenschweren Nahverkehrshilfen weiter zur Bedingung.

Quelle: sueddeutsche.de

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