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Wie reagieren Verkehrsbetriebe mit Serviceänderungen in Zeiten von Corona?

Wenn man aktuell auf den Internetseiten von Verkehrsbetrieben surft, sieht man eine übereinstimmende Faktenlage für den Öffentlichen Personen Nahverkehr (ÖPNV): Alles ändert sich und zwar schnell. Anfang März begannen die Behörden, Empfehlungen für verstärkte Hygienemaßnahmen zu veröffentlichen und eine Woche später gab es eine Flut von Ankündigungen: Änderungen bei den Diensten, weitere Änderungen der Dienste, Verbot des Einstiegs an der Fahrertür, kein Fahrkartenverkauf im Bus, keine Fahrscheinkontrollen und mehr.  Und wenn dies vorbei ist (ja, das Coronavirus wird auch wieder verschwinden!), müssen diese Serviceveränderungen nach und nach auch wieder rückgängig gemacht werden, um wieder mehr Verkehr mit steigenden Passagierzahlen zu ermöglichen.
In normalen Zeiten ändern sich im ÖPNV die Pläne nicht so oft und auch nicht so tiefgreifend. In der Regel sind solche Service-Änderungen meist nur minimal und werden höchstens drei bis vier Mal pro Jahr durchgeführt und das war es dann. Jetzt hat sich mit dem Coronavirus alles geändert und das erfordert, dass die Branche und die von ihr genutzten Werkzeuge viel flexibler sind oder aber werden. Am 23. März 2020 hat Optibus eine Umfrage bei Teilnehmern eines Webinars durchgeführt. Dabei gaben 88 % an, dass sie bereits einen reduzierten Serviceplan umgesetzt hätten. Es ist dabei deutlich geworden, dass wir gerade in Zeiten leben, in denen sich die Verkehrsdienstleistungen massiv verändern, während sie sich in der Vergangenheit kaum verändert haben.

Engpässe bei den Fahrern

Eigentlich sind Verkehrsunternehmen und -verbünde verpflichtet, Notfallpläne vorzuhalten, die Antworten auf die Fragen gaben, was passiert, wenn 10 % oder sogar 25 % der Busfahrer nicht zur Verfügung stehen würden. Diese Pläne verloren jedoch schnell an Bedeutung, da die Zahl der Fahrgäste zurückging, was zum Teil größere Servicekürzungen nach sich zog. Trotzdem wurden aber auch größere Fahrzeuge weiter eingesetzt, weil der Abstand zwischen den Fahrgästen möglichst auch im Bus 1,5 bis 2 Meter betragen sollte, um das Infektionsrisiko klein zu halten. Das ergab sich im Wesentlichen aus den Anweisungen der Regierungen auf Staats- und Länder- bzw. Kantonsebene sowie in den Regionen, Städten und Kreisen. Darüber hinaus kann die Fahrplanoptimierung zwar eine vernünftige Einschränkung aufgrund von Fahrermangel berücksichtigen, doch wird dieser Ansatz bei schwerwiegenden Engpässen nicht gut funktionieren. In diesem Fall müssen die Kürzungen zunächst geplant werden, damit anschließend die Anzahl der erforderlichen Fahrzeuge bzw. Busunternehmen ermittelt und entsprechend passend und optimal eingeteilt werden kann.

Welche Leistungskürzungen nehmen die Verkehrsunternehmen vor?

In der Umfrage vom 23. März wurden die Teilnehmer gefragt, welche Servicekürzungen sie vorgenommen hatten. Nur 3 % gaben an, dass sie aufgrund von Fahrermangel den Service hätten anpassen müssen. 34 % gaben an, den Service auf Grundlage der gesunkenen Fahrgastzahlen zu reduzieren, 23 % reduzierten den Service aufgrund vieler Messgrößen (Reichweite, Abdeckung und Taktung bzw. Häufigkeit), während die meisten – mit 40% – ihr Angebot in der Art reduzierten, dass sie auf Fahrpläne mit dem Wochenendniveau umgestiegen sind, indem sie einen Sonntags- oder Samstagsfahrplan nahmen und nach diesem die gesamte Woche über dauerhaft gefahren sind.

Übergang zu einem dauerhaften Fahrplan auf Wochenendniveau

Die Umstellung auf einen Wochenendplan ist eine einfachere Lösung im Vergleich zur Reduzierung des Angebots in einzelnen Bereichen. Optibus empfiehlt jedoch, die Fahr- und Dienstpläne nach den erfolgten Änderungen neu zu optimieren, da dies nach ihrer Erfahrung die Anzahl der Einsatzpläne reduzieren kann, was bedeutet, dass weniger Busunternehmen bzw. Fahrzeuge und Fahrer benötigt werden. Die Bewahrung der Busfahrer ist wichtig, nicht nur um sie zu schützen, sondern um auch im Falle von Quarantänen oder der Entscheidung, die Busse im Rahmen von Notfallmaßnahmen anderweitig einzusetzen, viele Busfahrer in Bereitschaft zu haben.

Reduzierung der Dienstleistungen

Ein anderer Ansatz (der jedoch mit modernen Planungs- und Dispositionsplattformen durchaus machbar ist) ist die Planung eines reduzierten Angebots. Bei älteren Systemen, die zum Teil Wochen für die Erstellung einer neuen, reduzierten Fahrplanstruktur benötigen würden, kann dies eine Herausforderung sein, aber bei neuen, modernen Systemen ist es möglich, relativ schnell einen verkleinerten Notfallplan zu erstellen.

Der Prozess läuft dabei wie folgt ab:
– Es wird festgelegt, welche Servicekennzahlen geändert werden sollen, wie z.B. die Reduzierung der Einsatzzeiten, das vorübergehende Streichen von Linien oder Haltstellen bzw. die Änderung der Taktung bzw. der Häufigkeit.

– Optibus erstellt dann zügig einen Fahrplan, der diesen neuen reduzierten Dienst widerspiegelt und optimiert ihn. Dies kann mehrfach durchgeführt werden, um mehrere Szenarien zu erstellen und so die unter den gegebenen Umständen optimale Lösung zu finden. In dieser Phase können wichtige Erkenntnisse gewonnen werden: So können beispielsweise Fahrplanänderungen dazu genutzt werden, lange Zwischenstopps im Falle einer reduzierten Servicefrequenz zu vermeiden.

– Ein wichtiges Ziel des Optimierungsprozesses ist es, die Anzahl der Fahrten stärker zu reduzieren als etwa die Taktungen reduziert werden – das dient der Sicherheit von möglichst vielen Busunternehmen.

– Ein letzter Punkt ist die Gruppierung der verschiedenen Dienste in Dienstpläne, mit dem Ziel, die Anzahl der Dienste insgesamt zu reduzieren.

„Der Tag danach“ oder „Und wie geht es weiter?“

Diese komplexe Anpassungsübung wird wahrscheinlich wiederholt werden, wenn all dies vorbei ist. Die Dienste werden allmählich wiederhergestellt werden und weitere Änderungen und neue Optimierungen werden erforderlich sein. Gibt es bei all dem einen Silberstreif am Horizont? Wahrscheinlich ja. Die Branche wird lernen, wie man schnell und effektiv Planungs- und Terminierungsszenarien erstellt und sich dadurch modernisieren kann, um in Zukunft noch einen besseren Service bieten zu können.

Quelle: Optibus

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