Egal ob Eisenbahn, Bus oder Straßenbahn – Einheimische und Touristen müssen künftig in Luxemburg keine Fahrscheine mehr lösen. Als erstes Land der Welt hat Luxemburg am Samstag (29.2.2020) den kostenlosen öffentlichen Nahverkehr eingeführt – Ausnahme ist die erste Klasse. Gleichzeitig sollen Bus- und Straßenbahnlinien ausgebaut werden. Der Einnahmeausfall in Höhe von jährlich 41 Millionen Euro soll über die Steuer ausgeglichen werden.
Luxemburg will mit dem kostenlosen ÖPNV die Menschen dazu bringen, stärker als bisher auf ihr Auto zu verzichten. Viele Grenzgänger aus Frankreich, Belgien und Deutschland fahren ebenso wie die Mehrheit der Einheimischen des kleinen Großherzogtums mit ihrem Wagen zur Arbeit; Staus an der Grenze sowie im Zentrum der Hauptstadt sind an der Tagesordnung.
Quelle: faz.net
Maßnahmen gegen Corona-Infektionen für den ÖPV
Der nach dem Pandemieplan des Bundes durch Bundesinnenminister Horst Seehofer und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn eingesetzte gemeinsame Krisenstab hat in seiner zweiten Sitzung verschiedene Beschlüsse gefasst, um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen.
Neben der Riskikobewertung von Großveranstaltungen und Maßnahmen im grenzüberschreitenden Verkehr hat die Bundespolizei angewiesen, dass in allen Zügen im Regional- und Fernverkehr Aussteigekarten auszufüllen sind, wenn Corona-Verdachtsfälle festgestellt wurden. Die Bahnunternehmen wurden verpflichtet, Passagiere mit Symptomen einer Coronavirus-Erkrankung den Behörden zu melden.
Die Bundespolizei verstärkt ihre Kontrollen im 30-km Grenzraum. Bei Corona-Verdachtsfällen werden die erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit den örtlichen Gesundheitsbehörden getroffen.
IT-Trans 2020 wird verschoben
Die Sicherheit steht an erster Stelle, deshalb haben die UITP und die Messe Karlsruhe sich dazu entschieden, die IT-TRANS zu verschieben. "Wir haben die Situation jeden Tag beobachtet und die Informationen und Ratschläge der lokalen Behörden aufmerksam verfolgt. Die Sicherheit und das Wohlergehen aller unserer Aussteller, Delegierten und Besucher hat für uns immer oberste Priorität, deshalb glauben wir, dass dies die richtige Entscheidung für alle Beteiligten ist und schätzen ihr Verständnis und ihre Unterstützung", so Mohamed Mezghani, Generalsekretär der UITP, und Britta Wirtz, Geschäftsführerin der Messe Karlsruhe.
Zeitgleich zur IT-TRANS hätte die Taxi- und Ride-hailing Konferenz stattgefunden, die nun auch verschoben ist. Der neue Termin wird zeitnah mitgeteilt.
Hintergrund
Die Anfragen und gesundheitlichen Bedenken der IT-TRANS-Teilnehmer haben in dieser Woche deutlich zugenommen, da die Medienberichte immer alarmierender wurden. Weltweit erwägen immer mehr Länder und lokale Behörden, internationale Reisen oder die Organisation von Großveranstaltungen einzuschränken oder mit Auflagen zu versehen.
Darüber hinaus hat eine wachsende Zahl wichtiger Unternehmen mit Sitz in der EU eigene Geschäftsreisebeschränkungen für ihre Mitarbeiter erlassen bis hin zu Verboten, sich an Messen oder Kongressen zu beteiligen.
Auch namhafte Aussteller der IT-TRANS, wichtige Redner, sowie Konferenzteilnehmer und einige der unterstützenden Verbände haben sich von ihrer Teilnahme an der Veranstaltung zurückgezogen.
Angesichts dieser extremen Umstände sind wir heute zu dem Schluss gekommen, dass wir die von unseren Partnern erwartete sichere und ruhige Umgebung nicht gewährleisten können, und haben daher mit Bedauern beschlossen, die Veranstaltung zu verschieben.
Im Rahmen der IT-TRANS sollte auch der Future Mobility Award verliehen werden. Eine Übersicht der TOP-5 finden Sie hier.
Quelle: Messe” Karlsruhe
Coronavirus: Bus- und Bahnunternehmen unterstützen Präventionsmaßnahmen der Bundesregierung
Mit der Einschätzung des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn, dass Deutschland vor einer Epidemie stehe, rücken auch Eisenbahn-, Bus- und Bahnverkehre aus den vom Virus SARS-CoV-2-Virus („Coronavirus“) betroffenen Regionen in den Fokus. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), Branchenverband der Eisenbahn- und ÖPNV-Unternehmen in Deutschland, unterstützt die vorgeschlagenen Präventionsmaßnahmen der Bundesregierung und des Krisenstabs vollumfänglich. Zugleich weist der VDV darauf hin, dass bei der anonymisierten Massenbeförderung von täglich rund 30 Millionen Menschen in Bussen und Bahnen eine zwingende Registrierung der Reisenden nicht umsetzbar sei.
VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff: „Es ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, ein Höchstmaß an Hygiene walten zu lassen und sensibel mit Fahrgästen umzugehen, die Krankheitssymptome zeigen. Wir unterstützen die Maßnahmen der Bundesregierung und bieten die Zusammenarbeit im gemeinsamen Krisenstab an. Gerade bei der Vielzahl der beförderten Menschen im Nahverkehr ist besondere Aufmerksamkeit angebracht. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass die Beförderung in Bus und Bahn ohne zwingende Registrierung erfolgt, also anonym. Dies ist ein entscheidender Unterschied etwa zum Luftverkehr. Der VDV setzt daher im Interesse der Fahrgäste auf eine umfassende Aufklärung durch die Verkehrsunternehmen über geeignete Verhaltensmaßnahmen, um präventiv und risikominimierend tätig zu werden.“
Pandemie-Leitfaden aus dem Jahr 2009
Der Verband hat zusammen mit seinen Unternehmen bereits im Jahr 2009, als die so genannte „Schweinegrippe“ auch in Deutschland ausbrach, einen Leitfaden für den Umgang mit Pandemien in Verkehrsunternehmen erarbeitet.
Den Leitfaden finden Sie” hier
Branchenausblick des Fachbeirats der Nahverkehrs-praxis auf das Jahr
Perspektiven für 2020
Dr.-Ing. Fritz Busch, Univ.-Prof. i.R., TUM Emeritus of Excellence
“Seit einiger Zeit entstehen attraktive Möglichkeiten für den ÖPNV durch Fortschritte in den Technikbereichen Automatisierung, Digitalisierung und Kommu-nikation. Dies steht in einem interessanten Wechselbezug zu aktuellen Entwicklungen der Mobilitätsszene – insbesondere dem Druck in den Städten nach Erweiterung ihrer umweltfreundlichen Mobilitätsangebote im Lichte zunehmender Strangulierung durch überbordende Pkw- und Lieferverkehre sowie dem Bewusstseinswandel in der Bevölkerung hin zur Nutzung verschiedenster Nahverkehrsangebote inkl. geteilter Verkehrsmittel (Car-/Bike-/Scooter-Sharing) oder der gemeinsamen Nutzung neuer Dienste (Ridesharing). Das ÖPNV-System kommt damit schrittweise immer näher zum Reisenden, die Angebote, den Pkw öfter einmal stehen zu lassen, werden attraktiver, vielfältiger. Und wenn die Erwartungen, die seit einiger Zeit in verschiedenste Varianten von selbstfahrenden Shuttles, ob allein fahrend oder zu straßenbahnähnlichen Kolonnen gekoppelt, sich in absehbarer Zeit erfüllen, dann entfällt auch ein wesentliches Hemmnis für nachfragegesteuerte hochflexible ÖPNV-Angebote, der Bedarf an Fahrern. An diesen und vielen weiteren Themen zur Verbesserung des Nahverkehrs wird von Betreibern, Industrie und Forschung gearbeitet. Und wenn, wie gerade erfolgt, auch von staatlicher Seite Hemmnisse abgebaut und Förderinstrumente geschaffen werden (Stichwort GVFG), dann kann aus dem bisher oft nur als schöne Absichtserklärung dastehenden Begriff MaaS tatsächlich das werden, was gemeint ist: ein umfassendes variantenreiches Mobilitätsangebot als Dienst am Nutzer.”
Till Oberwörder, Leiter Daimler Buses, Vorsitzender EvoBus GmbH:
“Weltweit zieht es immer mehr Menschen in Städte. Das Wachstum urbaner Ballungsräume bringt für Städte und Kommunen die Herausforderung mit sich, den Verkehr noch effi-zienter und umweltgerechter zu bewältigen. Der Reduzierung von Emissionen im städtischen Raum sowie neuen, innovativen Mobilitätslösungen kommt dabei ein besonderer Stellenwert zu. Dies hat auch für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) Konsequenzen: Lokal emissionsfreie Antriebe, vernetzte Fahrzeuge oder die Auswertung von (Echtzeit-)Daten verändern den ÖPNV und machen ihn gleichzeitig attraktiver.
Wir als Bushersteller sehen die größten Anforderungen im Trend zur Elektromobilität. Allein in Europa soll der Bestand an Batteriebussen in diesem Jahr auf über 2.500 Einheiten anwachsen. Für die Zukunft bedeutet das beispielsweise, dass diverse europäische Städte nur noch emissionsarme oder
emissionsfreie Busse kaufen werden. Die Einführung dieser neuen Technologie ist für die Verkehrsbetriebe mit einem großen organisatorischen als auch finanziellen Aufwand verbunden, weswegen es nicht allein auf das Produkt ankommt. Vielmehr ist Elektromobilität im ÖPNV ganzheitlich zu betrachten und Aspekte wie Ladeinfrastruktur und Lademanagement, die betriebliche Integration von Elektrobussen oder Service, Wartung und Reparatur bei der Einführung zu berücksichtigen. Auch die Digitalisierung und Vernetzung haben Auswirkungen auf den öffentlichen Nahverkehr. Es ergeben sich dadurch Möglichkeiten, die Busmobilität effizienter auf individuelle Anwendungsfälle auszurichten. Die Übertragung von Echtzeitdaten aus dem Fahrzeug ermöglicht ein vorausschauendes Flottenmanagement, zum Beispiel durch die Überwachung des technischen Zustands der einzelnen Fahrzeuge oder dem Erkennen von Reparaturbedarfen.
Bei allen technologischen Veränderungen ist für uns als Bushersteller wichtig, dass wir den Wandel bestmöglich begleiten: und zwar in einem engen Zusammenspiel mit Verkehrsbetrieben und Politik. Dabei setzen wir auf die richtigen Fahrzeuge und Technologien, Planungssicherheit und ein ganzheitliches, umfassendes Service- und Dienstleistungsangebot.”
Mobilität beginnt im Kopf!
Unsere gelben Fahrzeuge prägen das Stadtbild von Essen und Mülheim an der Ruhr. Mit drei U-Bahnlinien, elf Tramlinien, 52 Buslinien und 22 NE-Linien sparen wir täglich 260.000 Autofahrten ein.
Doch das Mobilitätsverhalten unserer Fahrgäste ändert sich rasant. Die Kunden von heute und morgen erwarten mehr von uns als den klassischen ÖPNV mit Bus und Bahn. Deshalb bauen wir die Nahverkehrsqualität in Essen und Mülheim kontinuierlich aus und setzen auf ein zukunfts-fähiges multimodales Mobilitätskonzept. Der Mensch steht hier im Mittelpunkt.
Grenzenlos mobil – multimodale Mobilstationen
An unseren Mobilstationen am Steele-S-Bahnhof, an der Flora und am Landgericht werden ÖPNV, Car- und Bikesharing und Taxi für eine lückenlose Reisekette und einen guten Mobilitätsmix verknüpft. Dabei konkurrieren unterschiedliche Mobilitätsformen nicht miteinander, sondern sie werden sinnvoll vernetzt. Für die Ruhrbahn ist dies ein zukunftsweisender Schritt: Sie entwickelt sich immer mehr zu einem Mobilitätsdienstleister, der Fahrgästen in Zukunft stärker individualisierte Mobilitätsangebote bieten möchte und Anreize schafft, grenzenlos mobil zu sein.
Denn auch wer regelmäßig Bus und Bahn fährt, benötigt ab und zu ein Fahrrad – oder auch ein Auto. Reservierung, Ticketing und Abrechnung aller genutzten Verkehrsmittel werden dabei über eine einzige Plattform abgewickelt: mit der Ruhrbahn App ZÄPP kommen Fahrgäste komfortabel und bequem zum Ziel. Viele nützliche Funktionen und eine kundenfreundliche Bedienung machen die Fahrt mit Bus und Bahn einfacher denn je.
ÖPNV – als Teil der Lösung für den Klimaschutz
Weitere innovative Projekte, wie z.B. der On-Demand-Shuttle, der in Kürze getestet wird, sind ebenso zukunftsweisend. Die Ruhrbahn verdeutlicht damit ihre Position in Richtung „Smart City”. Gerade jetzt in der öffentlichen Debatte um Dieselverbot und kostenlosen Nahverkehr bekommt der ÖPNV eine enorme Schubkraft und die Ruhrbahn ist endlich Teil der Lösung. Klimaschutz ist schließlich die größte Herausforderung für lebenswerte Städte. Auch hier wird die Ruhrbahn neue – emissionsfreie – Wege gehen: Wir haben unsere Flotte zur abgasärmsten im Revier gemacht und richten unser Augenmerk auf alternative Antriebstechnologien.
Traditioneller Ausbilder
Wir finden: Tradition verpflichtet! Seit über 120 Jahren bringen wir die Menschen von A nach B. Seit rund 100 Jahren bilden wir junge motivierte Menschen aus. Ob kaufmännischer oder gewerblich-technischer Ausbildungsberuf – individuelle Förderung und vielseitige Projektarbeit bilden bei uns die Basis für eine erfolgreiche berufliche Zukunft unserer Azubis. Regelmäßig werden unsere Auszubildenden auf Landes- und Bundesebene durch unterschiedlichste Gremien geehrt und ausgezeichnet.
Autorin: Sylvia Neumann, stellv. Pressesprecherin, Ruhrbahn GmbH Essen
Dynamische FGI – stationär und mobil
Um den Fahrgast im ÖPNV durchgängig mit dynamischer FGI zu versorgen, ergänzt VIANOVA seine On-Board-Infotainment Lösungen um intelligente stationäre Systeme – eine Info-Stele, eine moderne Haltestellenvitrine und ein Spezialdisplay für Infosäulen.
Die Infotainmentrechner von VIANOVA sind nicht nur robust und funktionieren von -40°C bis +70°C, der MS-700 Server als kompakter Anzeigerechner enthält auch alle Router und Switch-Funktionen.
Die mächtige Software-Suite LISA von BitCtrl realisiert dynamische Fahrgastinformation mit gleichem "Look and Feel" sowohl in den Bussen und Bahnen des Verkehrsbetriebes oder Betreibers im ÖPNV als auch in den stationären Systemen in den Bahnhöfen und Haltestellen.
Die Bilder 1-3 zeigen Stele, Vitrine und Säulen-Display für dynamische Fahrgastinformation.
DUH und NRW-Landesregierung schließen gerichtliche Vergleiche
In den Verfahren der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen das Land Nordrhein-Westfalen für die Saubere Luft in Bielefeld, Bochum, Düren, Gelsenkirchen, Hagen, Oberhausen und Paderborn haben die DUH, das beklagte Land und die Städte unter Vermittlung des 8. Senats des Oberverwaltungsgerichts NRW gerichtliche Vergleiche geschlossen. Mit dem ausgehandelten Maßnahmenkatalog verpflichten sich das Land NRW und die Städte, den Grenzwert für das Dieselabgasgift Stickstoffdioxid (NO2) von 40 µg/m3 im Jahresmittel in diesem Jahr erstmals einzuhalten. Die Vergleiche sind seit dem 28. Februar 2020 rechtswirksam.
DUH, Land und die jeweiligen Städte haben in den Vergleichen vereinbart, dass die DUH über die vorhandenen sowie weitere von der DUH benannte Messstellen kontinuierlich über die Entwicklung der Belastungswerte informiert wird und, falls die erwartete Minderung nicht eintritt, weitere verkehrslenkende oder verkehrsreduzierende Maßnahmen ergriffen werden.
Wesentlicher Bestandteil der Vergleichsvereinbarung ist zudem eine fortlaufende Wirkungskontrolle der festgesetzten Maßnahmen. Sollte die DUH Erkenntnisse haben, dass Grenzwerte überschritten werden, ist das Land verpflichtet, diesen Verdachtsfällen nachzugehen. Führen die beschlossenen Maßnahmen nicht zur einer Grenzwerteinhaltung im Jahresmittel 2020, sehen die Vereinbarungen „Auffanglösungen“ vor. Sollte selbst mit den vereinbarten Auffangmaßnahmen immer noch eine Überschreitung bleiben, gibt es ein Schiedsverfahren, in dem kurzfristig wirksame harte Maßnahmen wie ein Diesel-Fahrverbot zusätzlich beschlossen werden. Ein derartiger Schiedsspruch ist nicht mehr anfechtbar.
Alle Maßnahmen und die Auffanglösung werden in neue rechtsgültige Luftreinhaltepläne aufgenommen. Diese enthalten außerdem Prognosen zur Entwicklung der NO2-Werte. Damit ist eine unverzügliche Umsetzung der Maßnahmen garantiert.
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e. V.
Digitalisierung für einen optimalen Kundenservice
Schaeffler und Perpetuum arbeiten seit 2018 zusammen, um Betreibern mit Hilfe von Sensortechnik zur Zustandsüberwachung einen optimalen Service zu bieten, der es ihnen erlaubt, die Verfügbarkeit ihrer Schienenfahrzeuge signifikant zu erhöhen und Betriebskosten zu reduzieren. Nahverkehrs-praxis sprach darüber mit Dr. Michael Holzapfel, Leiter Geschäftsbereich Rail – Industrie Europa, Schaeffler Technologies AG, und Rolf Laager, Sales Manager DACH Region bei Perpetuum Ltd.
Nahverkehrs-praxis: Herr Laager, Schaeffler ist auf dem deutschen Verkehrsmarkt eine schon lange bekannte Größe, Perpetuum ist sicherlich nicht allen Lesern ein Begriff. Geben Sie uns ein paar Informationen über das Unternehmen.
Laager: Perpetuum ist ein englisches Unternehmen, das 2004 als Spin-off der Southampton University gegründet wurde. Das Unternehmen beschäftigte sich intensiv mit Schwingungstechnik und dem Fokus, Energy-Harvester zu entwickeln, die kinetische Energie in elektrische Energie umwandeln. Vor ungefähr zehn Jahren wurde dann entschieden, sich ausschließlich mit dem Bahngeschäft zu beschäftigen. Perpetuum spezialisierte sich in der Folge auf die Fahrwerksfernüberwachung von Schienenfahrzeugen. Dazu wurden draht- und batterielose Beschleunigungssensoren sowie eine komplette Analyseplattform entwickelt. Anfangs war das Unternehmen ausschließlich in England unterwegs und danach im angelsächsischen Raum, seit 2018 dann auch verstärkt in Deutschland.
Nahverkehrs-praxis: Herr Dr. Holzapfel, Schaeffler ist als Zulieferer von Wälzlagern in der Industrie etabliert. Inwiefern greifen Sie als Komponentenhersteller die neuen Möglichkeiten auf, die die Digitalisierung bietet?
Holzapfel: Schaeffler ist in der Schienenbranche vor allem ein Lieferant von Wälzlagern und hat dadurch einen ganz spezifischen Blick durch die Komponente auf die Systeme. Das Wälzlager ist ein Produkt, das alle Belastungen spürt, die an einem Fahrzeug auftreten und so sind wir in der Lage, das Gesamtsystem „Schienenfahrzeug“ gut zu verstehen. Diese Erfahrungen nutzen wir schon seit über 100 Jahren.
Wenn jetzt Wälzlager als strategisch wichtige Stellen im Schienenfahrzeug mit einer Sensorik ausstattet werden, können wir besser Aussagen über den Zustand eines Fahrzeugs treffen. Mit Hilfe dieser genauen Zustandsüberwachung ist es möglich, einen Realitäts-Check durchzuführen, um besser zu verstehen, wie das System funktioniert und wie unsere Komponenten beansprucht werden. Deshalb haben wir ein hohes Interesse, durch Digitalisierung erstens unsere Produkte besser zu machen und zweitens für unsere Kunden auch einen gezielten Service zu bieten, in dem wir Wartungskonzepte ableiten, die verlängerte Wartungsintervalle ermöglichen, die Zuverlässigkeit von Fahrzeugen verbessern und frühzeitig Ausfallmöglichkeiten erkennen und somit vermeiden.
Nahverkehrs-praxis: Wie viel Prozent der gesamten Fahrzeugbetriebskosten werden für die Wartung von Radsatzlagern aufgewendet, und um wie viel Prozent könnten die Überholintervalle verlängert werden, wenn der Zustand bekannt wäre?
Laager: Nach unseren Berechnungen werden ungefähr 30 % der Gesamtbetriebskosten für die Wartung der Fahrzeuge aufgewendet und davon noch einmal ca. 30 % für die Wartung von Drehgestellen. Nach unserer Ansicht könnten, wenn der Zustand bekannt wäre, die Überholintervalle um 25 bis 75 % verlängert werden. Es kommt dabei natürlich immer auf die Ausgangslage an.
Holzapfel: Das Drehgestell ist ein wichtiges Teilsystem im Fahrzeug. Das Radsatzlager gehört dabei zu einem der Verschleißteile im Drehgestell, die das Wartungsintervall bestimmen, aber das können auch genauso gut Radreifen, Bremsen oder Gummi-Metall-Elemente sein. Um eine Verlängerung des Wartungsintervalls zu erarbeiten, ist es notwendig, das Drehgestell als Ganzes zu betrachten.
Nahverkehrs-praxis: Perpetuum ist seit zehn Jahren mit einem Komplettsystem aus Hard- und Software für die Zustandsüberwachung des Antriebsstrangs in Schienenfahrzeugen am Markt. Wohin führt Sie die Digitalisierung der Bahnindustrie?
Laager: Die Digitalisierung hat Perpetuum einfach die Möglichkeit gegeben, in den Bahnmarkt einzusteigen. Wir sind von Hause aus kein typisches Bahnunternehmen, wir machen vornehmlich Analytik. Durch die Digitalisierung wird aber die gesamte Wettbewerbslandschaft im Bahnbereich neu gestaltet und erlaubt auch branchenfremden Unternehmen den Eintritt in diesen Bereich.
Perpetuum betrachtet nicht nur Achslager, sondern den ganzen Antriebsstrang vom Motor zum Getriebe, hin zu Achslager und Räder. Zusätzlich generieren wir Daten und Informationen zur Rad-Schiene-Interaktion, das heißt, wir können ein Abbild von Veränderungen im Fahrweg erstellen, und Aussagen über die „Schienengesundheit“ treffen.
Wir denken, dass die Industrie gerade erst beginnt, das
Potenzial der Digitalisierung bei der Begutachtung kritischer Komponenten zu erkennen. Fahrwerke sind ein entscheidender Teil davon, wir sehen aber auch weitere Anwendungsfälle für die von uns generierten Informationen und merken, dass die Betreiber auch bereit sind, diese neuen Lösungen zu implementieren.
Nahverkehrs-praxis: Sie sprechen von dem Perpetuum-System. Was ist damit genau gemeint?
Laager: Grundlage des Systems sind aussagekräftige Daten, die wir vom Fahrzeug sammeln und dann analysieren. Dies geschieht, indem wir über unsere Hardware, einen sogenannten Wireless Sensor Node „WSN“ Dreiachsen-Beschleunigungssensor, der an den Achsenden befestigt wird, die Daten eines Fahrzeugs aufnehmen. Dieser Sensor ist „eigenversorgend“, er benötigt keine Stromversorgung von außen, z.B. durch Batterien. Er ist bis zu 25 Jahre wartungsfrei. Die erfassten Sensordaten werden an ein Gateway im Fahrzeug, den „Data Concentrator“, übermittelt, der alle Daten eines Fahrzeugs komprimiert an eine Cloud sendet. Dort laufen Perpetuum-eigene Algorithmen, die aus diesen Daten verwendbare Informationen generieren. Beispielsweise, dass sich der Zustand eines Achslagers verändert, beziehungsweise verschlechtert und sich dort längerfristig Probleme anbahnen könnten. Ein großer Vorteil dieser kabellosen Datenübertragung ist, dass eine Nachrüstung relativ einfach vorgenommen werden kann.
Nahverkehrs-praxis: Erkennt die Bahnbranche die Chancen, die sich durch diese Technik eröffnen?
Holzapfel: Die Bahnbetreiber sitzen momentan in der Klemme. Sie sollen, politisch gewollt, mehr Verkehr ermöglichen. Das wird aus Kostengründen nicht nur durch eine starke Vergrößerung des Fahrzeugangebots gelingen, sondern die bereits vorhandenen Fahrzeuge wird man intensiver einsetzen müssen. Dadurch ergeben sich höhere Laufleistungen und höhere Anforderungen, die Verfügbarkeit und längere Wartungszyklen betreffend. Deshalb gibt es natürlich vonseiten der Betreiber ein großes Interesse, durch verbesserte, innovative Wartungskonzepte mehr aus den Fahrzeugen herauszuholen. Die Digitalisierung stellt da eine große Chance dar, Wartungsfristen zu strecken und die Zuverlässigkeit zu erhöhen, indem man durch Überwachung frühzeitig Wartungsbedarf bemerkt und zielgerichtet steuern kann. Es ist der klare Trend bei Verkehrsunternehmen zu erkennen, dass die Forderung nach mehr Verkehr auch intelligentere Wartungskonzepte erfordert.
Nahverkehrs-praxis: Schaeffler und Perpetuum sind eine Kooperation eingegangen, um eine gemeinsame Vision anzupacken. Wie sieht die aus?
Holzapfel: Perpetuum bietet ein System, das schon vielfach in der Anwendung ist und nachgewiesen hat, dass es sehr gut funktioniert. Aus unserer Sicht sind sie führend und besitzen damit ein Alleinstellungsmerkmal. Dies in Kombination mit der Expertise von Schaeffler als Wälzlagerhersteller führt dazu, dass wir gemeinsam Datenmodelle nutzen können, um die Messdaten in Bezug auf das Wälzlager zu deuten und auszuwerten. Dadurch ergeben sich Möglichkeiten, Services für unsere Kunden anzubieten und zwar so, dass sie von den festen Wartungsintervallen hin zu einer flexiblen zustandsbasierten Wartung wechseln können. Der Kern unserer Zusammenarbeit besteht darin, dass wir die Intelligenz und die Auswertungen des Perpetuum-Systems nutzen und mit unseren Erfahrungen bei Wälzlagern abgleichen, um den Betreibern valide und aussagefähige Informationen über die weitere Einsatzfähigkeit ihrer Fahrzeuge zu liefern. Das bietet einen echten Mehrwert für den Kunden.
Nahverkehrs-praxis: Herr Dr. Holzapfel, Herr Laager, vielen Dank für das Gespräch.
Erfolgreicher ÖPNV braucht ein klares Konzept!
Die Vorschläge für einen erfolgreichen ÖPNV überschlagen sich derzeit geradezu: Das 365 € Jahresticket wird landauf/landab gefordert, vor allem wenn bald Wahlsonntag ist, neue ÖPNV-Konzepte und -Produkte werden gefordert, von sharing-Modellen zu on demand Verkehren bis hin zu Seilbahnen und Wasserbussen. Hinzu kommen die Anforderungen des technologischen Wandels in unserer Branche (Digitalisierung, Elektromobilität, Brennstoffzelle, autonomes Fahren).
Im 5-Minuten-Takt prasseln die Anforderungen auf die Verkehrsunternehmen herunter. Da wird in Städten ein Masterplan für Seilbahnen gefordert, während der Ausbau der klassischen und leistungsstarken Stadtbahn nicht vorankommt.
Erschreckend, dass zuweilen die Erfahrung und die Expertise der Verkehrsunternehmen nicht mehr so richtig zählt, sondern ÖPNV-Aktionismus die Unternehmen und Verkehrsverbünde beschäftigt und nicht selten von ihrem Brot- und Buttergeschäft abhält.
Dabei wird zunehmend sichtbarer, welche Halbwertzeit sog. ÖPNV-Innovationen wie on demand-Verkehre oder wenig durchdachte Tarifexperimente haben. Zurückhaltend formuliert, die Bäume wachsen nicht in den Himmel. Dies ist kein Plädoyer gegen Innovation, aber nicht jede Innovation ist auch ein Fortschritt.
Außerdem: Was heute beschlossen wird, muß morgen bezahlt werden. Wenn eines Tages die öffentlichen Haushalte wieder klammer werden, können neue unsinnige Produkte dem ÖPNV böse auf die Füße fallen.
Über die vielen neuen, häufig medial gehypten Produkte und die neue Mobilitätswelt in Hochglanzbroschüren und Multimediapräsentationen sollten nicht die großartigen und systemspezifischen Vorteile des klassischen ÖPNV in Vergessenheit oder in die Defensive geraten. Ebenso wie das über 200 Jahre alte Fahrrad hat der klassische ÖPNV nichts an seiner Bedeutung für die Mobilität von morgen verloren, im Gegenteil.
Allerdings muß der ÖPNV sich nun aus dem durch die jahrelange Unterfinanzierung des ÖPNV in Deutschland geschaffenen tiefen Tal wieder herausarbeiten. Wesentliche Voraussetzungen sind geschaffen: Die Stimmung für mehr ÖPNV ist gut, der Finanzierungsrahmen stimmt, und gegen Ende des Jahres 2019 sind dann mit der Novellierung des GVFG auch noch die ersten Maßnahmen für die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren beschlossen worden – überfällig!
Zwei Herausforderungen muß die Branche nun insbesondere bestehen:
Erstens, Schienenausbau braucht bekanntlich Zeit, auch das Netz der Wiener Linien ist nicht an einem Tag gebaut worden. Hoffentlich gewähren Politik, Öffentlichkeit und Medien auch diese Zeit und verfallen nicht ständig in neue Vorschläge im Tagesrhythmus.
Zweitens, Überwindung der äußerst knappen Personalkapazitäten für Planung und Bau von ÖPNV-Infrastruktur – Stichwort: Ingenieur-Mangel. Ebenso wie beim Schulbau, Straßen- oder Schienenbau im Ausland sollten auch neue Modelle wie Öffentllich-Private-Partnerschaft vorurteilsfrei und ergebnisorientiert geprüft werden. Vielleicht ist dies ein, sicher nicht der einzige Weg, um den Infrastrukturausbau zügiger voranzubringen.
Unter dem Strich braucht ein erfolgreicher ÖPNV ein klares durchdachtes Konzept, das kontinuierlich umgesetzt wird.
Autor: Jürgen Fenske, Vorsitzender des Vorstandes, Kölner Verkehrs-Betriebe AG i.R.; VDV-Ehrenpräsident