CleverShuttle stellt Betrieb in drei Städten ein

Der auf E-Fahrzeuge spezialisierte

RidePooling-Dienst CleverShuttle

hat seinen

Betrieb an den Standorten Hamburg, Frankfurt am Main und Stuttgart eingestellt

. Auslöser für den Schritt seien wirtschaftliche Gründe sowie besonders in Frankfurt und Stuttgart bürokratische Hindernisse durch das Personenbeförderungsgesetz. Um die von der Schließung betroffenen Mitarbeiter kümmert sich CleverShuttle gemeinsam mit der Deutschen Bahn, die seit 2015 an dem Unternehmen beteiligt ist. In allen drei Städten ist ein konkreter Maßnahmenkatalog vorgesehen, um den betroffenen Mitarbeitern zeitnah neue berufliche Perspektiven aufzuzeigen. Unter anderem wird es konkrete Jobangebote geben.
 
Der Betrieb in Berlin, Kiel, Leipzig, Dresden und München läuft normal weiter. Im Gegensatz zu Hamburg, Frankfurt (a.M.) oder Stuttgart entwickelt sich das Geschäft an diesen Standorten positiv. 
Quelle: CleverShuttle

Wie ein virtuelles Kundencenter einen modernen Kundenzugang schafft

Einen neuen Mobilfunkvertrag abschließen, dem Energieversorger einen Umzug mitteilen, einen Dauerauftrag bei der Bank ändern: Kunden sind es heute aus fast allen Lebensbereichen gewohnt, Dienstleistungen im Internet bestellen zu können und auch ihre zugehörigen Verträge und Profile dort selbst zu verwalten; rund um die Uhr, und ohne dafür persönlich an irgendeinem Schalter vorstellig zu werden. Diese Erfahrungen prägen auch ihre Erwartungshaltung an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Die Vorstellung, zwingend ein Kundencenter aufsuchen zu müssen, das möglicherweise sogar mehrere Kilometer entfernt ist, um ein Abonnement zu beantragen oder dem Verkehrsunternehmen eine veränderte Bankverbindung mitzuteilen, erscheint immer gestriger. Vor allem junge Menschen, die praktisch ihr komplettes Leben online organisieren und ein solches Kundencenter oft nur noch „vom Hörensagen“ kennen, kann der ÖPNV auf diese Weise kaum noch erreichen.

Deshalb führt für Verkehrsunternehmen heute praktisch kein Weg mehr an einem virtuellen Kundencenter vorbei. Nahtlos in die eigene Website integriert, sollte es Fahrgästen die Möglichkeit bieten, Abos zu bestellen, wenn nötig Fotos und Berechtigungsnachweise hochladen zu können sowie ihre Kunden- und Vertragsdaten umfassend zu verwalten: sei es ein Abo verlängern oder kündigen, das Abo-Produkt wechseln, neue Zahler, Bankverbindungen und Adressen einpflegen oder den Verlust einer Abonnement-Karte melden. Natürlich muss dieses virtuelle Kundencenter dabei möglichst unkompliziert und intuitiv nutzbar sein; darüber hinaus sollte es aber auch unbedingt als mobile Version zur Verfügung stehen. Genauso selbstverständlich wie ein Rund-um-die-Uhr-Onlinezugang zu ihren Dienstleistern ist für Kunden heute nämlich auch, in jeder erdenklichen Situation mit ihnen interagieren zu können – abends auf dem Sofa mit dem Tablet in der Hand oder mal eben schnell in der Mittagspause mit dem Smartphone.

Durchgängige Online-Prozesse

Ganz entscheidend für den Erfolg eines virtuellen Kundencenters ist außerdem, dass es sich um eine echte Online-Lösung handelt. In der Realität finden sich häufig Lösungen, die durchgängige Online-Prozesse lediglich nach außen hin vorgaukeln. Kunden haben dabei zwar die Möglichkeit, über eine Weboberfläche Daten einzugeben oder abzuändern; die nachgelagerten Prozesse laufen dann aber weiterhin überwiegend manuell ab. Die Kunden erhalten vom System automatisch eine E-Mail mit der Information, dass ihre Änderungen gespeichert wurden, sie nun innerhalb einer bestimmten Anzahl von Werktagen bearbeitet werden, und sich das Verkehrsunternehmen danach wieder bei ihnen melden wird. Das Verkehrsunternehmen wiederum erhält vom System eine E-Mail mit den Änderungswünschen der Kunden. Diese Wünsche werden dann vom einem Mitarbeiter oder Dienstleister manuell im Vertriebshintergrundsystem eingegeben, auch der Bescheid an den Kunden, dass die Änderungen nun wirksam sind, wird in der Regel manuell versendet.

Die Folgen solcher Lösungen: Es vergehen mehrere Tage, bis die Anträge oder Änderungen der Kunden tatsächlich wirksam werden. Das strapaziert nicht nur die Geduld der Kunden, sondern führt auch dazu, dass die Vertriebshintergrundsysteme der Verkehrsunternehmen tagelang auf Basis veralteter Daten arbeiten; vom großen Aufwand und der hohen Fehleranfälligkeit der manuellen Prozesse ganz zu schweigen. Abhilfe schaffen hier Lösungen, bei denen das Abo-Online-System nahtlos in das Vertriebshintergrundsystem integriert ist, und die damit eine größtmögliche Automatisierung erlauben. Standardabläufe wie Änderungen von Adressen oder Bankverbindungen werden unmittelbar nach der Eingabe durch die Kunden wirksam und lassen sich ihnen automatisch bestätigen. Kompliziertere Prozesse wie die Verarbeitung hochgeladener Fotos oder Berechtigungen können weiter manuell, teilautomatisiert oder auf Wunsch gänzlich automatisiert werden.

Vielfältige Vorteile

Die Vorteile einer vollintegrierten Abo-Online-Lösung sind äußerst vielfältig – sowohl für die Fahrgäste als auch die Verkehrsunternehmen selbst. Die Kunden sparen sich Zeit und Aufwand und können völlig frei bestimmen, wann sie mit ihrem Verkehrsdienstleister interagieren möchten. Ihre Änderungen werden unmittelbar verarbeitet, im besten Fall haben sie sogar die Möglichkeit, das Inkrafttreten ihrer Änderungen zu einem beliebigen Zeitpunkt X selbst festzulegen. Unterstützt das virtuelle Kundencenter „Print@Home“, können sie zum Beispiel die Startkarte für ihr Abonnement bequem zuhause ausdrucken; und ist die Digitalisierung des Verkehrsunternehmens bereits soweit vorangeschritten, dass es mobile Abonnements anbietet, kann das virtuelle Kundencenter die Abo-Berechtigungen den Fahrgästen sogar in digitaler Form direkt auf die Smartphones ausliefern.

Die Verkehrsunternehmen profitieren von effizienteren Abläufen. Prozessstaus und das Auflaufen von Standardkundenfällen gehören der Vergangenheit an. Das erlaubt es den Mitarbeitern, sich verstärkt auf die Beratung der Kunden zu konzentrieren und damit die Beratungsqualität zu steigern. Da sämtliche Abonnement-Daten im Vertriebshintergrundsystem in Echtzeit aktualisiert werden, arbeiten andere Systeme, die darauf zugreifen, immer mit dem aktuellen Datenbestand. Vertriebsauswertungen und andere Reportings sind dadurch stets auf dem neuesten Stand. Das Wichtigste aber ist: Verkehrsunternehmen bieten ihren Kunden einen modernen Zugang und steigern damit Kundenzufriedenheit und -bindung. Sie stellen die Kunden und ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt und sind damit für den Wettbewerb mit den neuen Mobilitätsdienstleistern gut gerüstet.

Autor: Martin Timmann, Geschäftsfüher HanseCom

Neue Fahrzeugsysteme für die Mobilität der Zukunft

Interview mit Uwe Bittroff, Leiter Sparte Übergangssysteme für Straßenfahrzeuge und Dr. Stefanie Böge, Strategisches Management Übergangssysteme für Straßenfahrzeuge, Hübner GmbH & Co. KG

Nahverkehrs-praxis: Im Verkehrsbereich zeichnet sich eine Interview mit Uwe Bittroff, Leiter Sparte Übergangssysteme für Straßenfahrzeuge und Dr. Stefanie Böge, Strategisches Management Übergangssysteme für Straßenfahrzeuge, Hübner GmbH & Co. KG Entwicklung sehr stark ab: Immer mehr Menschen nutzen den ÖPNV. Das ist auf der einen Seite begrüßenswert, auf der anderen Seite stellt sie Verkehrsunternehmen vor das Problem, diese steigende Zahl an Fahrgästen auch angemessen zu transportieren. „High Capacity Busse“ werden als eine Lösung genannt. Gemeint sind damit Busse über 30 m Länge. Wie sehen Sie das?

Dr. Böge: Bereits seit dem Jahr 2004, also lange vor der aktuellen Klimadebatte, haben wir uns anknüpfend an das Thema „Bus Rapid Transit“ Gedanken über den Umstand gemacht, dass bisher maximal Doppelgelenkbusse für BRT eingesetzt werden können – die aber aufgrund steigender Kapazitätsanforderungen vor allem im Ausland immer länger werden sollen. So hat Volvo mittlerweile auch schon einen Bus entwickelt, der über 27 m lang ist.

In jüngster Zeit ist jedoch zu beobachten, dass Verkehrsunternehmen mit derart langen Bussen an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen. Es muss also relativ schnell eine Lösung für die notwendige Kapazitätserhöhung gefunden werden, die sich an die vorhandenen Gegebenheiten besser anpassen kann.

Bittroff: Straßen- und Stadtbahnsysteme sind zum einen sehr teuer, zum anderen aber auch nicht schnell zu realisieren. Man muss von der Planung bis zur Einführung teilweise zehn bis 15 Jahre einkalkulieren. Bei einem Bussystem klappt es hingegen oftmals schon in drei bis fünf Jahren – das kann für eine Kommune ein durchaus gewichtiges Argument sein. Deshalb haben wir uns in vergangenen Jahren verstärkt damit beschäftigt, wie längere Bussysteme aussehen könnten, vor allem in Bezug auf Fahrzeuggeometrie und -dynamik.

Für ein über 30m langes Fahrzeug werden – im Gegensatz zum Doppelgelenkbus – spezielle elektronische Lenksysteme benötigt. Aktuell haben wir einen Teststand beim Fraunhofer-Institut IVI in Dresden aufgebaut, mit dem wir nicht nur Fahrten simulieren, sondern aktiv Lenkungen und Achsen auf die Funktionsweise überprüfen. Das IVI ist für uns dabei der natürliche Entwicklungspartner, da wir mit den Forschern in Dresden seit Jahren intensiv in diesem Bereich zusammenarbeiten. Wir sind zuversichtlich, bald eine marktfähige Lösung vorweisen zu können.

Nahverkehrs-praxis: Wie sieht diese Lösung aus?

Bittroff: Die Kosten für eine solche elektronische Lenkung übertreffen die Kosten für ein Gelenk deutlich und vor
allem kleinere Bushersteller können die Entwicklungskosten nicht stemmen. Wir gehen daher mit unserem Lenksystem in Vorleistung, entwickeln eine möglichst standardisierte Lenkung und bereiten diese soweit vor, dass ein Kunde mit einem überschaubaren Adaptionsaufwand damit einen langen Bus bauen kann.

Dr. Böge: Dafür müssen wir dem Kunden beispielsweise erklären, welche Achsen dafür geeignet sind, welche Steuergeräte und Sensorik er benötigt. Standardisierte Teile kann er
weiterhin kaufen, wo immer er möchte, und Hübner bietet ihm dann die eigentliche Lenkungskomponente an. Wir haben eine Vorauswahl von möglichen Bauteilen für eine Art Baukasten zusammengetragen, aus dem der Kunde letztendlich wählen kann. So ertüchtigen wir auch kleinere Hersteller, selber einen mehrgliedrigen Gelenkbus zu entwickeln.

Bittroff: Auch auf dem Gelenkmarkt sind wir so vorgegangen. Hier bieten wir bereits seit Mitte der 1990er-Jahre Komplettsysteme mit Gelenk inklusive Stromführung und Faltenbalg an. Denn es hat sich auch hier gezeigt, dass zwar die großen Bushersteller von ihren Kapazitäten her in der Lage sind, dies selber zu entwickeln, es aber eine große Zahl kleinerer bis mittelgroßer Hersteller gibt, die das nicht leisten können. Denn die Entwicklung solch einer Sonderkomponente passt für den Bau kleiner Stückzahlen nicht in den vorgesehenen Budgetrahmen. Das ist wirtschaftlich nicht darstellbar.

Dr. Böge: Wir passen die Komponente an die jeweiligen Anforderungen an, und somit kann jeder Hersteller Gelenkbusse produzieren. Diese Verbindung von Gelenk, Stromführung und Faltenbalg hat uns in eine momentan recht gute Marktposition gebracht. „Wir liefern 1,60 Meter Bus“ – damit werben wir nicht umsonst. Die Hersteller bekommen von uns eine Gesamtlösung im Plug-and-Play-Format. Anschrauben und fertig.

Nahverkehrs-praxis: Haben Bushersteller die Möglich-keiten von High Capacity Bussen denn bereits realisiert?

Bittroff: Noch nicht in vollem Umfang, nein. Aber Straßenbahnhersteller nehmen sich dieses Themas an, vor allem chinesische. CRRC (China Railway Rolling Stock Corporation) ist da ganz vorne mit dabei. Sie haben das Potenzial von Straßenbahnen erkannt, die keine Schienen benötigen. Es werden also keine überlangen Busse hergestellt, sondern Straßenbahnen auf Rädern. Die Hersteller, die Erfahrung sowohl mit dem Bau von Schienenfahrzeugen als auch von Bussen haben, halten den Schlüssel zum Erfolg in der Hand. Die Kombination von beidem wird in der Zukunft entscheidend sein.

Dr. Böge: Auf der „Busworld 2017“ haben wir in einem Video unser Konzept für High Capacity Busse bereits erklärt. In den Gesprächen zeigte sich, dass dies für Bushersteller nur ein
Nischenprodukt ist, für die Straßenbahnhersteller hingegen eine mögliche Weiterentwicklung der Straßenbahn darstellen kann.

Nahverkehrs-praxis: Welche besonderen Herausforderungen gibt es bei der Entwicklung so eines Lenksystems?

Bittroff: Einen langen Bus um Kurven zu lenken, ist technisch kein großes Problem mehr. Die notwendigen Algorithmen sind bereits entwickelt. Die wirkliche Hürde für uns besteht in der Entwicklung eines Systems, das, selbst wenn es eine Störung aufweist, weiterhin sicher beherrschbar bleibt. Wenn bei sechs gelenkten Achsen nur eine nicht in die richtige Richtung will, kann das sehr schnell zu einer Gefährdungssituation führen. Das System muss also so entwickelt sein, dass bei Störungen keine Gefahr für die Fahrgäste im Fahrzeug entsteht. Alle Systeme, die heute bereits eingesetzt werden, befinden sich noch auf der Versuchsebene. Wir werden unser Produkt erst dann in den Verkehr bringen, wenn ein ausreichendes Sicherheitslevel vorhanden ist. Dafür bedarf es eines längeren Entwicklungsprozesses.

Nahverkehrs-praxis: Wo sehen Sie die Märkte für High Capacity-Fahrzeuge?

Bittroff: Unsere deutsche Infrastruktur ist für solche Fahrzeuge nur in sehr seltenen Fällen ausgelegt. Städte, die schnell große Transportkapazitäten im öffentlichen Verkehr anbieten wollen und die dafür notwendige Infrastruktur erst noch errichten müssen, befinden sich in der Regel im Ausland.

Dr. Böge: Zum Beispiel in Südamerika, der Wiege der Bus-Rapid-Transit-Systeme. Dort hat sich BRT schneller als erwartet mit großem Erfolg etabliert, aber inzwischen gibt es auch dort Kapazitätsengpässe.

China ist zurzeit der größte Markt für diese Fahrzeuge, denn in den dortigen, am Reißbrett entstehenden Mega-Städten wird die nötige Infrastruktur für Großraumfahrzeuge gleich mitgedacht. Nicht umsonst kommen Anfragen, solche Fahrzeuge zu realisieren, bisher von dort. An allen Projekten, die momentan dort realisiert werden, ist Hübner mit seinen Produkten beteiligt.

Nahverkehrs-praxis: Wann rechnen Sie mit der Einführung von High Capacity Fahrzeugen?

Bittroff: Wir wollen im kommenden Jahr starten, mit einem Hersteller den ersten Prototypen für ein sicheres Fahrzeug auf die Räder zu stellen. Ich kann mir vorstellen, dass in drei Jahren, nach allen nötigen Tests, ein Fahrzeug marktfähig sein kann – nicht früher. Alles andere halte ich für leere Versprechen, die nicht eingehalten werden können, wenn das Fahrzeug betriebssicher sein soll.

Nahverkehrs-praxis: Vielen Dank für das interessante
Gespräch.

Qualität im Mittelpunkt

Die Investitionen sind hoch, vieles ist Neuland der Umstieg auf Elektromobilität stellt Verkehrsbetriebe vor Herausforderungen. Umso mehr müssen sich die Verkehrsbetriebe auf die Qualität der Elektrobusse verlassen können. Maßgeblicher Qualitäts-Garant beim Mercedes-Benz eCitaro ist seine nahtlose Einbindung in die Fertigung aller Citaro-Busse im Omnibuswerk Mannheim. Er entsteht auf den gleichen Linien nach identischen Prozessen und Qualitätskriterien wie die vieltausendfach bewährte Stadtbus-Familie.

Als Basis der Fertigungsqualität gilt unter Kennern der Rohbau. Hier werden Stahlprofile und Bleche zu einem tragenden Omnibusgerippe verschweißt. Der einzige Unterschied des eCitaro: Er trägt Halteschienen für die späteren Dachaufbauten, vor allem die Batteriepakete. Diese Konstruktion ist abgeleitet vom Citaro NGT mit Gasflaschen auf dem Dach. Für alle Varianten der Citaro Familie ebenfalls identisch ist die kathodische Tauchlackierung (KTL) als wesentlichster Punkt der Korrosionsvorsorge.

In der Montage gilt: eCitaro und Citaro rollen über die gleiche Linie, nur die Arbeitsschritte unterscheiden sich. An einer Hochstation werden Komponenten auf dem Dach montiert, zum Beispiel die Klimaanlage und der Heckträger mit der Kühlanlage der Batterien. Orangefarbige oder schützend orange ummantelte Hochvoltkabel werden verlegt. In der Hauptmontage laufen eCitaro und Citaro im Wechsel über zwei parallele Linien. Ein typischer Schritt für den eCitaro ist das Einbringen des Kühlers hinten links im ehemaligen Motorturm für den Antrieb und die Nebenaggregate.

Eine entscheidende Station folgt im weiteren Durchlauf – die Montage der E-Antriebsachse. Ihr großer Vorteil: Die Aufnahmepunkte entsprechen denen der Portal-Antriebsachse des Citaro. Während ihm der Verbrennungsmotor eingepflanzt wird, bekommt der eCitaro an der identischen Station hinten links eine Baugruppe aus vier Batteriepaketen. Es folgt der Innenausbau. Danach werden die Dachbatteriemodule des eCitaro aufgesetzt und an das Kühlsystem angeschlossen.

Erst kurz vor Ende der Produktion weicht der eCitaro vom gewohnten Prozess ab: In einem abgesperrten Bereich wird die Hochvoltanlage überprüft und in Betrieb genommen. Da die Batterien vorgeladen angeliefert werden, ist das Fahrzeug sofort fahrfähig. Außerdem erhält der eCitaro seine markante Dachrand-Erhöhung und die Aufladung seiner Batterien wird an einer Schnellladestation geprüft. Im Anschluss wird der eCitaro wieder in den gewohnten Prozess eingeschleust und vor allem intensiv getestet.

Nach Bremsenprüfstand, Beregnungstest und gründlicher Endabnahme wird jeder eCitaro sowohl über eine werksinterne Teststrecke als auch über eine etwa 50 Kilometer lange Strecke auf öffentlichen Straßen gefahren. Dabei kontrolliert ihn die unabhängige Qualitätssicherung erneut gründlich. Ob Betriebszustände, Fahrfunktionen oder Geräuschentwicklung – jeder einzelne eCitaro wird auf diesen Fahrten einem umfangreichen Prüfprozess unterzogen. Erst danach ist der eCitaro reif für die Übergabe an den jeweiligen Verkehrsbetrieb – dank der identischen Prozesse auf dem identischen hohen Qualitätsniveau wie andere Citaro.

Umstieg auf E-Mobilität beinhaltet mehr als nur Elektrobusse zu kaufen

Interview mit Stefan Sahlmann, Leiter MAN Transport Solutions.

Nahverkehrs-praxis: Herr Sahlmann, deutsche Verkehrsunternehmen zögern noch, den Wandel in ihren Fahrzeugflotten von Dieselbussen hin zu Elektrobussen einzuleiten, weil sie z.B. noch Fragen in Bezug auf Anschaffungskosten, Batterielebensdauer, Energiewirtschaft, Batterie- und Ladetechnik oder Betriebshofmanagement haben. Wie kann MAN Transport Solutions den Unternehmen da helfen?

Sahlmann: Den Verkehrsunternehmen ist inzwischen bewusst, dass der Umstieg auf Elektrofahrzeuge deutlich mehr beinhaltet, als die Beschaffung eines Fahrzeuges mit neuer  Antriebstechnologie. Denn es kommt hier ja schon fast zu einem Paradigmenwechsel in Hinblick darauf, dass fast alle Bereiche des Systems Busflottenbetrieb betroffen sind. Das birgt viele offene Fragen, die sich nicht jeder Betrieb selbst beantworten kann. Da die Antworten sehr individuell ausfallen, kann man sich auch nicht an anderen Unternehmen orientieren. Da setzen wir an. MAN bietet den Verkehrsbetrieben eine ganzheitliche Beratung – wir nennen das 360°-Beratung – in der wir alle Fragestellungen aufgreifen und auf einer individuellen Basis für den Kunden in Form eines Konzeptes ausarbeiten, was der Umstieg auf Elektrobusse für ihn bedeutet.

Das beginnt mit einer Machbarkeitsanalyse der heutigen Fahrzeugeinsätze: Wo kann ein Dieselbus 1:1 von einem E-Bus ersetzt werden, wo benötige ich gegebenenfalls eine Adaption der Routen und Routenlänge sowie der Fahrpläne, wo muss ich mehr Fahrzeuge einplanen als in der Vergangenheit aufgrund von Reichweitenrestriktionen oder geringeren Transportleistungen? Das führt dann direkt zu der Frage, welche Ladestrategie für den Kunden und seine spezifischen Anwendungen notwendig und sinnvoll ist, und welche Lade-infrastruktur daraus resultiert – also welche Ladepunkte und Ladeleistungen benötigt werden.

Wenn ich dann bei der Frage angekommen bin, wie viele Fahr-zeuge gleichzeitig geladen werden sollen und wie ich den Vorgang intelligent steuere – dass sie möglichst versetzt zueinander geladen werden, weil das den Spitzenenergiebedarf der Flotte bestimmt – dann sind wir bei den Möglichkeiten zur Sicherstellung der notwendigen Energieversorgung angelangt. Dabei ist ein wichtiger Punkt, der große Vorteile gegenüber Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren bietet, dass hier die Energiekosten deutlicher günstiger sind. Der Kunde bekommt von uns alle Optionen aufgezeigt, wie er seine Energiekosten optimieren kann.

Das Ganze mündet in der Betrachtung, wie weit Depot- und Wartungsbereichprozesse geändert werden müssen und welche neuen Qualifizierungen gerade für das Werkstattpersonal erforderlich sind. All diese Bereiche werden von unserer „360°-Beratung“ abgedeckt.

Nahverkehrs-praxis: Wie gehen Sie bei der Beratung vor, es haben ja nicht alle Verkehrsunternehmen dieselbe Ausgangslage?

Sahlmann: Wenn schon Erfahrungen aus dem Straßenbahnbereich oder mit Oberleitungsbussen vorhanden sind, können wir in eine weiter fortgeschrittene Phase der Beratungsleistungen einsteigen. Denn mir sitzt ein Gesprächspartner gegenüber, der das Grundverständnis für Elektromobilität bereits mitbringt. Generell gilt aber, dass es immer wichtig ist, eine individuelle Analyse auf Basis der vorherrschenden Parameter durchzuführen. Welche Routenlängen und Transportkapazitäten werden gefordert, welche Topographie herrscht vor, ist es reine Innenstadt, oder sind auch Linien dabei, die einen Überlandcharakter mit weniger Haltestellen und somit größeren Haltestellenabständen sowie längeren Teilstrecken besitzen? Das ist die Grundvoraussetzung für ein belastbares Konzept.

Nahverkehrs-praxis: Ist diese Beratung unabhängig vom gewählten Fahrzeughersteller?

Sahlmann: Bei Beginn der Beratung hat sich das Unternehmen in der Regel noch nicht für eine bestimmt Marke entschieden, es möchte ja erst einmal erfahren, was der Umstieg auf Elektrobusse für ihn bedeutet. Natürlich möchten wir als MAN uns als kompetenten und verlässlichen Partner auch für den Bereich Elektromobilität präsentieren und bieten dafür unseren MAN Lion’s City E an. Aber grundsätzlich ist die Beratung im ersten Schritt markenneutral, da nur bestimmte Leistungsparameter der Fahrzeuge in der Simulation zugrunde gelegt werden.

Nahverkehrs-praxis: Wo sehen Sie bei den Verkehrsunternehmen den größten Informationsbedarf?

Sahlmann: Eigentlich bei der Grundfrage: Welche meiner Linien kann ich sinnvoll mit Elektrobussen ausrüsten? Unser Transport Solutions Team wendet da ein standardisiertes Verfahren an, bei dem die notwendigen Daten des Kunden erfasst werden. Dafür verwenden wir Tools, die der Kunde teilweise auch in seiner Betriebssoftware nutzt. Wir modellieren mit den Informationen sein Netzwerk auf die Komponente „Elektrofahrzeug“ um. Dabei kommen oft die Fragen auf: Wie ist das Verhältnis von mehr Fahrzeugen zur Ladeinfrastruktur und welche Kosten beinhaltet das? Denn das ist mitentscheidend für die Gesamtkosten des Betriebs. Wir können da das Verhältnis zwischen Investitions- und Betriebskosten aufzeigen: Schafft sich das Unternehmen mehr Ladestationen an als eigentlich mindestens notwendig wären und hat damit eine größere Flexibilität bei der Ladeplanung der Busse? Oder will es die Investitionskosten geringhalten, ist damit weniger flexibel und hat dann somit weniger Möglichkeiten die Betriebskosten zu optimieren? Mit unserem standardisierten Verfahren wird dem Betrieb die Möglichkeit gegeben zu entscheiden, ob er die Mittel hat, die Vorabinvestition zu tätigen, oder ob eventuell zu einem späteren Zeitpunkt Ladestationen hinzukommen sollen.

Nahverkehrs-praxis: Diese Beratung bieten Sie ja jetzt schon einige Zeit an. Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen, wie wird das Angebot angenommen?

Sahlmann: Das Interesse an der Beratung ist sehr groß. Gerade die Betrachtung der ganzheitlichen Thematik „Elektromobilität“ – also nicht nur die Fokussierung auf das Fahrzeug, sondern auf das ganze System –, kombiniert mit der individuellen Ausrichtung der Beratung, ist für den Kunden ein sehr hilfreiches Angebot. Wir haben inzwischen mehr als 60 Projekte in ganz Europa durchgeführt, wobei da auch Beratungen für Van und Lkw enthalten sind. Speziell für Busse waren es in etwa 50. Davon macht Deutschland ungefähr 40% der Fälle aus. Die anderen Anfragen kamen aus Norwegen, Schweden, Dänemark, Benelux, Schweiz, Frankreich, Österreich, Spanien, Italien und Polen.

Nahverkehrs-praxis: Hybridbusse werden als Übergangstechnik vom Diesel- zum Batteriebus gesehen. Jetzt bietet MAN Hybridbusse mit EfficientHybrid an. Worin liegt der Unterschied zum „alten“ Hybridbus (A37), und kann das eine Alternative für Verkehrsunternehmen sein, die noch nicht auf Elektrobusse umsteigen wollen?

Sahlmann: Das Thema Hybridisierung ist für einige Unternehmen sicherlich eine interessante Alternative, um einen Zwischenschritt zu machen. Nicht jede Strecke ist für eine Elektrifizierung geeignet, weil sie beispielsweise nicht in einem sensiblen Innenstadtbereich verläuft, in dem das Thema „Emissionen“ besonders gravierend ist. Oder die Busflotte soll erneuert werden, der Elektrobusanteil aber nicht im selben Umfang ansteigen soll, weil man sich damit noch etwas Zeit lassen will. Dann ist die Frage, wenn ich neben den ersten E-Bussen auch noch Busse mit Verbrennungsmotor anschaffen will, sollen es reine „Verbrenner“ sein, oder sollen sie auch mit einer Hybridtechnologie versehen sein? Dafür bieten wir die passende Lösung an.

Das System des EfficientHybrid hat als Primärziel, die Effizienz des Antriebsstrangs zu steigern, indem er Kraftstoff sowohl in der Diesel- als auch der Gasvariante einspart. Zudem hat der Lion’s City EfficientHybrid als einziger Bus seiner Art eine Stopp-Start-Funktion, so dass das Fahrzeug im Haltestellenbereich und an Ampeln ausgeht. Dort entstehen keine Emissionen, auch nicht was den Lärm betrifft. Die Kombination aus Effizienz und Stopp-Start-Funktion macht das Fahrzeug interessant, auch weil sich seine Anschaffung recht schnell amortisiert. Innerhalb von ca. vier Jahren bekommt ein Unternehmen allein durch die Kraftstoffersparnis den Aufpreis wieder herein. Das ist für Verkehrsbetriebe, die Hybrid als Übergangstechnologie zum E-Bus betrachten, eine aktuell sinnvolle Alternative.

Nahverkehrs-praxis: Im Herbst dieses Jahres soll die Novelle der „Clean Vehicle Directive“ der EU kommen. Lässt sich schon einschätzen, was die verschärfte Vorgabe aus Brüssel für Auswirkungen auch auf die Zukunft von Hybridbusse haben wird?

Sahlmann: Das Portfolio von MAN deckt alle Anforderungen, die die „Clean Vehicle Directive“ aufstellt, komplett ab. Was speziell den Hybridbus angeht, der in der CVD ja nicht gefordert wird, legen die Entscheidungsträger in den Städten großen Wert darauf, sich damit rechtfertigen zu können, dass sie zwar „nur“ Hybridbusse anstelle von E-Bussen gekauft haben, damit zumindest aber eine sehr saubere Technologie angeschafft haben. So unterstützt die CVD den Hybridbus zusätzlich.

Nahverkehrs-praxis: Wann wir der erste MAN Lion’s City E an einen Kunden übergeben, und ab wann wird er serienmäßig produziert?

Sahlmann: Die beiden ersten Fahrzeuge werden Ende 2019 an die Hamburger Hochbahn und die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein übergeben. Dabei handelt es sich noch um Kundenerprobungsfahrzeuge, die kurz vor dem Serienstart die Praxistauglichkeit des E-Busses bestätigen sollen. 13 weitere Testfahrzeuge werden im Jahr 2020 an Kunden in Deutschland und Europa ausgeliefert. Im Oktober 2020 soll die 12-Meter-Variante des Lion’s City E dann in die Serienproduktion gehen. Der 18-Meter-Bus hat seinen Serienstart im April 2021, so dass Verkehrsbetriebe in relativ kurzem Abstand mit beiden Fahrzeuglängen planen können.

Der erste Auftrag für den Kauf von 17 Fahrzeugen ist von den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein eingegangen, die Fahrzeuge werden Ende 2020 ausgeliefert.

Nahverkehrs-praxis: Was können Sie uns zur Preisentwicklung des Elektrobusses sagen?

Sahlmann: Man geht davon aus, dass die Preise für Batterien sinken werden, wenn die Produktion zunimmt und die Skaleneffekte wirken. Da die Batterieentwicklung noch ziemlich am Anfang steht, haben wir relativ kurze Entwicklungszyklen. Das bedeutet, in kurzen Abständen werden neue Batterien und Zelltypen verfügbar sein, was zusammen zu einer höheren Leistung führen wird. Das muss aber nicht unbedingt einen sinkenden Batteriepreis bedeuten, weil die Kostenvorteile neu entwickelter Batterien durch den Wunsch nach größerer Leistung wieder egalisiert werden. Es ist daher nicht vorherzusehen, ob Elektrobusse wegen kostengünstigerer Batterien insgesamt billiger werden.

Wichtiger bei der Betrachtung der e-Buspreise sind deshalb die anfallenden gesamten Betriebskosten eines Unternehmens. Darauf weisen wir in unserer Beratung auch immer hin. Der Betrieb hat zwar anfänglich bei der Beschaffung höhere Investitionskosten als beim Dieselbus und es fallen zusätzliche Ladeinfrastrukturkosten an. Vergleicht man aber die Betriebskosten, also die deutlich geringeren Energiekosten pro gefahrenen Kilometer, gehen wir mittelfristig von einer Angleichung bei Diesel- und Elektrobussen aus.

Nahverkehrs-praxis: Wie wird nach Ihrer Ansicht die  weitere Entwicklung im Elektrobusbereich verlaufen?

Sahlmann: Im Bereich des ÖPNV zeichnen sich ganz klare Tendenzen ab. Die Beschaffung und der Einsatz von Elektrobussen ist inzwischen gut planbar, so dass Verkehrsunternehmen abschätzen können, ob die Umstellung machbar und sinnvoll ist. Wir gehen für die Zeit ab 2020/2021 von einem spürbaren Anstieg der Beschaffungen aus. Ab zirka 2026 rechnen wir – was den Absatz in Europa angeht – mit einem Anteil von 50% für Fahrzeuge mit Elektroantrieb.

Nahverkehrs-praxis: Gibt es bei MAN Überlegungen oder sogar schon Planungen dazu, wie alte, für den Einsatz in Bussen nicht mehr taugliche Batterien, umweltfreundlich entsorgt oder weiterverwendet werden könnten?

Sahlmann: Wir denken über das eigentliche Elektrofahrzeug hinaus. Das zeigt sich nicht nur in der Transport Solutions, sondern wir erforschen auch neue Ansätze. Wir realisieren beispielsweise mit unserem Kunden Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein einen Batteriespeicher aus Gebrauchtbatterien (Anm. d. Red.: Nahverkehrs-praxis wird in einer späteren Ausgabe darüber berichten). Der wurde bereits an die VHH geliefert und soll in den nächsten Monaten in Betrieb gehen. Damit wollen wir die Potenziale aufzeigen, die möglicherweise in einer Zweitanwendung von Batterien stecken und dazu führen könnten, den ganzen Batterieeinsatz nachhaltiger zu gestalten und die Energiekosten eines Verkehrsunternehmens weiter zu optimieren. Beispielsweise durch Zwischenspeicherung von selbsterzeugter Solarenergie, die dann zur Übernachtaufladung der E-Busse verwendet werden könnte.

Nahverkehrs-praxis: Herr Sahlmann, vielen Dank für das Gespräch.

Ganzheitliche Mobilitätslösungen sind die Zukunft

Nahverkehrs-praxis sprach in Wien mit Alexander Ketterl, Leiter Geschäftsbereich Light Rail, Bombardier Transportation GmbH, über die Entwicklungen im Schienenfahrzeugmarkt.

Nahverkehrs-praxis: Herr Ketterl, wie entwickelt sich weltweit die Nachfrage nach Schienenfahrzeugen?

Ketterl: Der weltweite Markt entwickelt sich in allen Segmenten seit Jahren erfreulich positiv mit durchschnittlichen Wachstumsraten von ca. 2-3%. In Europa und speziell in Deutschland und Österreich sehe ich vor allem 3 generelle Trends für eine steigende Nachfrage:

o Im städtischen Bereich sehen wir aufgrund weiter stark steigender Fahrgastzahlen sowie aufgrund aufgescho-bener Ersatzbeschaffungen einen erheblichen Bedarf bei Straßen-, U- und S-Bahnfahrzeugen.

o Verkehre zwischen den Städten, somit auch Pendlerverkehre, nehmen ebenfalls stark zu. Hierfür müssen in den nächsten Jahren im Bereich der Infrastruktur und des Rollmaterials massive Ersatzbeschaffungen vorgenommen werden.

o Der Güterverkehr soll und wird ebenfalls deutlich zunehmen. Bombardier hat vor diesem Hintergrund kürzlich eine neue Multisystemlokomotive auf den Markt gebracht, um vor allem umweltschonend zu fahren.

Nahverkehrs-praxis: In der Schienenfahrzeugbranche machen immer mal wieder Fusionen sowie schwierige Situationen europäischer Hersteller und kapitalstarke asiatische Anbieter die Runde. Was erwarten Sie an weiteren Veränderungen und Herausforderungen?

Ketterl: Herausforderungen gab es für unsere Branche schon immer, nicht erst seit den angesprochenen Problematiken. Es ist nun mal so, dass sich nur derjenige mit dem wettbewerbsfähigsten Produkt langfristig erfolgreich am Markt etablieren kann. Dazu gehören neben dem Preis vor allem höchste Qualitäts- und Sicherheitsstandards sowie innovationsstarke und nachhaltige State-of-the-art-Produkte.

Weiterhin orientiert sich der Markt richtigerweise zunehmend an den Lebenszykluskosten (LCC) und nicht nur an den reinen Investitionskosten. Dies ist allerdings noch nicht bei allen Kunden angekommen. Gefragt wird aber auch vermehrt nach kompletten Mobilitäts- bzw. Systemlösungen statt nach einzelnen Produkten. Hier sehen wir uns als Bombardier gut aufgestellt.

Nahverkehrs-praxis: Was heißt dies konkret für Bombardier?

Ketterl: Wir werden weiterhin unsere Forschung & Entwicklung vorantreiben und unsere Innovationskraft stärken sowie die besten Köpfe für Bombardier gewinnen. Mit unseren Produkten wollen wir letztendlich beim Kunden überzeugen. Die Kostenstruktionen müssen im globalen Kontext immer wieder wettbewerbsfähig optimiert werden. Die Schienenfahrzeugindustrie agiert mittlerweile sehr global – deshalb muss sich Bombardier auch weiter dem harten Wettbewerb stellen und sich auch immer wieder selbst hinterfragen und neu ausrichten. Konkret macht sich dies in der Spezialisierung unserer verschiedenen Standorte in der Produktion oder Entwicklung bemerkbar. Darüber hinaus gehen wir mit unseren Lieferanten strategische Partnerschaften ein, denn ohne deren Engagement wird uns die Transformation in die Zukunft nicht gelingen.

Nahverkehrs-praxis: Bleibt Ihr breites Lieferportfolio weiterhin bei Straßenbahnen, Metros, S- und Regionalbahnen bis hin zu Hochgeschwindigkeitszügen?

Ketterl: Hier ist mit einem klaren Ja zu antworten, denn die weltweite Nachfrage zeigt, dass insbesondere Schienenfahrzeuge das Rückgrat der Mobilität für die Zukunft darstellen.

Nahverkehrs-praxis: Ihre Kunden erwarten termingerechte und hochverfügbare Fahrzeuge. Dennoch ist immer wieder von Verzögerungen und Problemen bei Inbetriebnahmen und Zulassungen zu hören, auch für Ihr Unternehmen. Was unternehmen Sie und gibt es bereits deutliche Verbesserungen?

Ketterl: Natürlich ist es unser Ziel, die Fahrzeuge termingerecht und in bester Qualität zu übergeben. Dafür steht ein motiviertes und leistungsstarkes Team zur Verfügung.
Dennoch, auch uns gelingt dies manchmal leider nicht.

Grundsätzlich stehen bei uns Sicherheit und Qualität an erster Stelle. Manchmal aber fruchten auch die strengsten QM-Kriterien und besten Prozesse nicht. Die daraus resultierenden Fehler werden auf das Penibelste erfasst und umgehend abgestellt. Aber auch die High-Technology, mit der unsere Produkte immer wieder hervorstechen, brauchen trotz enger Liefertermine ausreichende Erprobung im Vorfeld.

Andererseits gibt es bei uns kein Produkt „von der Stange“. Unsere Fahrzeuge, z.B. auch die Straßenbahn FLEXITY, müssen immer den Bedürfnissen unserer Kunden angepasst werden, mit oft sehr individueller Beschaffenheit. Ein wichtiger Punkt ist auch der hohe Kosten- und Zeitdruck, der sich in der gesamten Wertschöpfungskette immer wieder bemerkbar macht. Die Lösung seitens Bombardier liegt u.a. auf der Spezialisierung der einzelnen Standorte und dem Zusammenspiel zwischen Rohbau, Endmontage und Entwicklung. Wir versuchen damit die Effizienz der einzelnen Standorte zu fördern und die Komplexität zu reduzieren.

Nahverkehrs-praxis: Die Gründe für die genannten Probleme sind oft ganz banal, insbesondere sind es aber Probleme mit der Software. Warum ist das immer wieder so, was sind die Gründe und wie lösen Sie dies?

Ketterl: Die Software ist in der Tat eines der Herzstücke der Fahrzeuge. Funktionalität und Zusammenspiel aller Komponenten wird heute komplett durch die Software übernommen. Die Zusammenhänge gerade in der gesamten Systemintegration sind hochkomplex.

Am Ende muss aber ein hocheffizienter und sicherer Betriebsablauf gewährleitet sein. Um dies sicherstellen zu können, müssen Software-Entwickler und Ingenieure die Fähigkeiten besitzen, sich in den gesamten Betriebsablauf bereits in einem sehr frühen Stadium des Projektes hineinzudenken. Daraus entstehen die Anforderungen für die Software, aber auch schon die dafür notwendigen Testroutinen im Zusammenspiel der einzelnen Komponenten und Funktionen des Fahrzeuges. Dies bedeutet höchste Anforderungen an Entwicklungsprozess und Architektur der Software. Und genau hier liegt die größte Herausforderung für uns Hersteller.

Wir versuchen stets, die hellsten Köpfe für uns zu begeistern und wir investieren in Forschungsinitiativen und entwickeln gemeinsam mit Partnern und Lieferanten hochmoderne Software-Lösungen. Dies geschieht natürlich nicht von heute auf morgen. Manchmal braucht es auch kreative Lösungen, um allen individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden. Wir lernen aus jedem einzelnen Fehler und evaluieren regelmäßig. Konkret wurde bei Bombardier deshalb der Bereich SW/TCMS organisatorisch über alle Produktfamilien zusammengeführt, um ein leistungsstarkes Kompetenzzentrum aufzusetzen. Weiterhin wurde der gesamte Entwicklungsprozess der Software standardisiert und neu ausgerichtet. Dies bedeutet z.B., dass jegliche Software unter im Labor simulierten Realbedingungen vorgetestet und vorgeprüft werden kann.

Nahverkehrs-praxis: Worauf müssen sich die Betreiber hinsichtlich der Software einstellen, um eine Metro beispielsweise 40 Jahre in Betrieb zu halten?

Ketterl: Zunächst bedeutet dies ein gezieltes und langfristig wirkendes Obsoleszenz-Management, das natürlich auch im Zusammenspiel von Hard- und Software mit entsprechenden Vorkehrungen zu treffen ist. Dies setzt von Beginn an eine hohe Standardisierung von Hardware- und Software-Komponenten voraus, aber auch ein Spezialisten-Team, das sich ausschließlich um die Produktpflege über diesen langen Zeitraum kümmert. Enge Kunden-/Lieferantenbeziehungen sind ebenfalls sehr wichtig, um langfristig den Support gewährleisten zu können. Dies ist jedoch vertraglich abzusichern, sowohl mit den Komponenten- und Systemlieferanten als auch mit den Betreibern. Wir bieten unseren Kunden dazu langfristige Serviceverträge mit bis zu 24+8 Jahren an.

Nahverkehrs-praxis: Auch Bombardier bietet seinen Kunden die kompletten Instandhaltungsleistungen nach vereinbarten Preisen, Fahrzeugverfügbarkeiten, Qualitätsstandards etc. an. Wie stellen Sie über lange Zeit sicher, dass ihre Leistungen für die Betreiber stabil bleiben?

Ketterl: Das ist eine wichtige Frage für uns, denn wir gehen zunehmend weg von Projekten hin zu ganzheitlichen Mobilitätslösungen. Mit unserem Servicemodell FLEXCARE übernehmen wir diese Aufgabe für unsere Kunden wie gesagt mit bis zu 32 Jahren Laufzeit. Dadurch, dass sich aktuell z.B. mehr als 4.000 FLEXITY-Straßenbahnen im weltweiten Einsatz befinden, kennen wir die Leistungsstärke und die technischen Herausforderungen unserer Fahrzeuge sehr genau. Durch dieses Wissen können wir unseren Kunden auch überzeugende Serviceleistungen mit stabilen Konditionen und Planungssicherheit anbieten. Und vor allem, Bombardier trägt das Risiko.

Nahverkehrs-praxis: Wird sich ein solches Modell zunehmend durchsetzen? Oder wird es bei den „Altbetrieben“ mit deren oft effizienten Instandhaltungsstrukturen und langjährigen Erfahrungen beim „alten“ Modell bleiben?

Ketterl: Ein klares Ja, wie es die aktuelle Marktentwicklung zeigt. Im Vollbahnbereich, besonders in England, ist dies heute schon Standard. Im urbanen Bereich sehen wir gerade in den letzen vier Jahren in Österreich und Deutschland eine deutliche Tendenz zur sogen. Fremdvergabe.

Nahverkehrs-praxis: In der Schienenfahrzeugbranche wird immer wieder von Standardisierung sowie einfacher Tauschbarkeit von Baugruppen und Komponenten verschiedener Hersteller gesprochen. Sehen Sie da realistische Ansätze und einen erzielbaren Nutzen?

Ketterl: Im Regelfall können Lösungen von genereller Tauschbarkeit verschiedener Hersteller nur in Zusammenarbeit mit den Herstellern selbst erreicht werden. Insgesamt ist dies aber eine große Herausforderung, da die Interessenlagen und Randbedingungen wie nationale und überregionale Normen, regionale Supply Chain sowohl der Komponenten als auch der Fahrzeughersteller, sehr stark voneinander abweichen.

Nahverkehrs-praxis: Und noch eine letzte Frage: Batterie oder Brennstoffzelle für den Antrieb von Schienenfahrzeugen? Was macht Bombardier und wie sehen Sie die Zukunft für Strecken ohne Fahrdraht?

Ketterl: Bombardier hat für nicht- oder nur teilweise elektrifizierte Strecken einen Batterie-getriebenen Regionaltriebzug des Typs TALENT entwickelt, der letztes Jahr bereits vorgestellt wurde und demnächst in den Testbetrieb mit Fahrgästen geht. Die von uns verwendete Ladetechnik erlaubt ein vollständiges Aufladen der Batterien innerhalb von 7-11 Minuten und Reichweiten von derzeit ca. 40km. Eine signifikante Erweiterung der Reichweite ist darüber hinaus in Vorbereitung. Mit dieser Technik kann bereits ein Großteil der heute noch nicht elektrifizierten Strecken in Deutschland und Österreich bedient werden, da in der Regel der nächste Fahrdraht oder eine Lademöglichkeit nicht weit entfernt ist.

Nahverkehrs-praxis: Herr Ketterl, vielen Dank für das Gespräch.

Halbjahresbilanz der Bahnindustrie in Deutschland

Der

Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V

. zieht Bilanz für das

erste Halbjahr 2019

: Mit 5,2 Milliarden Euro erzielt die Bahnindustrie in Deutschland im Betrachtungszeitraum einen hohen Umsatz. Im Vergleich zum Vorjahr sinkt dieser um 3,7 Prozent. „Die Bahnindustrie in Deutschland spürt die internationale Konkurrenz, spürt die ungleichen Wettbewerbsbedingungen auf dem Weltmarkt.“, sagte Michael Fohrer, VDB-Vizepräsident Fahrzeuge. So sinkt der Exportumsatz um 5 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro, trübt die gute Gesamtbilanz. Auch im Inland generiert die Bahnindustrie mit 3,3 Milliarden Euro rund drei Prozent weniger als noch im Halbjahr 2018. Am umsatzstärksten bleibt der Bereich Rolling Stock, der rund 67 Prozent des gesamten Umsatzes ausmacht. Auf den Infrastrukturbereich entfallen rund 33 Prozent. Der Infrastrukturumsatz steigt um 6 Prozent, insbesondere im Inland wächst der Bereich um 10 Prozent an.
Die Auftragsbücher der Bahnindustrie in Deutschland sind im ersten Halbjahr 2019 wieder sehr gut gefüllt. Das Auftragsvolumen von 8,1 Milliarden Euro beschreibt einen dynamischen Anstieg von rund 25 Prozent. „Ein robuster Wachstumskurs trotz schwierigem Marktumfeld. Einmal mehr Ausdruck der Innovationskraft und Zukunftsfähigkeit unserer Branche.“, so Fohrer. Doch gerade die Stagnation im Wachstum des Infrastrukturbereichs im Heimatmarkt verwundere bei den umfassenden Vorhaben der Bundesregierung zur Kapazitätssteigerung des Schienenverkehrs und der Verdoppelung der Fahrgastzahlen. Die Ziele der Politik seien ambitioniert und richtig, doch Umsetzung und Finanzierung notwendiger Maßnahmen würden derzeit hinterherhinken. „Effektive Klimaschutzpolitik gelingt nicht ohne intelligente Klimaindustriepolitik“, so Fohrer.
Quelle: Verband der Bahnindustrie in Deutschland (VDB) e.V.

Ausbildung bei Daimler Buses

Insgesamt

59 junge Männer und Frauen

sind am 9. September 2019

im

Neu-Ulmer Werk von Daimler Buses in ihr Berufsleben gestartet

. Die 50 neuen Auszubildenden verteilen sich auf die sechs Ausbildungsberufe Fachlagerist-/in, Fahrzeuginnenausstatter/-in, Fertigungsmechaniker/-in, Fahrzeuglackierer/-in, KFZ-Mechatroniker/-in und Industriekaufmann/-frau. Zudem haben mit einem dreiwöchigen Vorpraktikum auch neun junge Menschen ihr duales Studium bei Daimler Buses in Neu-Ulm begonnen. Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Hochschulstudium und verschiedenen Praxisphasen am Standort Neu-Ulm. Die dualen Studiengänge werden in Kooperation mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg angeboten. Vier Studierende starteten ihr Studium im Fach Wirtschaftsingenieurwesen, fünf weitere in den Fächern BWL-Industrie, BWL-Digital Business Management und Elektrotechnik/Fahrzeugelektronik.
Quelle: Daimler AG

Siemens und VDL gestalten Zukunftstechnologien für elektrisches Laden

Mit der wachsenden Zahl von elektrischen Fahrzeugen am Markt steigen die Anforderungen an eine robuste Ladeinfrastruktur. Um ein

effizientes und flexibles Laden von elektrischen Bussen

und Lastfahrzeugen zu ermöglichen, arbeiten

Siemens und der niederländische Bushersteller VDL Bus & Coach (VDL)

nun

gemeinsam an zukunftsweisenden Gesamtlösungen für Depots

. Im VDL Charging Test Center hat Siemens die neuste Generation von

Schnellladestationen in Kombination mit einem Batteriespeichersystem

installiert. Dabei handelt es sich um das Interoperabilitätstest- und Prüfzentrum von VDL in Valkenswaard in den Niederlanden. Eine spezielle Schaltmatrix erlaubt es, die Leistungen der Ladestationen flexibel zusammenzuschalten. Gesteuert wird der Aufbau über eine Energiemanagement-Applikation, die auf MindSphere läuft, dem cloudbasierten, offenen IoT-Betriebssystem von Siemens. VDL führt mit diesen Technologien Interoperabilitäts- und Funktionstests mit elektrischen Fahrzeugen wie Bussen und Lastkraftwagen durch.
Interoperabilität ist gegeben, wenn die Technologien verschiedener Hersteller – sowohl auf Fahrzeug- als auch auf Ladeinfrastrukturseite – miteinander agieren und Informationen austauschen können.
Quelle: Siemens AG

34 Stadler-Lokomotiven für TRA in Taiwan

Stadler

hat die Ausschreibung für die Lieferung von

34 dieselelektrischen Lokomotiven

an die

Taiwan Railways Administration (TRA) in Taiwan

gewonnen. Für Stadler ist es die erste größere Serie von Schienenfahrzeugen, die in den pazifischen Raum geliefert wird. Gebaut werden die Lokomotiven im Stadler-Werk in Valencia. Stadler wurde von TRA als bevorzugter Anbieter für die Lieferung von 34 dieselelektrischen Lokomotiven auserkoren. Die Ausschreibung ist Teil eines größeren Programms von TRA zur Flottenerneuerung. Der Auftragswert liegt bei rund 165 Millionen Euro. Die Lokomotiven sind für den

Personen- und Güterverkehr

auf der Schmalspur – 1067 Millimeter – in Taiwan vorgesehen.
Quelle: Stadler Rail Group